Süddeutsche Zeitung

Utopien:Lust auf Zukunft

Die alte Generation hatte Glück: Sie lebte in Frieden und Wohlstand. Jetzt sollte sie alles dafür tun, dass auch die Jungen trotz aller schlechten Nachrichten wieder positiv nach vorne blicken können, meint ein SZ-Leser.

"Mut zur Utopie" vom 2. Juli:

Ziemlich einmalige Zeit

Wenn man die Zeitungen aufschlägt, strahlen Überschriften und Leitartikel meist Hoffnungslosigkeit aus. Natürlich gibt es Grund zum Jammern; das Schlimme ist nur, dass es meist dabei bleibt und so die "Lust auf Zukunft" verloren geht, wie Joshua Beer schreibt. Krisen sind selten nur schlecht. Sie weisen auf ein tiefer liegendes Problem hin, das man angehen sollte - nicht nur oberflächlich, sondern grundsätzlich. Daran fehlt es leider sehr häufig.

Bertolt Brecht hat 1948 sehr treffend formuliert: "Weitermachen ist die Parole. Es wird verschoben und es wird verdrängt. Alles fürchtet das Einreißen, ohne das das Aufbauen aber unmöglich ist."

Dieser furchtbare Krieg in der Ukraine hat uns bewusst gemacht, wie stark Deutschland von anderen Ländern abhängig ist und dass es dringend notwendig ist, "die Energiewende" anzugehen und nicht nur zu hoffen, dass andere Länder unsere Versorgungslücke füllen. Es ist absehbar, dass auch diese Länder nicht endlos ihre Bodenschätze ausbeuten können. Wenn es den technisch hochentwickelten Ländern nicht gelingt, naturverträgliche Ersatzformen zu entwickeln, hat die Spezies Mensch aus meiner Sicht keine Zukunft.

Die "alte Generation" (so um die 80 Jahre) hatte in der Menschheitsgeschichte eine ziemlich einmalige Zeit: Frieden und in Europa Wohlstand und Wachstum. Junge Menschen werden diesen Luxus nicht haben. Wir Alten sollten alles dafür tun, dass sie dennoch "Lust auf die Zukunft" haben.

Dr. Olaf Hofmann, Pöcking

Mutige Entwürfe

Menschen, die sich mit Hilfe von Utopien sozial, ökologisch- ökonomisch und friedensbewegt bessere Zeiten vorstellen, wissen, wohin die Zukunft gehen soll. Wir brauchen Utopien, um die notwendige Energie für positive Veränderungen zu bekommen. Wir brauchen Hoffnungsträger und -trägerinnen, konstruktive Zukunftsplanung und wegweisende Veränderungsversuche, damit gute Beispiele Schule und Mut machen. Wir müssen uns freuen dürfen, über jeden Schritt zu mehr Mitmenschlichkeit, sozialer, ökologischer und ökonomischer Verantwortung.

Wir dürfen uns nicht anstecken lassen, von falscher Freude, die sich in Kriegen ausdrückt, und die durch Lügen mitreißen kann. Dazu brauchen wir Gegenentwürfe für zukünftiges Handeln. Wir können uns, an der Seite derer positionieren, die Opfer sind im Krieg gegen die Ukraine und anderswo. "Zukunftslust" ist in Joshua Beers Artikel das schönste Wort, das ich seit Langem gelesen habe, und es steht in einer Tageszeitung! Zukunftslust - trotz Krieg, Unterdrückung, Ausbeutung.

Die Klimakrise ist nicht die Spitze des Eisbergs, sie ist der Eisberg, auf dem alles stattfindet: Kriege und Ausbeutung von Natur und Mensch bis zum Untergang - oder so lange bis viele gute Utopien eine bessere, solidarischere Realität schaffen, für das Hier, das Jetzt und die Zukunft. Der Artikel macht für mehr Mut als nur für Utopien.

Karin Gilke-Kleffner, Edewecht

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SZ/cb/wüll
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