Süddeutsche Zeitung

Mobilität:Mehr Platz in den Städten - aber wie?

Lesezeit: 4 min

Wie bekommen wir luftigere Städte mit weniger Gedränge, Gestank und mehr freien Flächen? Dazu bedarf es guter Konzepte, bloß Autos durch andere Gefährte wie Fahrräder und Roller zu ersetzen, helfe kaum weiter, meinen Leser.

Zu " Macht mal Platz!" vom 22./23. Juni:

Verkehrte Welt

Ein aufschlussreicher Artikel, über die - ironisch formuliert - grandiose Lobbyarbeit der Autoindustrie bis in unsere Köpfe hinein, sodass wir weiterhin empört aufschreien, wenn an irgendeiner Stelle das Autofahren teurer werden sollte, während wir zugleich die Kostenspirale im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) als unvermeidlich mehr oder minder klaglos hinnehmen. Umgekehrt empören wir uns dann über die Unzuverlässigkeit des ÖPNV, nehmen aber klaglos hin, wenn wir mal wieder im Stau stehen. Verkehrte Welt, weil viele immer noch daran glauben, dass nur der Autofahrer ein wirklich freier Bürger ist.

Wer hat nicht irgendwann in einer beliebigen Stadt auf einem Platz gestanden und sich gesagt: Was wäre das für ein schöner Platz, wenn die Autos nicht da wären. Ich hoffe, dass Ihre schöne Vorstellung in Erfüllung geht, dass wir mal erstaunt zurückblicken und sagen: Weißt du noch, dass hier mal überall die Autos rumstanden? Es ist schön zu sehen, dass die Jugend nun für eine solche Welt kämpft und uns älterer Generation die Leviten liest, weil wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben.

Werner Pohlmann, Köln

Es gibt viel zu gewinnen

Der Artikel ist eine gute Zusammenfassung des Radfahrer-Dilemmas in München und seiner Vororte. Ich hoffe, dass die darin beschriebenen Wahrheiten über die völlig ungerechtfertigte und auch unvernünftige Privilegierung der Autofahrer bei den Entscheidungsträgern der Stadt München etwas in Bewegung bringen. Auch wenn es für viele Autofahrer anfangs unbequem sein wird, langfristig können auch diese viel gewinnen: Zeit, Gesundheit, bessere Luft und nicht zuletzt Geld.

Quirin Heenemann, Ottobrunn

Wunschzettel der Radfahrer

Die groteske Bevorzugung des Kfz-Verkehrs lässt sich mit einem einfachen Gedankenspiel deutlich machen. Wir stellen uns einmal vor, dass der Autoverkehr in München die gleichen Bedingungen vorfindet, wie sie Radler jeden Tag erleben: Dann wäre an jeder Kreuzung die Gefahr groß, von rechts abbiegenden Lastwagen und Trambahnen erfasst zu werden, die ohne Vorwarnung aus der linken Spur kommen. Dann würden Lastwagen auf der Fahrspur parken, und Kfz müssten über den Gehweg ausweichen. Dann gäbe es auch auf Hauptstraßen oft nur eine Fahrspur und kaum die Möglichkeit, langsame Roller ohne Gefahr zu überholen. Dann gäbe es vor allem an Kreuzungen oft unübersichtliche Verschwenkungen oder Fahrbahnverengungen, gerne auch mit sehr engen Kurvenradien und Überschneidungen mit Gehwegen (im Motorsport nennt man das Schikane). Dann wären viele Ampelschaltungen ohne Gelbphase gefährlich, weil ohne Vorwarnung nicht gebremst werden kann. Dann wäre Linksabbiegen nur unter hoher Gefahr beim Kreuzen der Lkw- und Tram-Spur möglich. Dann müssten Autofahrer an manchen Kreuzungen aussteigen und einen Knopf drücken, um überhaupt eine Grünphase zu bekommen. Dann gäbe es kaum sichere Abstellanlagen. Und im Winter würde beim Räumen der Lkw- und Tramspuren oft der Schnee einfach auf die Kfz-Spur gekippt.

Andersherum und positiv ausgedrückt: Radfahrer wünschen sich sichere Kreuzungen und Verkehrsführungen überall, ausreichend breite, zum Überholen geeignete Radwege oder Radspuren ohne Schikanen, die auch im Dunkeln, bei Nässe und Schnee gut befahrbar sind, die grüne Welle und möglichst kreuzungsfreie Routen, eine effiziente Absicherung gegen Radwegparker, guten Fahrbahnbelag, sichere Abstellanlagen und Verkehrsführungen, die Radfahrer nicht zwangsweise in Konflikt mit Fußgängern bringen. Das ist doch eigentlich selbstverständlich, oder?

Jakob Ruster, München

Eine Steuer fürs Parken

Unsere Straßen in der Stadt und den umliegenden Gemeinden sind zum Fürchten vollgeparkt. Die Bauvorschriften verlangen zwar ein oder zwei Garagen pro Wohneinheit; die Autos stehen aber meist doch auf der Straße. Ich sehe nicht ein, dass diese Flächen, die mit unseren Steuergeldern erstellt wurden, unentgeltlich von Pkw, Lkw, Wohnmobilen und Wohnwägen zugestellt werden. Abhilfe würde hier eine Besteuerung des öffentlichen Parkraums schaffen. Meiner Ansicht nach ließe sich etwa mithilfe von GPS-Satelliten eine automatische Gebührenerhebung für Straßenrandparker ohne große Probleme einrichten. Das wäre eine echte Aufgabe für unseren Verkehrsminister. Eine andere Sache ärgert mich: Mit einem Liter Benzin kommt man etwa 20 km weit. Wenn ich dieselbe Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklege, zahle ich zirka fünf Euro. Gerechterweise müsste also ein Liter Benzin auch fünf Euro kosten. Eine derartige Benzinbesteuerung würde auch die meisten unserer Verkehrsprobleme lösen: Staus, Feinstaub, Stickoxide, CO₂ - weil das Verkehrsaufkommen nur übers Geld reduziert werden kann; Appelle helfen erfahrungsgemäß nichts. Mit den zusätzlichen Steuereinnahmen könnte man das öffentliche Verkehrsnetz ausbauen und kostengünstiger machen. Das muss ja nicht schlagartig erfolgen; aber sukzessiv wäre das meines Erachtens der beste Weg aus unserer Verkehrsmisere. Sigmund Manhart, Haar In seinem Beitrag kritisiert Autor Alex Rühle die Zahl der Kraftfahrzeuge und die für den Autoverkehr erforderliche Fläche in den Städten. Als Lösung des Verkehrsproblems schlägt er die massive Verteuerung des Autoverkehrs und des Parkens vor und die Förderung des Fahrradverkehrs. Als Beispiel stellt er die Stadt Kopenhagen vor, in der dank des Fahrradverkehrs und dem weitgehenden Ausschluss des Autoverkehrs paradiesische Zustände herrschen. Leider hat der Autor ein paar Unterschiede zwischen Kopenhagen und München übersehen, zum Beispiel, dass die Stadt München zirka dreimal so groß ist wie Kopenhagen mit einem entsprechenden Verkehrsaufkommen. Die Lösung der Verkehrsprobleme besteht wohl nicht darin, erneut die Autofahrer anzugreifen, sondern in einem attraktiven öffentlichen Personennahverkehr, von dem München weit entfernt ist. Zusätzliche Linien, Elektrobusse oder Brennstoffzellenbusse werden nicht eingesetzt. Hier könnte der Autor den Busverkehr in Amsterdam zitieren, der seit 2015 weitgehend elektrisch abgewickelt wird, mit einem sehr einfachen Tarifsystem. In Paris könnte man lernen, wie durch die Sperrung von Straßen in der Innenstadt diese wieder attraktiver gestaltet wird. Gleichzeitig wird das Metro- und das Expresszug-Netz (RER) ausgebaut, und es existiert ein funktionierendes System von E-Bikes. Es wäre schön, in Ihrer Zeitung einmal wieder einen Beitrag zu lesen, der objektiv die Möglichkeiten und Erfordernisse der Verkehrswende aufzeigt und nicht generell die Autofahrer angreift.

Stephan Rubbert, Motorenvorentwickler, Karlsfeld

Thema Arbeitsplätze beachten

Ein Artikel von Alex Rühle, der mir aus der Seele spricht - aber haben Sie das viel gebrauchte Argument "Verlust von Arbeitsplätzen" denn ganz vergessen? Das kommt mit Sicherheit und macht es schwer, uns andere Städte zum Vorbild zu nehmen.

Ute Köhler, Germering

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SZ vom 13.07.2019
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