„Koalition sieht EU bei VW in der Pflicht“ vom 9. September (Politik), „Im Profil: Oliver Blume“ vom 5. September und „VW will Jobsicherung kündigen“ vom 3. September:
Dividenden statt Investitionen
VW hat seit 2020 insgesamt 27 Milliarden Euro an seine Aktionäre/Eigentümer ausgeschüttet, anstatt in technisch und preislich wettbewerbsfähige Autos zu investieren, die weltweit konkurrenzfähig sind. Warum soll der Bürger die Aktionäre/Eigentümer mit einem Industriestrompreis und einer Förderung für E-Autos subventionieren? Das Management und die Eigentümer sind in der Pflicht, niemand sonst. Schon gar nicht die VW-Belegschaft.
Matthias Patzak, Wolfratshausen
Die Leidtragenden waren es selbst
„Die Beschäftigten bei VW dürfen jetzt nicht die Leidtragenden der Krise sein…“ Kaum wird deutlich, dass VW – seit Jahren absehbar – die Elektromobilität verbockt hat und international nicht mehr wettbewerbsfähig ist, wird seitens der SPD wieder nach E-Mobilität-Prämien und günstigem Industriestrom gerufen. Dabei wird natürlich geflissentlich übersehen, dass die VW-Mitarbeiter seit Jahren mit überdurchschnittlicher Entlohnung und einer Vier-Tage-Woche (dank starker Gewerkschaften) selbst dafür gesorgt haben, dass man nun nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Mit noch so vielen Milliarden Steuergeldern wird man die notwendigen Werksschließungen nicht verhindern können.
Heiko J. Fabian, München
Läuft und läuft - schon lange nicht mehr
Die SZ-Berichterstatter haben die große Jammerei hervorragend dargestellt. Fakt ist jedoch, dass die deutsche Pkw-Industrie seit Jahren langweilig daherkommt. Der Käfer-Nachfolger Beetle war ein Flop. Der Audi-Slogan „Vorsprung durch Technik“ könnte lauten „Vorsprung durch Pfuschen“. Die Zeiten, da ein Ford Capri für positive Diskussionen sorgte, sind längst vorbei. Die Italiener zeigen mit der Neuauflage des Fiat 500, wie es geht. Wann gibt es wieder bei uns Designer, die Ecken und Kanten lieben? Das Geschwafel über E-Autos muss endlich aufhören, denn unter Berücksichtigung aller negativen Fakten gehören diese momentan verboten. Also: Bitte aufwachen, jammern hilft nicht weiter. Anpacken ist gefragt. Dann läuft es wieder. Meint der Diesel-Fan und Langstreckenfahrer.
Norbert Kemp, Regenstauf
Ran an die Managergehälter
Das Land Niedersachsen hat nicht nur ein Mitspracherecht, sondern eine Sperrminorität, das heißt in diesem Fall bei VW, dass Beschlüsse mit mehr als 80 Prozent, statt sonst mit 75 Prozent der Hauptversammlung zustande kommen müssen und bei einem Landesanteil von 20,2 Prozent somit immer blockiert werden können. Zum Thema Tabubruch fände ich es viel interessanter, wenn VW-Chef Oliver Blume mal an die Managergehälter oder die Ruhegehälter rangehen würde: Herr Winterkorn bekommt immer noch 3900 Euro pro Tag, oder nehmen wir die „Dienstreisen“, zum Beispiel aktuell nach Schweden. Zudem hat VW gerade 4,5 Milliarden Euro Dividende für 2023 ausgeschüttet - es scheint dem Konzern also wirklich sehr schlecht zu gehen.
Dass VW die Transformation zur E-Mobilität verschlafen, wenn nicht sogar bewusst verzögert hat, pfeifen die Spatzen von den Dächern, und man wundert sich, dass China, denen man das Wissen des Konzerns in jahrelanger Zusammenarbeit mit chinesischen „Partnern“ überlassen hat, nun am Überholen ist. Auch fehlt meines Erachtens die Offenheit für andere Sparten in der Produktion, wie Busse - ich meine echte und nicht diese Kleintransporter -, oder um Windkraftanlagen et cetera ins Portefeuille aufzunehmen. Da ist das geplante Verleihen oder Leasen von Fahrrädern nur ein Tropfen auf den heißen Stein, zumal VW ja auch noch seinen Flottenausstoß an Kohlendioxid verringern muss.
Werksschließungen sind meines Erachtens eine Bankrotterklärung des Vorstandes. Die Arbeitenden damit wieder mal in Haftung zu nehmen, nur damit die Rendite stimmt, ist skrupellos.
Michael Beck, Wolfenbüttel
Es sind keine Volkswagen mehr
Leider müssen die Beschäftigten die Absatzkrise ausbaden, da die Konzernleitung auf große, margenträchtige Fahrzeuge setzt, die der Normalverdiener nicht finanzieren will und kann. 2021 wollte ich ein günstiges E-Auto aus dem VW-Konzern bestellen: Kleinwagen bei Seat, eingestellt, Kleinwagen bei Škoda, eingestellt, Kleinwagen bei VW, eingestellt. Mein Kauf war dann ein europäisches E-Auto, das komplett in China gebaut wurde. Von dem neuen, kleinen E-Auto von VW wurden bisher nur geänderte Markteinführungen und erhöhte Preise bekannt. Der Newsletter der E-Mobilität hat mir heute einen neuen VW ID mit 240 kW Leistung präsentiert. Der Preis für dieses Fahrzeug ist kein Preis mehr für einen „Volkswagen“, sondern der eines margenträchtigen Produktes von VW.
Michael Kroneder, Pfarrkirchen
Ideologische Markteingriffe
Von der Konzernkrise bei VW kann man seit einigen Jahren regelmäßig hören. Milliarden müssen zusätzlich erwirtschaftet und gespart werden. Warum benennt man nicht den „rosa Elefanten“ im Raum? Das Unternehmen befindet sich nicht in einer Krise, weil es unfähig ist, auf dem Markt zu bestehen, sondern weil es von einer ideologisch motivierten Politik dazu getrieben wird, Autos entgegen den Wünschen der Kunden herzustellen. Wenn der Markt mehr E-Autos verlangen würde, wozu brauchte es dann Sanktionen, Subventionen und Verbote? Nein, der deutschen Automobil-Industrie wird von der herrschenden Politik die Grundlage entzogen, indem man ihr aus klimaideologischen Gründen das stärkste Produkt nimmt, nämlich das Verbrennerauto. Wenn E-Autos die Kundenbedürfnisse besser sicherstellen würden als der Verbrenner, dann würden sie die einfach ablösen, ganz ohne disruptive Markteingriffe.
Oliver Stumpf, Wolfsburg
Ruinöse kapitalistische Gier
Man reibt sich die Augen, wenn man die Krise bei Volkswagen betrachtet. Aus dem Artikel „VW will Jobsicherung kündigen“ lernen wir, dass VW eine Rendite von 6,5 Prozent anstrebt, zuletzt aber „nur“ 2,3 Prozent geschafft habe. Jedem, der kurz nachdenkt, muss einleuchten, dass eine Rendite von 2,3 Prozent vollkommen ausreichen würde, um das Geschäft auch in Zukunft zu sichern. Auch wären bei dieser Rendite unter „normalen“ Umständen weder Belegschaft noch Werke in Gefahr. Aber diese Rendite ist angeblich nicht „wettbewerbsfähig“. Hier schlägt die kapitalistische Krake in Gestalt der „Heuschrecken“ (vulgo: Investoren, Eigentümer) zu, die ihre Euros besser verzinst haben möchten. Diese Lektion steht den anderen deutschen Herstellern noch bevor. Es wäre allen dringend anzuraten, noch rasch bezahlbare E-Modelle zu entwickeln, um die letzten vielleicht zwei bis drei Jahrzehnte der deutschen Automobil-Industrie noch einigermaßen würdevoll zu gestalten.
Christian Casutt, Mainz
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