MinireportageWitzen im Sitzen

Lesezeit: 2 Min.

(Foto: Carolin König)

In Konstanz wurde die erste Humorbank aufgestellt. Hilft Sitzfleisch beim Lachen? Wir haben es ausprobiert.

Von Carolin König

„Ich war gerade bei meiner Bank.“ – „Und?“ – „Bis zur ersten Million sind es nur noch 1 000 589,16 Euro!“ Hihi. Ein Bankwitz also, noch dazu ein schwieriger, wie passend. Passend, weil ich hier in Konstanz auf einer Bank sitze. Und passend, weil das, was ich vorhabe, tatsächlich schwierig ist. Ich sitze auf einer fast normalen Parkbank, so nah am Bodenseeufer, dass meine Füße fast im Wasser baumeln. Fast normal ist diese Parkbank, weil die Latten bunt gestrichen sind, leuchtend gelb, orange, rot. Das fällt auf. Sechs kleine Messingtäfelchen sind angeschraubt, auch das fällt auf, mit na ja, so halb witzigen Anweisungen: „Erzähle einen Witz“, steht da oder „Frag jemanden, worüber er zuletzt gelacht hat.“ Klingt ein bisschen wie eine Ereigniskarte bei Monopoly. Gemeint ist: Humor auf Kommando. Los jetzt! Aufgestellt hat die Bank ein Team der lokalen Clownsakademie. Es ist die erste Humorbank Deutschlands – vielleicht sogar der Welt. Kann man im Sitzen besser lachen? Braucht es für Witze ein bisschen Weitblick? Ruhe? Mut? Sitznachbarn? Schafft gemeinsames Lachen sofortige Vertrautheit?

(Foto: Carolin König)

Humor habe ich, würde ich behaupten. Ich bin Meisterin darin, Affengeräusche zu imitieren. Und wenn mich meine Bürokollegen auf einen Zahnpastafleck auf meinem Pulli hinweisen, bin ich es, die darüber am lautesten lacht: „Moderne Kunst!“ Aber Witze erzählen? Das ist so eine Sache. Meistens fange ich an und dann … Aussetzer … Pointe weg … peinlich! Und jetzt auch noch einfach so, einer wildfremden Person? Wie soll ich die überhaupt ansprechen?

Ein Mann, Marke Griesgram, schlendert in Richtung Streifenbank. Meine Bank. Jetzt gilt’s. Ich: „Äh, hallo!“ Keine Reaktion. „Diesen Witz hier dürfen Sie auf keinen Fall verpassen!“ Der Mann bleibt stehen, hebt eine Augenbraue. Skeptisch? Was wird das hier? Hechtsprung oder Bauchplatscher? „Eine Frau schaut morgens aus dem Fenster und sieht in ihrem Garten einen Pinguin …“ Das Gesicht des Mannes hellt sich auf. Hab ich ihn? „Die Frau geht hinaus: Der Pinguin ist tatsächlich echt. Da sie nicht weiß, was sie tun soll, geht sie zur nächsten Polizeistation. ‚Am besten, Sie gehen mit ihm in den Zoo‘, rät man ihr dort. Die Frau bedankt si …“ Jetzt bloß nicht die Pointe versauen, denke ich. Der Mann schaut mich an, eine gute Mischung aus Geduld und Ungeduld im Gesicht. Aber das könnte kippen. „Am nächsten Tag ist der Polizist auf Streife, als er die Frau sieht – immer noch mit dem Pinguin.“ Wird der Witz zu lang?

Am Ende meines kleinen Nachmittagsexperiments, meiner Probesitzwitze, wird es dieser Ex-Griesgram sein, der mir am liebsten in Erinnerung ist. Nicht das Pärchen, das mich mit einem Was-soll-das-denn-Blick mustert und schnell weitergeht, nicht die Joggerin, die nur für einen Witzfetzen Zeit hat, nicht der Typ, der einen Bogen um die Bank macht, als stände sie in einer großen Pfütze. Vielleicht noch der Hund. Der bleibt kurz vor mir stehen, trottet dann vorbei und wählt die Nachbarbank, um dort genüsslich sein Bein zu heben. Der Herr, der dort sitzt, findet das gar nicht witzig. Ich schon. Nächstes Mal können wir vielleicht gemeinsam lachen?

Ach so, die Pointe: „‚Ich hatte Ihnen doch gestern gesagt‘, meint der Polizist, ‚Sie sollen mit dem Pinguin in den Zoo gehen?‘ Die Frau nickt. ‚Jaja‘, meint sie. ‚War ich ja auch. Und heute gehen wir ins Kino!‘“ Der Griesgram lacht, herzhaft. Ein Hechtsprung! Tut gut. Danke Humorbank. Gern bald wieder.

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