AUCH REDAKTEURE sind Leser, und als solche wenden sie sich manchmal an das Sprachlabor. Kollege S. etwa hätte in der Überschrift „Was nutzt dem Klima wirklich“ (siehe die Leserbriefe) lieber nützt gelesen, was insofern ja auch konsequent gewesen wäre, als es danach im Artikel hieß, dass Radfahren mehr dem Kreislauf nütze als dem Klima.
Dass die Frage nutzen oder nützen immer wieder gestellt wird, spricht für ein Sprachempfinden, das sich weigert, für solche Themen die Lösung gelten zu lassen, das sei doch gehupft – gehüpft? – wie gesprungen. So ehrenwert das sein mag, so wenig ergiebig ist freilich der Einsatz. Es gilt, und zwar wörterbuchübergreifend, die Regel, dass beide Formen gleichwertig sind. Allenfalls unterscheiden sie sich in der regionsbezogenen Verwendung: Nutzen wird eher dem norddeutschen Raum zugeschrieben, nützen dem süddeutschen.
Unter den alten Sprachgelehrten gab es Debatten darüber, in welcher der zwei Varianten die Transitivität beziehungsweise Intransitivität des Verbs korrekt abzubilden sei. Joachim Heinrich Campe zum Beispiel war der Ansicht, gute Schriftsteller wüssten das transitive nützen vom intransitiven nutzen schon lange gehörig zu unterscheiden. Bei Grimm wird das mit großer Gelassenheit dahingehend kommentiert, dass sich daraus keine strenge Regel gebildet habe: Wie eh und je werde das Wort „in beiden formen promiscue als transitivum und intansitivum gebraucht“.
An Belegen hat es in Grimms Deutschem Wörterbuch keinen Mangel. Für den transitiven Gebrauch hier zwei Zitate, beide charmanterweise von Schiller. Aus der Jungfrau von Orleans: „Das ist der Augenblick, mein Kind zu retten, / ich will ihn nutzen.“ Und aus Don Carlos: „Nützen / muss man den Augenblick, der einmal nur / sich bietet.“ Den intransitiven Gebrauch mögen diese zwei Stellen belegen. Erstens: „Wer dir, als Freund, nicht nützen kann, / kann allemal, als Feind, dir schaden“ (Gellert, Das Pferd und die Bremse). Zweitens: „Sage mir ein weiser Mann, / was das Mick-Mack heißen kann? / Solch zweideutig Achseltragen, / nutzen wird’s nicht noch behagen“ (Goethe, Zahme Xenien)