Massentierhaltung:Der Mensch, das Vieh und die Gier

Laut Bibel soll sich der Mensch die Erde untertan machen. Auf seinem Pfingstspaziergang nimmt Heribert Prantl SZ-Leserinnen und Leser mit und denkt über unser Verhältnis zu Tieren nach. Nicht alle folgen seiner Argumentation.

Tiertransport

Kälber werden mit einem Lkw durchs Land transportiert.

(Foto: dpa)

"Geschöpfe" vom 4. Juni:

Wir Mitgeschöpfe in der Pflicht

Vielen Dank, Herr Prantl, für die aufrüttelnden Worte und unbequemen Wahrheiten über unseren Umgang mit unseren tierischen Mitgeschöpfen, die das Los getroffen haben, als Nutztier in einem Massenhaltungsbetrieb geboren worden zu sein. Geboren, damit der Mensch ihren Körper qualvoll ausbeuten kann. Geboren, um Gewinngier zu stillen, nicht Hunger. Geboren, um das System eines kranken Überkonsums am Laufen zu halten. Abferkelungsboxen, betäubungsloses Kupieren von Schweineschwänzen, länderübergreifende Transporte zum billigsten Schlachthof und viele weitere unfassbare und unnötige Torturen sind derbe Verstöße gegen den im Grundgesetz verbrieften Tierschutz.

Aber warum lassen die Gesetzgebenden, warum lassen viel zu viele Bürgerinnen und Bürger das zu - mit einem mehr oder weniger schlechten Gewissen? Unterdessen geht das Leid weiter, wächst mit dem Wachstumsdruck weiter, Tag für Tag. Ich hoffe sehr, dass viele menschliche Mitgeschöpfe den Artikel als Impuls nehmen, sich aktiv für ein artgerechtes Miteinander einzusetzen. Wenn die Gesetzgebenden zu feige sind, sind wir Bürgerinnen und Bürger gefragt.

Bettina Schilling, Kronberg

Neubestimmung erforderlich

Der Autor benennt, was längst jedem Zeitgenossen klar sein dürfte: das gestörte Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Die Bibel sagt nicht: "Zertrampelt die Erde, quält Tiere." Plutarch war Vegetarier, das Schwein Gryllos (Odyssee) wollte seine Menschengestalt nicht zurück, weil es bemerkt hatte, wie gemein und grausam Menschen sein können. Genannt wird auch die Pfingst-Enzyklika 2015 von Papst Franziskus, der "einen despotischen Anthropozentrismus", der die Schöpfung zerstört, anprangert und kaum gehört wurde.

Richtig ist auch, dass das deutsche Tierschutzgesetz ungenügend ist: "Ohne vernünftigen Grund" (?) Qualen zuzufügen - was bedeutet das? Ganz wichtig finde ich den Hinweis auf die Spaltung der Menschen im Umgang mit der Tierwelt. Was soll der Begriff "Nutztier"? Nutzen für wen? Prof. Peter Singer, Tierethiker, argumentiert in seinem bahnbrechenden Werk "Animal Liberation" im Jahr 1975, dass Tiere den Menschen in Rechten und Interessen gleichrangig sind. Misshandlung von Tieren nennt er Speziesismus, vergleichbar mit Rassismus.

Warum seine Katze streicheln (ich liebe meine Katze auch) - und gegenüber dem Leid anderer Nutztiere gefühllos sein? Wie kann es Freude machen, Fleisch von gequälten Tieren zu essen? Es gibt so viel Information hierzu, zum Beispiel Jonathan Safran Foers Buch "Animal Eating", Hannes Jaenicke und viele weitere. Prantl hat es noch einmal deutlich gesagt, "es braucht gesetzgeberisches Handeln, eine fundamentale Neubestimmung des Verhältnisses von Mensch, Tier und Schöpfung."

Agnes Schwedt, Lenggries

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Es ist ja lobenswert, wenn Sie, Herr Prantl, in Ihrem Pfingstkommentar zur Humanität des Menschen gegenüber Mitlebewesen aufrufen. Es beweist Ihre grundsätzliche Einstellung, wenn Sie die angemahnte Pflicht zum humanen Umgang mit Mitlebewesen mit biblischen Fiktionen wie "Gott segnete sie" begründen. Was sagen Sie Leuten, die nicht an den altjüdischen Schöpfungsmythos glauben? Dass man die Pflicht zur humanen Behandlung von Mitlebewesen ethisch auch aus nicht-religiösen modernen Humanismuskonzepten herleiten kann?

Es ist nicht zu akzeptieren, wenn Sie, einerseits völlig angemessen, "Tierschutzgesetze (als) Gebote der Menschlichkeit" adeln, die zu ziehenden Konsequenzen aber andererseits zugunsten der Tierfleisch fressenden Menschen so zurechtbiegen, dass ihnen diese inhumane Verhaltensweise nicht grundsätzlich verweigert wird.

Aus Ihren Ausführungen schließe ich, dass auch Sie sich weiterhin gebratene und gesottene Rinder, Schweine und Lämmer gönnen, wenn Sie sich vorher haben versichern lassen, dass die "Produkte" aus "artgerecht" gehaltenen Tierzuchtbeständen stammen. Guten Appetit und schöne Grüße an Papst Franziskus, von dem mir nicht bekannt ist, ob er Vegetarier ist, und der als Papst die Christenheit in einer Enzyklika zum Verzicht auf das jährliche milliardenfache Abschlachten hoch entwickelter Säugetiere mit dem scheinheilig behaupteten Recht auf Leben aufgefordert hat.

Rudolf H. W. Kieseheuer, Senden (Westf.)

Kein Bezug zum Tier

Der Konflikt zwischen Mensch und Tier im Rahmen der Massentierhaltung wird umfassend beschrieben. Es ist meiner Meinung nach nicht die Massentierhaltung per se, es sind grundsätzlich der fehlende menschliche Bezug und die Geldgier, die zu diesem gefühllosen, abstoßenden Umgang mit den Tieren führen. Die schiere Masse an Tieren ist wohl eines der grundlegenden Probleme. Das einzelne Tier - zum Beispiel Kühe mit Namen im bäuerlichen Familienbetrieb, oder Hühner im kleinen Hühnerstall - erweckt wohl einen anderen gefühlsmäßigen Bezug als die vielen namenlosen Geschöpfe. Dieses fehlende Mitgefühl mit der Kreatur muss umso dringender durch stringente Vorschriften und effiziente Kontrolle ersetzt werden. Auch, wenn es etwas kostet. Da sind wir alle gefordert. Die geschilderten Missstände sind seit langer Zeit bekannt, aber wohl wegen starker Lobbyisten-Aktivitäten immer wieder nur unzureichend angegangen worden.

Dr. Peter Ochlich, Schönau

Christlich ist das nicht

Herzlichen Dank für den Pfingstspaziergang, wo der Hund begraben ist. Für mich ist es seit Jahren erschütternd, wie wir mit Tieren und der Natur umgehen. Wo ist unsere christlich-humanistische Gesellschaft? Die Union stellte in unserer Bundesrepublik die meisten Landwirtschaftsminister. Horst Seehofer (CSU) hat als Bundeslandwirtschaftsminister die Flächenbindung bei der Tierhaltung abgeschafft. Er ist der Begründer der Massentierhaltung und der Überdüngung unserer landwirtschaftlich genutzten Fläche durch Gülle. Christian Schmidt (CSU) stimmte gegen die Weisung von Frau Merkel der Einsatzverlängerung von Glyphosat in der EU zu. Die Enzyklika "Laudato si'" von Papst Franziskus kann ich nur jedem empfehlen.

Udo Peplow, München

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