Magdeburg:Einseitige Ermittlungen

Nach einem Brandanschlag auf eine syrische Familie forschte die Polizei nicht in der rechten Szene nach, obwohl es Anhaltspunkte gab. Leser reagierten empört. Einige wandten sich sogar mit Fragen direkt an die Ministerien in Sachsen-Anhalt.

Zu "Nichts zu sehen" vom 7. August:

Respekt vor Herrn Hussam Y.: Geradlinigkeit, Selbstbewusstsein und Konsequenz. Größtes Unbehagen und enorme Besorgnis ob des Verhaltens von Polizei und Staatsanwaltschaft in Magdeburg. Da kann von Blindheit auf dem rechten Auge wohl keine Rede mehr sein! Auch nicht von Befangenheit, wohl aber von Schikanieren des Opfers und Begünstigung der Täter. Ob der nach wie vor nicht vollständig aufgeklärten Fehlleistungen in der Frankfurter Polizei (am Main) kann man das auch nicht als ostdeutsches Phänomen sehen. Wie soll man unter solchen Skandalen sein Vertrauen in die Zuverlässigkeit unserer Polizeien in Bund und Ländern verteidigen?

Wolfgang Heinz, Bad Krozingen

Die gesamte beteiligte Exekutive hat, wie bei der NSU-Affäre, jämmerlich versagt. Es ist empörend, die immer wieder gleichen Verhaltensmuster zu beobachten. Wer durch bewusst einseitige Ermittlungen mögliche Straftäter aus der rechten Szene schützt, macht sich zu ihrem Komplizen und ermuntert zu weiteren Taten. Man kann nur hoffen, dass die Anwälte und die SZ einen langen Atem haben und dass derlei Verhalten Konsequenzen haben wird.

Hans-Joachim Prandhoff, Schriesheim

Die Vorgehensweise der Magdeburger Staatsanwaltschaft erinnert mich fatal an die so "erfolgreiche" Ermittlungsarbeit der Behörden bei den Morden des NSU. Warum sucht sie die Täter nur im innersten Umfeld der Opfer? Wie kann sie einen rechtsextremen Hintergrund ausschließen, wenn sie doch gar nicht in diese Richtung ermittelt hat? Befürchten die Ermittler, dass sie auf etwas stoßen könnten, was lieber im Verborgenen geblieben wäre?

Solche Ermittlungsmethoden sind bestens geeignet, den begründeten oder unbegründeten Verdacht, "der Staat" sei auf dem rechten Auge blind, zu nähren. Beim Oktoberfestattentat 1980 war es die Theorie des "Einzeltäters", die NSU-Morde waren "Clan-Streitigkeiten" oder "familiäre Feindschaften", bei denen einem Opfer sogar wider besseres Wissen Ehebruch angedichtet wurde. Und beim Fall 2019 in Magdeburg müssen es "natürlich" auch wieder Täter aus dem "Migrantenmilieu" gewesen sein, weil man es diesen doch am ehesten "zutraut"? Gibt es denn keinen leitenden Staatsanwalt, der diesem Treiben ein Ende setzt? Es kann ja theoretisch sein, dass, wie die Magdeburger behaupten, der oder die Täter nicht aus rechtsextremen Kreisen kommen. Aber wie soll das festgestellt werden, wenn nicht ermittelt wird?

Ich stelle mir gerade vor, was passiert wäre, wenn ein noch so kleines Detail auf eine Beteiligung eines Islamisten hingedeutet hätte. Ich kann den syrischen Mitbürger nur bewundern, der trotz dieser unsäglichen Behandlung immer noch Vertrauen in den deutschen Staat hat.

Thomas Spiewok, Hanau

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: