IM „ERLKÖNIG“ ruft der Sohn in höchster Not: „Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an!“ Ob der Sohn daraufhin „angefasst“ wirkte, konnte der Vater nicht mehr eruieren, da ihm das Kind in den Armen starb. In neuerer Zeit hat das Partizip angefasst mächtig Karriere gemacht. Als zum Beispiel Christian Lindner aus der Ampelkoalition flog, wirkte er nach einhelligen Pressebeobachtungen „emotional angefasst“, und schuld war nicht der Erlkönig, sondern Olaf Scholz. Noch vor kurzem hätten ihn bei gleicher Lage alle Journalisten als „betroffen“ geschildert. Nun tritt Leser Dr. L. mit einer etymologischen These der schrulligsten Sorte auf den Plan. Er greift auf die „Fase“ zurück, eine schmale längliche Fläche, die entsteht, wenn man von scharfkantigen Werkstücken, etwa Brettern, ebendiese Kanten an- oder abfast. Sein Fazit, dass es statt angefasst richtigerweise angefast heißen müsse, akzeptieren wir erst, wenn wir wissen, wie scharf Lindners oft erwähnte „scharfe Kanten“ sind.
ALS IM „STREIFLICHT“ dem Schaf der Laut „mäh“ zugeordnet wurde, ging unser Leser K. mit einem „Peinlich, peinlich“ dazwischen. Herr K. ist Dr. rer. nat. und wendet ein, dass die Ziege „mäh“ mache, das Schaf hingegen „mööh“. Eine letztgültige Klanggestalt für das Blöken wurde nicht gefunden, doch ließ Dr. K. sich durch Funde wie „mä, das geschrei eines schafes nachahmend“ (Grimm) zu Friedensverhandlungen bewegen.
DIE REAKTION konnte gar nicht anders ausfallen. Als er erfuhr, der Absturz einer Boeing 737-800 sei „der tödlichste Flugzeugabsturz in der Geschichte“ Südkoreas gewesen, war Leser Dr. B. fast erleichtert: „Da hatten ja bisher die Passagiere richtig Glück, die von weniger tödlichen Flugzeugunglücken betroffen waren.“ Einen ähnlichen Fall hatten wir, als Leserin Sch. sich fragte, ob der Superlativ in „der tödlichste Tag seit Ende des Libanonkriegs“ in Ordnung sei. Sachlich gesprochen: Nein. Die Grammatik lässt jedoch bei „vergleichsunfähigen Adjektiven“ Steigerungen zu, wenn aus stilistischen Gründen der höchste Grad noch verstärkt werden soll. „Ich bin“, sagt der König in „Don Carlos“, „aufs tödlichste gekränkt…“