Streuen:Was hilft gegen Glatteis?

Lesezeit: 3 Min.

Rutschpartie: Gerade für ältere Menschen können vereiste Gehwege zur Gefahr werden. Da hilft nur streuen - aber womit? (Foto: Eero Vabamägi/Scanpix/imago images)

Streusalz schadet der Umwelt und ist in vielen Gemeinden auf privaten Grundstücken verboten. Aber auch nachhaltige Mittel können giftig sein.

Von Markus Peters

Wenn es im Winter auf dem Bürgersteig vor der eigenen Haustür verdächtig glitzert, ist die Versuchung groß: Könnte man nicht vielleicht doch heimlich zum Streusalz greifen? Während Autobahnen und Durchgangsstraßen vorwiegend mit Auftausalz eisfrei gehalten werden, ist der Einsatz auf privaten Grundstücken in vielen Städten und Gemeinden inzwischen untersagt. Ausnahmen gewähren manche Kommunen nur bei extremen Wetterereignissen wie Blitzeis oder für besonders exponierte Stellen wie Außentreppen oder steile Grundstücksabschnitte. Wer darüber hinaus zum Streusalz greift, dem droht ein Bußgeld.

Trotz der Einschränkungen werden in Deutschland jährlich im Schnitt 1,5 Millionen Tonnen Streusalz eingesetzt, je nach Dauer und Intensität des Winters. Streusalz besteht vorwiegend aus bergmännisch gewonnenem Steinsalz, dem eine Substanz gegen das Verklumpen beigefügt wird. Hauptabnehmer sind Kommunen, Kreise und der Bund für die Straßendienste. "Bei Glatteisbildung gibt es aus unserer Sicht keine Alternative zu Auftausalz", sagt Michael Wudonig von der K+S Gruppe aus Kassel, einem der führenden Anbieter von Streusalz. Bei korrekter Anwendung löse Auftausalz das Eis vollständig auf, ohne Rückstände auf Bürgersteigen, Wegen und Straßen.

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Darin liegt ein Teil des Problems, findet Janna Kuhlmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. "Streusalz belastet Böden und Gewässer, aber auch Pflanzenwurzeln und Tierpfoten." Dabei zeigt sich die schädliche Wirkung oft erst, wenn die Temperaturen wieder über dem Gefrierpunkt liegen. Denn mit dem Schmelzwasser versickert das Salz in den Boden und greift dort die Wurzeln von Pflanzen an, die so schlechter Wasser und Nährstoffe aufnehmen können. Dazu kommt: Durch gesalzene Straßen rosten Autos ebenso schneller wie Brücken und andere Bauwerke aus Eisen, Stahl oder Stahlbeton.

Was taugen Sand, Splitt und Granulat?

Allerdings ist es gar nicht so einfach, effiziente Alternativen zum Auftausalz zu finden. Das Umweltbundesamt rät zur Verwendung von Streumitteln wie Sand, Splitt oder Granulat, die es inzwischen in vielen Baumärkten gibt. Diese Produkte führen nicht zum Schmelzen des Eises oder Schnees, sondern erhöhen die Griffigkeit der vereisten Oberfläche, indem sie sich mit der Glätteschicht verzahnen.

Um diesen Effekt zu erzielen, muss aber mit hoher Dichte gestreut werden, das Bundesamt empfiehlt etwa 100 Gramm Streugut pro Quadratmeter des Grundstücks. Dabei sollten die Produkte gleichmäßig verteilt werden, auch auf Randbereiche von Straßen und Wegen. Hilfreich ist es auch, bei Schneefall möglichst frühzeitig zu Schippe und Besen zu greifen: Je länger man damit wartet, desto stärker kann sich der Schnee festsetzen, beste Voraussetzungen für gefährliche Eisplatten.

Auch wenn Sand und Splitt nicht so aggressiv wie Auftausalz wirken, ist ihre Öko-Bilanz ebenfalls nicht makellos: "Splitt und Granulat können giftige Substanzen wie Arsen, Blei oder Quecksilber enthalten", warnt Janna Kuhlmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz. Immerhin können diese Produkte nach der Frostperiode zusammengefegt und dann im nächsten Winter wiederverwendet werden. Das empfiehlt sich nicht nur aus Gründen der Nachhaltigkeit. Denn sonst werden Splitt und Granulat mit dem Regenwasser in die Kanalisation gespült und können diese verstopfen.

"Gebrauchtes Streugut gehört nicht in die Mülltonne, sondern sollte von der Stadtreinigung aufgekehrt und fachgerecht aufbereitet werden", sagt Kuhlmann. Sie rät bei erhöhter Glättegefahr zum Einsatz von Sand, Kies oder Sägespänen. Weitere Alternativen sind Streumittel mit dem Umweltzeichen "Der Blaue Engel", die weitgehend frei von umweltschädlichen Stoffen sind. Dabei handelt es sich häufig um Blähton, Bims oder Basalt. Allerdings sind viele dieser Produkte relativ teuer und im Fall von Blähton in der Herstellung auch ausgesprochen energieintensiv.

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"Bei Glatteisbildung besteht für Hausbesitzer sofortige Streupflicht."

Im Kampf gegen die Glätte im Winter gewinnen nachhaltige Lösungen immer mehr an Bedeutung. Bereits eingesetzt wird eine biologisch abbaubare Variante aus Maisspindeln, einem Abfallprodukt der Getreideernte. Zerkleinert, gesiebt und entstaubt soll seine Wirkung mineralischen Streugranulaten ähneln, die rutschige Flächen abstumpfen.

Das Material bleibt mit Wasser stabil und schont Tierpfoten und empfindliche Oberflächen. Zudem ist es biologisch abbaubar und kann über die Biotonne oder den Kompost entsorgt werden. Einige Regionen in den USA und Kanada setzen auf verdünnten Rübensirup im Winterdienst, der auch hochwirksam sein soll. Aufsehen erregte auch ein Pilotprojekt im Raum Dingolfing, bei dem Restprodukte einer Gewürzgurken-Produktion als Salzlake gegen Glatteisbildung auf die Straße kamen.

Unabhängig von den verschiedenen Streumitteln ist der Einsatz gegen Eis- und Schneeglätte zunächst mal schweißtreibende Arbeit. "Bei Glatteisbildung besteht für Hausbesitzer sofortige Streupflicht", sagt Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund. "Diese kann im Mietvertrag auf die Mieter übertragen werden." Je nach Witterungsverhältnissen muss im Laufe des Tages auch mehrmals gefegt und gestreut werden, wofür der Vermieter üblicherweise die notwendigen Arbeitsgeräte und Streumaterialen stellt. Winterdienst muss werktags in der Regel von sieben bis 20 Uhr gewährleistet werden sowie an Sonn- und Feiertagen ab acht Uhr, wobei der Bürgersteig, der Hauseingang sowie die Wege zu Mülltonnen und Garagen gefegt und gestreut werden müssen.

"Wenn der Winterdienst vom Hausmeister oder einem gewerblichen Räumungsdienst übernommen wird, fällt dies unter die umlagefähigen Betriebskosten, sofern dies im Mietvertrag festgehalten wurde", sagt Hartmann. Ein gewisses Maß an Sorgfalt ist dabei durchaus sinnvoll, rät die Expertin: "Stürzt ein Passant an einer unzureichend von Schnee und Eis geräumten Stelle, hat er unter Umständen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld."

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