Ukraine-Krieg:Der Krieg soll enden, aber wie?

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Auch nach dem Eklat im Oval Office ist Wolodimir Selenskij noch bereit für einen Rohstoff-Deal. (Foto: Evgeniy Maloletka/dpa)

Donald Trump will mit einem „Deal“ den Ukraine-Krieg beenden. Beim Gespräch mit Wolodimir Selenskij im Weißen Haus kommt es zum Eklat. SZ-Leser und -Leserinnen sind empört.

„Der Zerstörer“ vom 2. März, „Ein verzweifeltes Angebot“ vom 25. Februar, „Man muss auf Putin zugehen“ vom 14. Februar:

Inszenierte Demütigung

Was sich am 28. Februar im Oval Office des Weißen Hauses abgespielt hat, ist eine inszenierte, beispiellose Demütigung eines Staatsoberhauptes durch Donald Trump. Dieser will die Ukraine zu einem Frieden zwingen, der eine bedingungslose Kapitulation vor Putin bedeuten würde. Trump und Putin sind im Begriff, einen Hitler-Stalin-Pakt 2.0 zu schmieden, getarnt durch Friedensgesäusel und einen Rohstoffdeal, der reine Erpressung durch die USA ist. Ich bewundere Selenskij, der Trump widerstanden hat, Ja zu sagen zu einem Scheinfrieden ohne westliche Sicherheitsgarantien. Das Trump-Regime hat sich aus der Wertegemeinschaft des Westens verabschiedet. Die Ukraine braucht jetzt dringend Unterstützung durch die freie Welt!

Ulrich Obrist, Muttenz

Sicherheitsgarantien

Der Eklat war da, als der Präsident der Ukraine Wolodimir Selenskij Sicherheitsgarantien der USA für einen Frieden in der Ukraine verlangte. Damit war ein ganz wunder Punkt angesprochen, von dem Donald Trump nichts hören wollte. Im Budapester Memorandum vom Dezember 1994 waren der Ukraine nach ihrem Verzicht auf ihre Atomwaffen schon einmal Sicherheitsgarantien der USA, Großbritanniens und Russlands versprochen worden, die Putin mit der Annexion der Krim 2014 und seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine 2022 entwertete und vom Tisch wischte.

Dr. Hans Christian Hummel, Hannover

Keine Gretchenfrage

US-Präsident Trump möchte den Ukraine-Krieg beenden, mit Russland und China über nukleare Abrüstung sprechen und gemeinsam das Militärbudget halbieren. Warum macht Europa dabei nicht konstruktiv mit, sondern will im Ukraine-Krieg einen Schrecken ohne Ende allein auf dem Schlachtfeld fortsetzen, und sich in einen Rüstungswettlauf und in einen neuen kalten oder heißen Krieg hineinsteigern?

In wirtschaftlich desolater Lage, wo Deutschland nicht dem demografischen Wandel mit genug Arbeitsmigration und bezahlbarer Pflege hinterherkommt – wie sollen wir da einen „jährlichen Finanzbedarf von über 165 Milliarden Euro“ nationaler Verteidigungskosten, plus europäischer, plus Wiederaufbau der Ukraine schaffen? Nein, Europa steht nicht vor der „Gretchenfrage“, wie wir uns bei einem irrwitzigen europäischen Rüstungswettlauf überbieten und verschulden können, sondern wie wir „Sicherheit“ und „Demokratie“ vernünftig definieren.

Die Vereinten Nationen (Uno) vertreten demokratisch die Interessen aller Länder. Für Generalsekretär António Guterres gilt deswegen: Die größte Bedrohung für unsere Sicherheit, Freiheit und Wohlstand ist der Klimawandel. Der wird durch CO₂-intensives Wettrüsten, Krieg, Zerstörung und Wiederaufbau beschleunigt. Europa hat zwei Weltkriege auf dem Gewissen – und die seit Beginn der industriellen Revolution insgesamt höchsten CO₂-Emissionen, unter denen die Länder am meisten leiden, die am wenigsten dazu beigetragen haben. Warum gibt Europa Hunderte Milliarden Euro für Aufrüstung und ukrainische Kriegsopfer aus, aber nicht für Millionen Klimaopfer?

Wir wähnen uns moralisch hoch zu Ross, aber die Mehrheit der Weltbevölkerung beschuldigt uns der Heuchelei und doppelter Standards. Ist es also nicht an der Zeit, unseren selbstgerechten, eurozentrischen Tunnelblick zu weiten – und uns anderen Argumenten der Friedenssicherung zu öffnen, sei es seitens der USA oder der weltgrößten Demokratie Indien?

Sabine Matthes, München

16 Jahre Naivität

Es überrascht nicht, dass die Russen eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine ablehnen und eine EU-Mitgliedschaft tolerieren würden. Die Ukraine in der EU würde bedeuten, dass die EU den Wiederaufbau des Landes massiv finanzieren wird. Nachdem das Land wiederhergestellt ist, greifen die Russen erneut an und besetzen die Rest-Ukraine, ohne auch nur einen Rubel in den Wiederaufbau investiert oder gar Reparationszahlungen geleistet zu haben. Die Verantwortlichen in der EU sollten nicht so naiv wie die Regierungen der 16 Merkel-Jahre sein.

Dr. Peter Unglert, Landsberg am Lech

Was sind Verträge wert?

Mit dem Beginn des Ukraine-Krieges stellt sich die Frage für jeden Staat, ob man völkerrechtlich abgesicherten Verträgen, welche bei der Uno hinterlegt sind, noch vertrauen kann. Im Budapester Memorandum vom 5. Dezember 1994 sicherten die Russische Föderation, das Vereinigte Königreich Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika unter anderem Kasachstan, Belarus und der Ukraine 1994 schriftlich die Souveränität zu. Der völkerrechtlich bindende Vertrag wurde bei den Vereinten Nationen hinterlegt. Bedingung war die Abgabe der Atomwaffen.

Russland verzichtete auf die Ausübung von militärischem oder wirtschaftlichem Druck auf die Ukraine, und die USA und das Königreich Großbritannien garantierten die Sicherheit der Grenzen. Am 27. Mai 1997 wurde in der Nato-Russland-Grundakte das Recht der osteuropäischen Länder, der Nato beizutreten, festgelegt. Russland verzichtete auf sein Vetorecht und erkannte die Souveränität aller Staaten an.

Leider haben Frankreich und Deutschland unter Merkels Regierung dem Nato-Beitritt der Ukraine 2002 nicht zugestimmt und tragen zum Teil eine Mitverantwortung für den Überfall Russlands auf die Ukraine, die USA waren nämlich damals für einen Beitritt der Ukraine. Heute darf das Volk der Ukrainer den politischen Fehler der damaligen Regierungen mit seinem Blutzoll ausbaden.

Auch die nicht entschlossenen Haltungen der westlichen Länder besonders der EU und Nato, haben jetzt ein Fiasko entfacht, welches Schlimmes befürchten lässt. Generell versteht keiner, dass das Vorgehen Russlands von gewissen Ländern noch gutgeheißen wird. Was würden diese Länder sagen, wenn das Nachbarland einfach bei ihnen einmarschieren würde? Wo sind die Schutzmächte der Ukraine, die USA, Großbritannien. Und Russland? Die wollen ein Volk auslöschen. Wo ist die Uno? Putin macht alles kaputt, was Präsident Gorbatschow mit Bundeskanzler Kohl und Außenminister Genscher aufgebaut hat. Er will unsere Demokratie zerstören, indem er uns durch völkerrechtswidrige Kriege mit Flüchtlingen aus Syrien und der Ukraine überflutet.

Johann Bauer, Erding

Koste es, was es wolle

Ich schlage vor, dass sich die Menschen bewusst machen, was passiert, wenn Russland die Ukraine besetzt hat, an der Nato-Grenze steht und nun eventuell Polen angreift. Stellt die Nato dann die Verteidigung ein, weil keiner bereit ist, zu zahlen? Wie sagte jemand: Egal ob zwei oder fünf Prozent, wir werden zahlen, was notwendig ist. Wollen wir wirklich darauf warten, bis der Preis der Verteidigung ins Unermessliche steigt? Ist es nicht sinnvoller, jedes Jahr etwas mehr zu zahlen, um den Ernstfall der Natoverteidigung erst gar nicht eintreten zu lassen?

Erich Würth, München

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