Sprachlabor:Vom Schmauchen und Schwatzen

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Die Gemütlichkeit im Lehnstuhl, in dem manch einer gerne sein Pfeifchen schmaucht, kann schon mal jäh zerstört werden - etwa durch eine Kettensäge, aber auch durch unsachliches Geschwätz.

Von Hermann Unterstöger

IM BIBLISCHEN SINN ist "der Nächste" der Mitmensch, den man, wenn's irgend geht, lieben sollte. Ansonsten aber versteht man darunter den, der auf den Vorhergehenden folgt: "Der Nächste, bitte!", wie es beim Arzt ins Wartezimmer hallt. Ungezählte Sprachkolumnen haben sich schon daran abgearbeitet, Formulierungen wie "Eine Krise folgt auf die nächste" dadurch der Unlogik zu überführen, dass nicht eine Krise auf die nächste folge, sondern die nächste auf die eine. Vergebens. Allem Anschein nach wird dabei nächste als andere verstanden, und so kam wohl auch unsere Behauptung zustande, eine Hitzewelle folge "auf die nächste". Unser Leser B. kam dadurch von einer Spekulation auf die nächste, bis hin zum Möbiusband, das wir aber, so schön es ist, an dieser Stelle abschneiden müssen.

DAS VERB "SCHMAUCHEN" ist an Gemütlichkeit schwer zu übertreffen. Man sieht einen Alten im Lehnstuhl sitzen und sein Pfeifchen schmauchen, eine Vision, die vielleicht auch Leser Sch. hatte, die ihm aber kürzlich jäh zerstört wurde, als es bei uns hieß: "... dann schmauchen die Kettensägen." Was sie schmauchen, wüsste er nun allzu gern. Wir tippen auf Grobschnitt, allenfalls Hansa Krüll.

GRUNDSÄTZLICHES hat Leser H. vorzubringen: Seit einiger Zeit beobachte er bei uns im Blatt eine Tendenz zu unsachlicher Geschwätzigkeit, und das gerade in Überschriften. Er belegt das mit der Wendung "mehr oder minder selbstberufene Experten", in der den Experten seiner Ansicht nach ein seltsam gemischtes Attribut angehängt wird. Wer, so schreibt H., einen anderen als "selbstberufenen Experten" (ab-)qualifiziere, der fälle ein eindeutiges Urteil über ihn. Wenn im gleichen Atemzug aber dann dieses Urteil mit der ihrerseits völlig vagen Aussage "mehr oder minder" relativiert werde, verwische sich die Charakterisierung bis zur Unkenntlichkeit. Bei ihm als Leser bleibe der unangenehme Eindruck einer redseligen Überheblichkeit.

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