Kriminalität:Innere Unsicherheit

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Auf einem Tisch liegen von der Polizei sichergestellte verbotene Stichwaffen. (Foto: Thomas Banneyer/dpa)

Die Sicherheitslage in Deutschland ist stabil. Trotzdem schätzten Menschen ihre eigene Gefährdung falsch ein, beschreibt der ehemalige Leiter von Europol in seinem Leserbrief.

„Angst und Vorurteil“ vom 12. November:

Ein Gefühl von Unsicherheit

Ich habe naturgemäß auch im Ruhestand immer noch großes Interesse an relevanten Themen zur inneren Sicherheit. Dieser Tage hielt ich noch einen Vortrag zum Spannungsverhältnis zwischen Sicherheitslage und Sicherheitsgefühl. Dabei wurde mir durch die Reaktionen des Publikums erneut verdeutlicht, wie wenig die durchschnittliche Bevölkerung – in diesem Fall sogar akademisch Gebildete der gehobenen Gesellschaftsschicht – tatsächlich über die Sicherheitslage wissen und wie falsch sie ihre eigene Gefährdung einschätzen. Die Diskrepanz zwischen Sicherheitslage und Sicherheitsgefühl wurde geradezu greifbar im Saal. Die Zuhörerschaft wollte mir nicht glauben, wie gut doch die Sicherheitslage in Deutschland, speziell im beschaulichen Süd-Baden ist, legt man objektive Kriterien an.

Zu diesen Fehleinschätzungen in der Bevölkerung tragen leider auch oftmals unzutreffende, teilweise tendenziöse Berichterstattungen durch und in öffentlich zugänglichen Medien (Presse, Rundfunk, TV, Social Media und so weiter) bei wie auch bewusste sowie unbewusste, oft parteipolitisch determinierte Falschdarstellungen und -einschätzungen durch die Politik. Manche InnenpolitikerInnen können an keinem Mikrofon vorbeilaufen, ohne irgendetwas hineinzusprechen, ungeachtet der unzureichenden Informationslage oder fehlender fachlicher Bewertungen.

Vor diesem Hintergrund hat mich Ihr Beitrag doch schon sehr beeindruckt. Ihre sach- wie fachkundige Berichterstattung zu einem wichtigen und die Menschen betroffen machenden Thema unterscheidet sich fundamental von allem anderen, was ich bislang dazu gelesen habe. Daneben hat mich der didaktische Aufbau Ihres Beitrages sowie Ihr ruhiger, in der Sache jedoch zutreffender Schreibstil sehr beeindruckt – all dies auf der Basis fundierter Recherchen zu „Facts and Figures“. Hätte sich die Bundesinnenministerin derart sachlich wie Sie mit dem Thema beschäftigt, wäre ihr jüngstes „Sicherheitspaket“ vielleicht zielgerichteter konzipiert worden. Ich darf Ihnen zu diesem Beitrag gratulieren und möchte Sie ermuntern, diesen Weg weiterzugehen.

Max-Peter Ratzel, Gundelfingen im Breisgauehemaliger Direktor von Europol

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