Autofreie Tage:Energiesparbüchse auf vier Rädern

Autofreie Tage: SZ-Zeichnung: Denis Metz

SZ-Zeichnung: Denis Metz

Der Vorschlag von Audi-Chef Markus Duesmann stößt auf geteiltes Echo. Vielen missfällt die Idee aus den 1970er-Jahren, andere sind begeistert.

"Audi-Chef befürwortet autofreie Tage" vom 26. Oktober, "Manche brauchen eine Belehrung" und "Autofreie Tage" vom 28. Oktober:

Merkwürdige Ideen

Mit ziemlichem Befremden habe ich in der SZ gelesen, dass Audi-Chef Markus Duesmann autofreie Tage und ein Tempolimit auf Autobahnen befürwortet. Will er keine Autos mehr verkaufen? Wie wäre es, wenn er dafür plädierte, dass uralte Autos mit 20 und mehr Jahren auf dem Buckel, stinkende Zweitakter und Fahrzeuge mit H-Kennzeichen (Oldtimer) von der Straße verschwinden? Damit wäre sowohl dem Umweltschutz als auch dem Energieverbrauch mehr gedient als mit seinen für einen Auto-Boss reichlich merkwürdigen Ideen. Vielleicht sollte er sich einen anderen Job suchen. Wenn nicht, dann war das mein letzter Audi (ich warte auf meinen S 3).

Uwe Gillert, Bonn

Ernst der Lage erkannt

Vorsprung durch Intelligenz könnte man in Abwandlung des Werbeslogans von Audi den Beitrag des Chefs, Markus Duesmann, zu autofreien Sonntagen und einem Tempolimit überschreiben. Duesmann hat im Gegensatz zum Verkehrsminister den Ernst der Lage erkannt. Dabei ist das Tempolimit im von Bürokratie geplagten Deutschland das wirkungsvollste Mittel, denn dabei muss es keine Ausnahmen geben. Bei einem Sonntagsfahrverbot bedarf es Regelungen für alle Schichtarbeiter et cetera, wie die vier Sonntagsfahrverbote im Herbst 1973 gezeigt haben.

Karl-Heinz Zenker, Hallbergmoos

Wirkungsloser Aktionismus

Es erstaunt, dass die SZ die Befürwortung autofreier Tage auf ihrer Titelseite platziert und kommentarlos verbreitet. Wenn Markus Duesmann tatsächlich am dringend notwendigen Umdenken interessiert wäre, würde er nicht einen kurzfristigen, wirkungslosen und insgesamt mehr Schaden als Nutzen bringenden Aktionismus befürworten, sondern von der Politik langfristig wirksame, überlegte Maßnahmen fordern. Dazu gehören insbesondere Rahmenbedingungen, die den Wohlhabenden nicht mehr erlauben, aufgrund ihres Reichtums die Ressourcen der Erde überproportional zu verbrauchen und die Schadstofftragfähigkeit überproportional zu belasten. Bezogen auf das Tätigkeitsgebiet von Duesmann sind das etwa zeitlich strenger werdende Verbrauchs- und Emissionslimitierungen, deren Wirksamkeit nicht durch unsinnige Bestimmungen geschwächt wird, wie die Bewertung von batterieelektrischen Autos mit Nullemissionen oder die wirklichkeitsfremde Einstufung des Verbrauchs von Hybridfahrzeugen.

Auch für batterieelektrische Autos sind dringend Gewichts- und Leistungslimitierungen erforderlich, denn die Energie wird auch knapp und teuer sein, wenn sie vorwiegend aus Photovoltaik, Windkraft und Biomasse hergestellt wird. Markus Duesmann beziehungsweise Audi wird unter solchen Rahmenbedingungen Geld nicht mehr in erster Linie mit dinosaurierartigen SUVs mit Batteriegewichten von über einer halben Tonne, einem Leergewicht von zweieinhalb Tonnen, Antriebsleistungen von über 500 PS und vom Stromnetz zu erbringenden Ladeleistungen von mehreren hundert Kilowatt verdienen können. Eine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung würde dabei helfen, den Traum von grenzenloser Freiheit, den immer noch viele träumen, etwas zu erden.

Dr. Heiko Barske, Seefeld

Die Zeit ist reif

Markus Duesmann hat recht, Max Hägler auch. Und die Mehrheit der Bundesbürger, die für ein Tempolimit wären. Es ist wie mit dem Rauchverbot in Kneipen: Irgendwann ist die Zeit reif, und dann ist eine staatliche Zwangsmaßnahme nichts anderes als die Umsetzung des Mehrheitswillens. Tempolimit - ist das nicht Symbolpolitik? Ja, ist es. Aber Politik besteht zur Hälfte aus richtig gesetzten Symbolen. Sie verstärken die vorherrschende Stimmung und führen zu Veränderungen.

Axel Lehmann, München

Lieber effizienter fahren

Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe postuliert Kraftstoffeinsparungen durch Tempo 30 in geschlossenen Ortschaften. Auf Basis welcher Fakten? Mein Pkw fährt dieses Tempo im dritten Gang, den vierten Gang einzulegen, ist bei dieser Geschwindigkeit nicht möglich. Tempo 50 zu fahren, ist im fünften Gang möglich. Die Motordrehzahl ist dabei vergleichbar. Logischer Weise setze ich damit die in etwa gleiche Kraftstoffmenge in eine längere Fahrstrecke um. Welche Fakten sprechen gegen diese Schlussfolgerung?

Josef Feuerstein, Markt Schwaben

Außenseiterrolle aufgeben

Der Audi-Chef sieht in einem Tempolimit nur ein "hilfreiches Symbol". Laut Umweltbundesamt würden bei einem Limit von Tempo 120 auf deutschen Autobahnen jährlich 2,6 Millionen weniger CO₂-Äquivalente ausgestoßen. Da Deutschland das letzte relevante Land ohne generelles zeitlich unbegrenztes Tempolimit ist, wären die globalen klimawirksamen Einsparungen jedoch um mindestens den Faktor 100 größer.

Kein großer Fahrzeughersteller (mit Ausnahme von Volvo) kann es sich bislang leisten, bei Premiummodellen auf der deutschen Autobahn zu versagen. Deutschland setzt hier internationale Standards. Fahrwerk, Getriebe, Motorisierung, Bremsscheiben, Reifen, sowie die Geräuschdämmung sind für Geschwindigkeiten um die 200 Stundenkilometer ausgelegt. Die sicherheitstechnisch relevante kinetische Energie ist dagegen nur halb so groß, wenn ein Auto für eine Höchstgeschwindigkeit von 140 Stundenkilometer konstruiert wird. Von der Übermotorisierung ganz zu schweigen.

Bisher fahren selbst in Ländern mit Tempolimits Autos, die für weit höhere Geschwindigkeiten gebaut wurden. Sie tragen somit stets einen unnützen schwergewichtigen "ökologischen Rucksack". Ganze Modellplattformen, insbesondere Elektrofahrzeuge, können viel effizienter und leichtgewichtiger konstruiert werden. Solch ein globales Downsizing würde mittelfristig nicht nur die Schadstoffemissionen beträchtlich reduzieren, sondern zudem wertvolle Rohstoffe und Energien sparen. Deutschland muss endlich seine Außenseiterrolle aufgeben und dem globalen Klima- und Ressourcenschutz einen wertvollen Dienst erweisen.

Dr. Walter Ulbrich, Puchheim

Nicht durchsetzbar

"Autofreie Tage" - guter Vorschlag des Audi Chefs, "damit die Energie - auch Benzin, Diesel und Strom - reicht und halbwegs bezahlbar bleibt" (SZ). Wie sähe die Wirklichkeit aus, wenn die Politik dem Vorschlag folgte? Wenn ich die Aggressivität betrachte, die Lkw-Fahrer auf Autobahnen im Überholverbot die linke Spur blockieren lässt, die Autofahrer betrachte, die Halteverbote und Tempobeschränkungen missachten, oder über die "Ausraster" lese, die bei Führerscheinkontrollen immer häufiger werden, und mir vergegenwärtige, wie hilflos die Polizei agieren muss, dann glaube ich nicht, dass autofreie Tage jene belehren würden, die ihre individuellen Bedürfnisse über die Bedürfnisse der Allgemeinheit stellen. Da müsste man schon mit drakonischen Strafen drohen, wie Führerscheinentzug, Parkkrallen oder Fahrzeuge beschlagnahmen - nicht nur Personalien feststellen.

Es könnte sein, dass die vielgescholtene FDP sich gegen generelle Tempolimits ausspricht, weil sie weiß, dass der Staat gar nicht in der Lage ist, für die Einhaltung der Gesetze, die individuelle Freiheit im Verkehr stark einschränken, zu sorgen. Natürlich wäre es den Versuch wert, denn man gewöhnt sich an alles. Mir scheint aber ein weiteres Auseinanderdriften der Gesellschaft wahrscheinlicher als eine erfolgreiche Belehrung.

Gabi Baderschneider, Sinzing

Prekäre Situation

Wie bescheuert muss man sein: Da wehren sich Bundesverkehrsminister wie Andreas Scheuer (CSU) und jetzt Volker Wissing (FDP) unisono mit der Autolobbypartei FDP mit Händen und Füßen dagegen, durch ein Tempolimit täglich zehn Millionen Liter Sprit pro Tag einzusparen. Und wenn es bloß fünf Millionen Liter pro Tag wären: In dieser prekären Energie- und Umweltsituation wird es Zeit, sämtliche Energiesparmaßnahmen unverzüglich umzusetzen.

Wolfgang Maluska, Wolfratshausen

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