Mobilitätspolitik:„Fliegen von München? Vergiss es!“

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Verkehr in Deutschland läuft nicht immer glatt. Im Bild: Der Flughafen München, der jüngst durch Abfertigungs-Verzögerungen auffiel. Foto: Peter Kneffel/dpa (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Vernachlässigte Verkehrsinfrastruktur und ein fehlendes Mobilitätskonzept erschweren das Reisen. Aber womöglich auch Geiz-ist-geil-Mentalität, sagen Leserinnen und Leser.

„Airport-Chef bleibt Antworten schuldig“ vom 16. Oktober, „Dann halt übermorgen“ vom 9. Oktober und „Zwei-Kilometer-Warteschlange: Viele Passagiere passen ihre Flüge“ vom 5. Oktober

Fehlende Entscheidungen

Das von Gerhard Matzig beschriebene Horrorszenario ist Realität. Leider. Es ist die Folge einer kurzsichtigen, verantwortungslosen Mobilitätspolitik. Die Bundesverkehrsminister vergangener Legislaturperioden haben hingenommen, dass Mittel, die für Investitionen in Unterhalt und Entwicklung der Infrastruktur dringend notwendig gewesen wären, für konsumtive Wohltaten der Sozialminister verwendet worden sind. Sie sind auch die Folge einer orientierungslos von Einzelfall zu Einzelfall stolpernden Mobilitätspolitik, die eigentlich ein gesamtheitliches, fachliches Mobilitätskonzept als unverzichtbaren Rahmen für ihr Handeln benötigt hätte. Das hat die Bundesregierung nicht.

Das Mobilitätskonzept müsste die zur Erfüllung des Gesamtzieles zukunftsfähige, leistungsfähige, umweltentlastende Infrastruktur beschreiben sowohl zur Wiederherstellung der einstmals intakten Substanz, als auch für die Weiterentwicklung einer zukünftigen Anforderungen gewachsenen Infrastruktur.

Die Mobilitätspolitik muss endlich alle Mobilitätssysteme als eine zusammenhängende, aufeinander abgestimmte, untereinander verknüpfte Gesamtheit begreifen. Längst hätte die Bundesregierung entscheiden müssen, wie der Güterverkehr auf der Straße und auf der Schiene einander ergänzen: der Langstrecken-Güterverkehr mit der Bahn auf die Schiene, der Kurzstrecken-Güterverteilverkehr mit dem Lkw auf die Straße. Längst hatte sie entscheiden müssen, wie der auf demselben Schienennetz logistisch kaum kompatible Güter- und Personenverkehr entflochten werden sollen. Längst hätte Sie entscheiden müssen, wie die Kapazitäten auf der Schiene erweitert werden sollen zur Aufnahme des von der Straße auf die Schiene zu verlagernden Verkehrs. Doch dafür müssen die Mobilitätspolitiker weit über den Tellerrand einer Legislaturperiode hinausschauen. Das ist nicht gerade die Stärke von Politikern.

Hans Lafrenz, Hamburg

Handgepäck-Mentalität

Im Juni flog ich nach vielen Jahren mal wieder ab MUC. Trotz Business-Class-Flug war ich sehr zeitig beim Einchecken und ging umgehend zur Sicherheitskontrolle, weil ich ja nicht wissen konnte, mit welchem Andrang zu rechnen ist. Es hat auch alles geklappt. Dass ich am Endziel mit sieben Stunden Verspätung ankam, hatte andere Gründe als MUC-spezifische Abläufe.

Zu den kritischen Äußerungen im Beitrag sowie im Kommentar dazu kann ich nur verärgert den Kopf schütteln - wegen der Unüberlegtheit sowie Billig-Billig-Mentalität vieler Passagiere. Eine Gruppe dieser Zeitung reist mit Handgepäck, kommt zwei Stunden vor Abflug zum Flughafen (nach genereller Einschätzung ein absolutes Minimum auch bei Carry-on-Luggage only), und wundert und ärgert sich über endlos lange Schlangen. Wie bitte? Haben die Personen aus dem Raum München nicht gewusst, dass Oktoberfest war, sowie ein Brückentagwochenende?

Das allenthalben beliebte Reisen mit Handgepäck im „Geiz ist geil“-Billigtarif lässt zudem die im Kommentar geforderten Investitionen in bessere Abläufe am Flughafen gar nicht zu. Niemand außer dem Buchenden soll etwas verdienen dürfen, schon gar nicht die ach so wohlhabenden Fluggesellschaften und Flughäfen. Dennoch wird am Flughafen die bestmögliche Infrastruktur erwartet. Das passt nicht zusammen.

Irmgard Fränkel-Schmitter, Ravensburg

Dreistündige Warteschlange

Danke, dass die SZ den chaotischen Zuständen am Airport München Platz zu einer Erörterung der Zustände einräumt. Ich bin am 19. August, einem Montag, nach London mit einer Lufthansa-Maschine um 11:50 Uhr mittags geflogen. Um nicht zu spät zu kommen, war ich mit meinem Partner um 9 Uhr am Flughafen. Wir waren bereits eingecheckt und gaben nur noch das Gepäck auf. Das funktionierte noch. Danach mussten wir uns in eine Warteschleife zur Sicherheitskontrolle in den ersten Stock begeben, die sich dann über eine Rolltreppe als Warteschlange wieder hinunter ins Parterre bewegte. Das heißt, man hat uns absichtlich in den ersten Stock geschickt, um genug Platz für die Länge, der zu erwartenden Schlange zu schaffen.

Wir brauchten drei Stunden bis zum Gate. Ankunft am Gate um 11.55 Uhr nur deswegen, weil wir uns zweimal vorgedrängelt hatten unter verständlichem Protest anderer Wartender. Der Flug war auf 12:15 Uhr verschoben worden. Nur deswegen konnten wir glücklicherweise noch mitfliegen und mindestens 20 weitere Passagiere auch. Es war kein einziger Flughafenangestellter während der dreistündigen Wartezeit zu sehen, den man um Rat hätte bitten können. Im Internet stand eine Wartezeit von einer halben Stunde vor der Kontrolle. In London wurden zur selben Zeit auch neue Sicherheitskontrollsysteme installiert ohne zusätzliche Wartezeit für die Reisenden und angemessener personeller Unterstützung für die Reisenden. Fazit: Fliegen von München: Vergiss es!

Ulrike Jendis, München

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