Papst Leo XIV.Fromme Wünsche, historische Vergleiche

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Papst Leo XIV.: Der US-Amerikaner Robert Francis Prevost ist der erste Pontifex aus den Vereinigten Staaten.
Papst Leo XIV.: Der US-Amerikaner Robert Francis Prevost ist der erste Pontifex aus den Vereinigten Staaten. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Kardinal Prevost wird zu Papst Leo XIV.  An Seine Heiligkeit werden viele Hoffnungen und Forderungen gestellt. SZ-Leser ziehen auch Vergleiche mit früheren Päpste.

Kommentar „Die große Show, jetzt mit Leo“ vom 17./18. Mai, „Die Last ist mit dir“ vom 13. Mai, Stilkritik „Kanzelschwalbe“ und „Mann des Friedens, Mann der Mitte“ beide vom 10./11. Mai:

Kanzelschwalbe

Wer ist hier die Kanzelschwalbe? Das frage ich mich nach der Lektüre der gleichnamigen Stilkritik des von mir immer gerne gelesenen Martin Zips. Es geht bei der Kanzelschwalbe um ein ornithologisches Produkt längst verblichenen Klerikerhochmuts. Sie hatte übrigens im Zusammenhang mit dem Glückwunschschreiben des Bundespräsidenten zuvor schon andere Journalistenschreibtische angeflogen, bevor sie sich auf Zips' Keyboard niederließ. Es sei dahingestellt, ob ein (in der evangelischen Kirche aktives) Staatsoberhaupt dem Oberhaupt der katholischen Kirche seine Wünsche und Ermunterungen nicht auch in Form eines berühmten Zitats des ja weit über Theologenkreise hinaus geschätzten antiken Autoren Augustinus Ausdruck verleihen darf, auch wenn er damit Gefahr läuft, dass jener das Zitat nicht zum ersten Mal lesen wird.

Entschiedenen Widerspruch verdient jedoch Martin Zips' Begründung für seine vermeintliche Entdeckung einer Kanzelschwalbe im Schloss Bellevue. Anders als von ihm behauptet, hat Steinmeier als evangelischer und gerade auch reformierter Christ sehr viel „mit Augustinus am Hut“. Die (antipelagianische) Gnadenlehre des auch in der evangelischen Kirche anerkannten Kirchenlehrers hat die Theologie der Reformatoren und deren Kritik an der römischen Ablasspraxis ganz entscheidend geprägt. Es gibt keinen Kirchenlehrer, auf den sich zudem die lutherischen und reformierten Bekenntnisse häufiger beziehen als auf Augustinus. Vielleicht wird man auf der Suche nach „Kanzelschwalbenartigem“ doch eher in dieser Stilkritik als in Steinmeiers Schreiben fündig.

Hartmut Rudolph, Hannover

Sakristeiwanze

Kein übler Einfall: Wenn ein Politiker sich mit einem theologischen Bonmot an den neugewählten Papst wendet – wie eine Schwalbe um die Kanzel kreist, um möglichst viel Göttliches zu erhaschen. Ich benutze gern das französische Pendant „punaise de sacristie“ – Sakristeiwanze – in gefälliger Dienstbarkeit: Ein Daumendruck genügt, um einen Merkzettel sichtbar ans klerikerschwarze Brett zu heften. Man bleibt in Erinnerung. Ist aber der Untergrund zu hart, biegt und bricht der kleine Sporn. Das Angebotene und Angeheftete geht im Wind der Geschäfte verloren.

Andrerseits: Man stelle sich die kleine Reißzwecke auf dem ausgewählten Stuhl Spitze nach oben vor! Die Empfindung zwischen Schmerz, Zorn und heiliger Empörung bleibt lange haften. Der Kirchenvater Augustinus hat gemeint: Erwirb die Haltung der Liebe. Dann wird dein Handeln davon geprägt. Das ist ein gutes Wort an alle Kanzelschwalben dieser Welt.

Wolfgang Piechota, Theologe und Pfarrer i.R., Kreuznach

Leos Herabwürdigung

Einen derart giftigen Schmäh gegen die katholische Kirche und die Wahl ihres neuen Oberhaupts habe ich in der SZ noch nicht gelesen. Verdient der neue, ehrenhafte, hochgebildete und weltgewandte Mann eine solche Herabsetzung? Die Autorin lässt an der Kirche nahezu kein gutes Haar, aber noch immer sind die Hälfte der Deutschen und wahrscheinlich auch die Hälfte der SZ-Leser bekennende Christen. Ob katholisch oder wie ich selbst evangelisch, hoffen sie, dass Leo XIV. zum Frieden in der Welt beiträgt und wie sein Vorgänger für Achtsamkeit gegenüber Mensch und Umwelt eintritt. Ich kenne keine andere Organisation, die Kirche in der heutigen Welt in dieser Hinsicht ersetzen könnte.  Die unangemessen harsche Wortwahl der Autorin erinnert mich an einen ganz anderen Amerikaner.

Dietrich Jörn Weder, Frankfurt am Main

Das Böse wird nicht gewinnen

Der neue Papst Leo XIV. setzt auf die Kraft und Macht der Worte, die Weltführer daran zu erinnern, dass der Frieden ein Menschenrecht  ist und das Böse ein schlimmer Irrweg. Glaube, Hoffnung und Zuversicht zu schenken, das braucht die Menschheit dringend im 21. Jahrhundert - eine Aufgabe, die nach Erfüllung sucht.

Thomas Bartsch Hauschild, Hamburg

Wie einst Gregor der Große

Papst Leo XIV. bietet sich für ukrainisch-russische Friedensverhandlungen im Vatikan an. Donald Trump ist einverstanden. Das erinnert mich an den Heiligen Papst Gregor den Großen (590 bis 604), ein wahrer Friedensstifter, der sich entschieden dafür einsetzte, zu einem echten Frieden in Rom und Italien in intensiven Verhandlungen mit dem Langobardenkönig Agilulf (590 bis 615) von dem westgermanischen Stamm der Thüringer zu gelangen. Vielleicht hat ja Papst Leo XIV. ein so glückliches Händchen wie Papst Gregor der Große.

Roland Klose, Bad Fredeburg

Prevost et al.

Der Augustinermönch Bob Prevost ist noch nicht so berühmt wie der Augustinermönch Luther. Prevost könnte dann der berühmteste Augustinermönch werden, wenn er an eine bedeutsame Kirchentür im Vatikan einen Anschlag anbringt mit: „Auch geschiedene, wiederverheiratete Mütter dürfen Priesterinnen werden.“ Der Augustinermönch Bob Prevost erinnert auch an den viel schreibenden nordfranzösischen Dichter Abbé Prevost (Antoine-François Prévost d'Exiles, genannt Abbé Prevost; Anm. d. Red.), der als Priester einem Benediktinerkloster entflohen war und sich dann der Dirne Eckhardt zuwandte. Bob Prevost könnte auf Dauer erst dann berühmter als Abbé Prevost werden, wenn er mehr gedruckt wurde als Abbé Prevost.

Wolfgang Maucksch, Herrieden

Die Klerikalisierung der Frauen

Ja, das Diakonat der Frau ist nicht zwingend der nächste Schritt. Da hat der vormalige Bischof Francis Prevost recht. Wichtig ist, dass die Weltsynode im Abschlussdokument vom Oktober 2024 diese zentrale Frage offen lässt und die Beratungen dazu fortgeführt werden. Darauf können die römisch-katholischen Christen nunmehr vertrauen. Was aber zwingend geschehen muss, ist, die unselige Erzählung von der Erbsünde aus der Welt zu schaffen. Eva trägt seit nunmehr fast 2000 Jahren als Sünderin die alleinige Verantwortung für alles Leid der Menschheit seit der Vertreibung aus dem Paradies. Die Frau als Inbegriff des Bösen. Wie einfach, aber auch wie ungerecht.

Vor diesem Hintergrund hat die Idee der Gleichberechtigung der Geschlechter keine Chance auf Anerkennung in der Kirche und damit in weiten Teilen der Gesellschaft in aller Welt, zumal die Rolle der Frau auch in den anderen christlichen und nicht christlichen Welt-Religionen aus anderen Gründen nicht so bleiben kann, wie sie ist. Damit muss sich der Weltkirchenrat ebenfalls weiter um dieses Zukunftsthema kümmern.

Andreas Niedermeier, München

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