Motorrad fahren:Leiser, weniger und nicht überall

Der Lärmpegel von Bikergruppen, die übers Land fahren, erregt viele Gemüter. Eine Initiative des Bundesrats, beliebte Strecken wochenends für Motorräder zu sperren, kommt bei Lesern gut an. Manchen würden leisere Auspuffe genügen.

Motorrad fahren: SZ-Zeichnung: Karin Mihm

SZ-Zeichnung: Karin Mihm

Zu "Heimsuchung am Wochenende", "Brülltüten und Krach-Optionen" sowie "Klappe zu", alle vom 22./23. August:

Mehr Polizeikontrollen helfen

Offensichtlich verbinden die meisten Motorradfahrer wie auch Pkw-Fahrer eine Steigerung des Selbstwertgefühls mit einer Veränderung an ihren Fahrzeugen. Dazu gehört auch das unzulässige Montieren der Klappenauspuffe und andere "Verschönerungen". Zum Freiheitsgefühl vieler der sich manchmal doch bereits im fortgeschrittenen Alter befindlichen Biker gehört dabei auch die Missachtung von Geschwindigkeitsbegrenzungen, unnötigem Aufheulen von Motoren in Unterführungen sowie dem Durchschlängeln bei stehendem Verkehr.

Durch unseren Ort führt eine dieser viel geliebten Straßen, und ein Treffen an dem Rasthof mit 40 und mehr Motorrädern auf einen Schwung sind keine Seltenheit. Ich habe noch kein einziges Mal dort oder im Umkreis jemals eine entsprechende Polizeikontrollstelle gesehen, obwohl bekannt ist, dass dies ein Treffpunkt ist.

Sperrungen für stark frequentierte Orte und Pässe finde ich vollkommen richtig, ebenso sollten die Kontrollen und daraus resultierende Vergehen wesentlich härter bestraft werden.

Hermann Sonnleitner, Sauerlach

Unser Ego zurückfahren

Die zunehmende Belastung durch den Lärmsmog der Biker, in wachsendem Maße auch durch Pkw mit "soundgenerierenden" Auspuffanlagen, ist nur eines von zahlreichen negativen Symptomen unserer Zeit. Das Ausleben der eigenen Bedürfnisse steht im Mittelpunkt. Wir hinterfragen den Sinn unseres Handelns oft nicht. Das Einhalten planetarer Grenzen und die Verfolgung gemeinwohlorientierter Ziele funktionieren erschreckend schlecht. Unser "Ich" nimmt sich, was es will: laute Motorräder, große SUVs, billiges Fleisch, Reisen in alle Welt, etc. Konsumismus ist unser Vehikel auf der Suche nach Glück.

Befeuert wird dies auch durch ausgefeilte Marketingstrategien einer auf Wachstum gerichteten Wirtschaft und einer Politik, die nicht fähig oder nicht willens ist, Abhilfe zu schaffen. Nur in der Pandemie scheint sich so etwas wie der Glaube an Wissenschaft und Vernunft zu etablieren. Wir leben eine falsch verstandene Form des Liberalismus. Deren Vordenker haben nachweislich der Freiheit dort Grenzen gesetzt, wo die Freiheit von anderen bedroht ist.

Wer an Sonn- und Feiertagen seinen Garten fluchtartig verlassen muss, weil Hunderte Biker mit ihren Maschinen vorbeidonnern, der ist in der Freiheit, sein Eigentum zu nutzen, erheblich eingeschränkt. Einem offensichtlich erheblichen Teil der Biker, aber auch den verantwortlichen Politikern, deren Aufgabe es wäre, vernünftige Rahmenbedingungen für das Zusammenleben zu setzen, fehlt dafür leider das Verständnis.

Ursula und Michael Wintermayr, Rehling

Polemischer Mix der Aspekte

Ich bin gewiss kein Motor- oder Autofan, eher für Öffis und Pedelecs. Aber ich fahre gerne Motorrad. Natürlich wird in der Szene intensiv diskutiert, wie man die Belastung für Anlieger und Nicht-Motorradfreunde in Grenzen hält. Eine sehr negative Sache sind die Klappensysteme im Abgasstrang. Genau bei der vorgeschriebenen Messgeschwindigkeit zu schließen ist nicht besser als der Abgasskandal bei VW usw. Alles seit Jahren bekannt, und: Das sind Vorgaben der Politik, nicht der Motorradfahrer.

Die Autoren des Artikels schreiben an einigen Stellen meines Erachtens auch tendenziös: "Ihnen bieten sich schon bisher reichlich Möglichkeiten, ihre "Tüte" zu frisieren ... bis hin zum oft legalen Klappenauspuff..." Nachträglich kann man keinen Klappenauspuff montieren, das ist leider serienmäßig vorhanden. "Laute Raser schlüpfen durch Radarkontrollen ... und ihre Fahrer auf Fotos im Regelfall einen Helm tragen". Es gibt Raser und zu laute Motorradfahrer, selten auch beides zusammen, aber die pauschale Formulierung ist unsachlich. Zudem kommt kein Fahrer ohne Kennzeichenerkennung durch aktuelle (mobile oder stationäre) Radarkontrollen, da von hinten fotografiert wird. Nur bei alten stationären "Starenkästen" kann jemand so unerkannt bleiben. Und das Tragen von Helmen ist vorgeschrieben. Auch aus Sicherheitsgründen tragen inzwischen 99,99 Prozent aller Fahrer einen Helm. In dem Artikel wird vieles polemisch zusammengemixt. Ich empfinde ihn daher leider als vertane Chance.

Richard Schute, Köln

Nicht lauter als ein Rasierapparat

Leise Motorrad fahren geht, muss also das Ziel sein. Punkt. Fertig. Dass nur zehn Prozent der Maschinen zu laut seien, halte ich für einen Witz. Es gibt Maschinen, wohl gemerkt mit Verbrennungsmotor, die nicht lauter sind als ein Rasierapparat im Nebenzimmer. An solcher, technisch leicht machbarer Lärmqualität müssen sich Maschinen messen lassen.

Was ist zu tun? Die Motorradsteuer nach Grundlärm und Tempo-100-Lärm berechnen. Richtig teuer für die ganz Lauten heißt richtig schnell Ruhe für die Anwohnenden. Intensiv kontrollieren und empfindlich bestrafen! Die Pandemie hat gezeigt, wie einfach Politik sein kann, wenn es drauf ankommt. Es kommt hier drauf an.

Hanns Lohmann, Mainz

Testnormen anpassen

Das Problem des Motorradlärms hat ähnliche Ursachen wie der Skandal um die Dieselmotoren der Pkw. Eine gesetzliche Vorschrift legt Prüfbedingungen fest, unter denen zulässige Grenzwerte gemessen werden. Bei den Dieselmotoren waren das auf dem Prüfstand bei einem vorgegebenen Fahrprofil gemessene Abgaswerte. Bei dem zulässigen Motorradgeräusch wird in eine Messstrecke, an der sich Mikrofone befinden, mit 50 km/h eingefahren und die Messstrecke dann unter Beschleunigung durchfahren. In beiden Fällen enthalten die Vorschriften nicht expressis verbis die Bestimmung, dass das Abgassystem (Dieselmotoren) beziehungsweise das Auspuffsystem (Motorräder) im Praxisbetrieb nicht verändert werden darf, insbesondere nicht derart verändert werden darf, dass sich die Abgaswerte beziehungsweise das Außengeräusch erhöhen. Eine entsprechende Ergänzung der Vorschrift und eine zusätzliche Ergänzung, dass die Messstrecke unter Vollgas in einem Gang durchfahren werden muss, in dem der Motor am Ende der Messstrecke mit wenigstens zwei Dritteln seiner Höchstdrehzahl dreht, würde das Lärmproblem der Motorräder - und entsprechend auf Autos angewandt auch das der Autos - mit donnerartigen Geräuschen beim Beschleunigen oder Schalten vollständig lösen.

Leider scheint der Gesetzgeber unter dem Einfluss der einschlägigen Lobbyisten nicht willens zu sein, das Problem zum Schutz der Bevölkerung vor unnötigem Lärm zu lösen. Eine Durchsetzung einer entsprechend geänderten Vorschrift durch strafbelegtes Stillsetzen entsprechender Maschinen oder Autos direkt aus dem Verkehr heraus würde sehr rasch dazu führen, dass die Vorschrift eingehalten wird.

Dr. Heiko Barske, Seefeld

Regeln für Naturschutzgebiete

Fast täglich bin ich mit dem Fahrrad im Solling (Weserbergland) unterwegs. Ein großer Teil der noch stehenden Nadelbäume ist braun. Wo vor Kurzem noch dichter Wald war, sind neue Lichtungen entstanden. Durch den sterbenden Wald brausen jedes Wochenende neben vielen Autos unzählige Motorräder (Spritverbrauch 6-8 Liter pro 100 km für Vierzylinder).

Es sprechen mehrere Gründe dafür, diesem fragwürdigen Freizeitverhalten Grenzen zu setzen: die Lärmbelästigung für Mensch und Tier, der Umweltschaden und die Gefährdung im Straßenverkehr. Das Fahrverbot für Motorräder an Wochenenden und eine streng zu überwachende Geschwindigkeitsbegrenzung in Naturschutzgebieten sowie auf kurvenreichen Strecken könnten sinnvolle erste Schritte sein.

Ekhard Brandes, Dassel

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