Mobilität:Gemeinsam fahren lernen

Wie werden wir uns in den nächsten Jahrzehnten fortbewegen? Mit selbstfahrendem Auto und E-Motor? Alles schön und gut, meinen Leser. Aber man sollte auch seinen Anspruch auf ein eigenes Vehikel überdenken.

"So könnten wir leben", Samstagsessay vom 28./29. Oktober:

So faszinierend die digitalen Möglichkeiten für eine Transformation unserer Mobilität auch sein mögen: Allein durch Technik wird das Ziel eines emissionsfreien Verkehrs nicht zu erreichen sein. Das größte Stück Arbeit wird sein, bei 45 Millionen Autofahrern eine Verhaltensänderung zu erzeugen. Wenn wir nämlich unser bisheriges Mobilitätsverhalten beibehalten und nur auf die Nutzung elektrischer Energie umstellen wollten, wären dafür etwa 540 Terawattstunden zusätzlich erforderlich. Wie unrealistisch das ist, wird daran deutlich, dass wir mit dem massiven Ausbau der Offshore-Windkraftanlagen bisher erst etwa 16 Terawattstunden installieren konnten. Und auf dem Land wird es bei etwa 28 000 Windrädern auch langsam eng. Verhaltensänderung ist also dringend erforderlich, das heißt, die Fragen, welche Wege zu vermeiden sind, wie man Autos teilt und wie man eine Reduktionsökonomie etablieren kann, sind zu beantworten. Sonst fährt der Klimaschutz auch mit Elektromobilität buchstäblich gegen die Wand.

Dr. Christoph Dembowski, Rotenburg/Wümme

Stehende Statussymbole

Die urbane Verheißung, die Ulrich Schäfer in seinem Samstagsessay vor uns ausbreitet, lautet im Kern: Kein Stadtbewohner braucht sich in Zukunft noch den Kopf zu zerbrechen, wie oder ob er überhaupt unterwegs sein möchte, weil intelligente Systeme ihm die Wahl der jeweils schnellsten, bequemsten und umweltschonendsten Fortbewegungsart von ganz alleine abnehmen. Mag sein, dass sich auf diese Weise manches, was heute stockt, deutlich verflüssigen lässt. Aber früher oder später werden sich die politischen Grundsatzfragen doch stellen: Wollen wir möglichst große persönliche Mobilität oder ist uns urbane Aufenthaltsqualität wichtiger? Dürfen rollende bzw. stehende Statussymbole erhebliche Teile des öffentlichen Raums beanspruchen? Auch wenn die Intelligenz unserer Ingenieure grenzenlos ist, werden sich niemals zwei Dinge, geschweige denn Lebewesen, gleichzeitig am selben Ort befinden können.

Axel Lehmann, München

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