Pendlerpauschale:Abschaffung mit  Nebenwirkungen

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Leser verteidigen das Wegegeld: Viele Berufstätige führen nicht freiwillig lange Wege zum Job, sie könnten sich das Leben in Großstädten nicht leisten.

Zu " Weg mit der Pendlerpauschale" vom 9. September:

Das Einkommensteuerrecht geht grundsätzlich davon aus, dass Ausgaben, die zur Erzielung von Einkünften notwendig sind, bei deren Ermittlung abzuziehen sind. Nun hat der Staat eine Reihe von Ausgaben "typisiert", und das oft auf unverschämt niedrigem Niveau. So lässt er für die Fahrt

zur Arbeit mit dem Auto nur 0,15 Euro für den einfachen Kilometer zu - eigentlich ein Skandal. Kommentator Hulverscheidt sieht das anders, er kanzelt die Pendler ab. "Schließlich wird in Deutschland niemand gezwungen, jeden Tag 40 Kilometer mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Im Gegenteil: Jeder hat das Recht, selbst zu entscheiden, wo er oder sie wohnen möchte." Im Übrigen könnten die Pendler auf E-Autos umsteigen oder mit Bus oder Bahn fahren. Ich kenne hier im Raum Rosenheim viele Leute, die im Umland von München arbeiten. Bus oder Bahn scheiden aus, weil entweder zu viel Zeit verloren ginge oder die Verbindung nicht klappen würde. Ein neues, teures E-Auto könnten sich die wenigsten leisten. In der Nähe des Arbeitsplatzes würden sie auch keine erschwingliche Wohnung bekommen. Diese Leute sind gestraft genug.

Franz Tonn, Vogtareuth

Unbestritten tragen die klassischen Verbrenner erheblich zur steigenden CO₂-Belastung bei. Wer aber glaubt, mit einer Förderung des Kaufs von E-Autos dem beizukommen, verkennt die Situation. Die Fördergelder bekommen jene, die sich ein neues Autos leisten können, über genügend Einkommen und/oder Vermögen verfügen. Ein erheblicher Teil der Autobesitzer im Großraum München kann dies nicht, ist auf den Gebrauchtwagenmarkt angewiesen und/oder das Auto wird so lange gefahren, bis die TÜV-bedingten Kosten den Wert des Autos übersteigen.

Bei der vom Autor angeführten Wohnungsbauoffensive würde das steigende Angebot von einer höheren Nachfrage begleitet. Zweit- und Drittwohnungen würden weiter zunehmen, oder Investoren aus Russland und von der Arabischen Halbinsel würden sich noch stärker einkaufen - siehe Berlin, wo sie Wohnungen zum Teil zur eventuell späteren Eigenverwendung leer stehen lassen. Auf die Mieten würde sich das dann kaum senkend auswirken.

Eine Streichung der Pendlerpauschale würde dazu führen, dass jene, die sowieso knapp bei Kasse sind, Familien oder Menschen mit weniger gut dotierten Jobs, noch weniger hätten.

Detlev Eifler, München

© SZ vom 16.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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