Zentrale Schaltstelle der Lokalredaktion:München und Bayern immer fest im Blick

Zentrale Schaltstelle der Lokalredaktion: Hier läuft alles zusammen: der regionale Newsdesk der SZ.

Hier läuft alles zusammen: der regionale Newsdesk der SZ.

(Foto: Stephan Rumpf)

Wie werden am regionalen Newsdesk die Themen aus dem Ressorts München, Bayern und Region koordiniert?

Von Isabel Bernstein

Von außen betrachtet sieht es einfach aus: Es passiert irgendwas irgendwo in München oder in Bayern, ein Redakteur fährt hin, und am nächsten Tag steht es in der Süddeutschen Zeitung. So weit, so klar? Nicht ganz. Die Süddeutsche Zeitung ist schon längst nicht mehr nur das gedruckte Produkt, sie hat vielmehr in den vergangenen Jahren viele neue Wege und Medien erschlossen, um die Leserinnen und Leser zu erreichen.

Wobei: "Die Leserinnen und Leser", da fängt es ja schon an. "Die Leserinnen und Leser" in der Form gibt es ja nicht. Es gibt verschiedene Altersstufen, Interessen, Lesegewohnheiten, die sich auch noch je nach Tageszeit unterscheiden können, und auch die Medien, über die die Süddeutsche Zeitung konsumiert wird, divergieren: Die einen Leser kaufen sich klassisch die gedruckte Printausgabe, die anderen informieren sich über die weiße App, wieder andere laden sich am Abend die digitale Ausgabe herunter oder scrollen durch ihre Timelines und lesen nur, was dort ansprechend für sie aufbereitet ist.

Um die Inhalte der Bayern-, München- und Landkreis-Redaktionen bestmöglich aufzubereiten und an die Leserschaft zu bringen, gibt es den regionalen Newsdesk im 16. Stock des SZ-Hochhauses in Berg am Laim. Dort fallen die Entscheidungen, die die Bereiche München, Bayern und die Landkreise digital, Print und online so erscheinen lassen, wie sie beim Leser, der Leserin ankommen. Welche Themen greifen wir in München auf, und wie groß präsentieren wir diese in den verschiedenen Kanälen? Passiert in Bayern etwas, worauf wir aktuell schnell reagieren müssen? Müssen wir neben der Redakteurin auch einen Fotografen losschicken? Oder sogar mehrere Redakteure auf das Thema ansetzen? Brauchen wir Videos für Online und Social? Gibt es eine Entwicklung in der Region um München herum, die auch jenseits der Landkreisgrenzen von Bedeutung ist und einer größeren Leserschaft präsentiert werden sollte?

Das sind die einen Fragen. Die anderen beschäftigen sich sehr stark damit, die Inhalte möglichst reibungslos und passgenau in die verschiedenen Kanäle hineinzubekommen. Dazu zählt nicht nur das Internet und etwa die Frage, ob die nächste Corona-Pressekonferenz von Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsminister Bernd Holetschek per Livestream übertragen und live getickert werden sollte, und ob wir im Anschluss einen schnellen Zusammenschrieb der PK brauchen (Antwort auf beides: Ja). Am Desk wird auch entschieden, ob und wann eine Nachricht eine Push-Mitteilung wert ist, die die Leser auf ihrem Smartphone erhalten, wie ein Thema für die sozialen Medien aufbereitet wird, über die sich vor allem junge Menschen informieren, und wie aus all den Nachrichten, die den ganzen Tag über einlaufen, am Schluss eine gedruckte und eine digitale Ausgabe entsteht. Manchmal hilft bei der Themensuche übrigens schon ein Blick aus dem Fenster: Die ein oder andere Rauchsäule über München wurde vom SZ-Turm aus entdeckt, bevor die Feuerwehr über einen Brand informierte.

Bei Kommunal- und Landtagswahlen fiebern alle auf den einen Moment hin

All das zu koordinieren erfordert viel Kommunikation - nicht nur mit den Autorinnen und Autoren, sondern oft auch innerhalb des Hauses: mit dem SZ-Plus-Team, das entscheidet, welche Geschichten online hinter der Bezahlschranke liegen, den SEO-Kolleginnen und -Kollegen, die sich unter anderem um die bestmögliche Auffindbarkeit der SZ-Inhalte auf Google kümmern, dem Layout, dem Visual Desk, der sich um Infografiken und die digitale Aufbereitung von Texten kümmert, und allen voran mit den Verantwortlichen am überregionalen Newsdesk, die ein wichtiges Thema gern mal "hochziehen", im dreifachen Wortsinn: vom Lokalen ins Überregionale, vom Ressortaufmacher auf die Homepage und vom 16. in den 22. Stock.

Manchmal passiert es, dass alle Ereignisse gleichzeitig auf den lokalen Desk einprasseln. Dann nämlich, wenn eine "Lage" ist, also irgendwas im München-, Bayern- und Region-Reich passiert ist. Die Zugunglücke bei Garmisch-Partenkirchen und Schäftlarn in diesem Jahr sowie in Bad Aibling 2016 oder die Nacht des Anschlags am Olympia-Einkaufszentrum in München 2016, um nur einige Beispiele zu nennen; es gibt aber auch planbare Lagen wie Kommunal- und Landtagswahlen, bei der alle auf die Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen hinfiebern und dann loslegen.

Was dann am lokalen Desk passiert, kann man gut als Parallelität der Ereignisse und Bedürfnisse bezeichnen: Telefone klingeln, Kollegen kommen zum Desk und wollen helfen, Microsoft-Teams-Nachrichten gehen ein, Mails werden geschrieben. Während die einen eine schnelle Meldung fürs Internet schreiben und die sich ständig ändernde Nachrichtenlage im Blick behalten, koordinieren die anderen die Laufwege der Fotografen und Autoren - wer fährt raus, wer bleibt in der Redaktion und telefoniert mit Behörden sowie wichtigen Ansprechpartnern, beobachtet die Agenturen und sozialen Medien? Wieder andere kümmern sich um die interne Kommunikation - der überregionale Newsdesk und natürlich auch die Chefredaktion wollen auf dem Laufenden gehalten werden - oder bauen die Printseiten um und achten darauf, dass wir die Andruckzeiten nicht reißen.

Zwei Quellen, vier Augen: Diese Prinzipien gelten fest

Bei all dem Bemühen um Schnelligkeit darf eines natürlich nicht leiden: die journalistische Sorgfalt. In Zeiten, in denen viele vermeintliche Fakten gestreut und Gerüchte via soziale Medien verbreitet werden, ist es wichtig, dass Leser sich darauf verlassen können, dass das, was die Süddeutsche Zeitung berichtet, auch zuverlässig recherchiert ist. Eine Nachricht wird deshalb erst veröffentlicht, wenn sie von zwei unabhängigen Quellen bestätigt ist - und wenn mindestens zwei Personen über den Text gelesen haben (das sogenannte Vier-Augen-Prinzip).

Und selbst dann bleibt der Zeitpunkt, der Nachrichtendreh und die Veröffentlichung selbst eine journalistische Entscheidung. Auch dafür ist der Newsdesk da: dass dort hinterfragt und diskutiert wird, dass die verschiedenen Interessen der unterschiedlichen Kanäle abgewogen werden, aber auch kreativ gearbeitet und jetzt schon an den nächsten Weiterdreh einer Geschichte gedacht wird. Eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, für die es Kolleginnen und Kollegen mit viel Erfahrung und gutem Fingerspitzengefühl braucht, die auch unter Druck den Überblick und die Ruhe behalten.

Seit das Ressort München, Bayern und Region im Jahr 2010 gegründet wurde, gibt es den regionalen Newsdesk. Im Lauf der vergangenen Jahre haben wir dort vieles ausprobiert, manches wieder verworfen, dafür neue Wege hin zu unseren Lesern erschlossen. Vom 16. Stock aus bestücken wir etwa das Münchner Fenster, das Fahrgastfernsehen im öffentlichen Nahverkehr, über das die Süddeutsche Zeitung Passagiere in Bus, Tram, U- und S-Bahnen über lokale Nachrichten informiert. Es gibt verschiedene Newsletter-Formate wie den "Mei Bayern"-Brief, der einmal pro Woche einen Überblick über die Landespolitik und andere Themen im Freistaat gibt. Oder den "München heute", der jeden Abend den Tag in der Landeshauptstadt zusammenfasst; oder Freizeit-Newsletter mit Tipps für Ausflüge rund um München oder Gastro-Tipps in München. Wir haben mit Facebook-Bots experimentiert und einem eigenen Gastro-Portal, uns über Twitter und Facebook die Welt der sozialen Medien erschlossen, neue Tools eingeführt, die uns anzeigen, welche Inhalte online wie stark gelesen werden und über welche Kanäle die Leser zu uns kommen - über die Homepage, über Insta oder doch über Google?

Eines haben die vergangenen Jahre deutlich gezeigt: Nichts ist so beständig wie der Wandel. Wie wir wohl in fünf, in zehn Jahren arbeiten? Das weiß natürlich keiner, aber eines ist sicher: Langweilig wird es nicht werden, weder was die Nachrichten angeht noch die generelle Weiterentwicklung des Journalismus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: