Kommentar „Wo Bärbel Bas recht hat“ vom 13. Mai, „So will Bas die Rente stabilisieren“ und Kommentar „Die unbequeme Wahrheit“ vom 12. Mai:
Traut euch endlich!
Kaum traut sich mal auch die Politik in Person von Bärbel Bas, dieses heiße Eisen anzufassen, dass Beamte und Selbständige ihren Beitrag zur gesetzlichen Rentenkasse leisten sollten, schon kommen die berühmt-berüchtigten deutschen Bedenkenträger wieder aus ihren Löchern, wie schon beim Thema AfD-Verbot. Mein Gott, lasst doch endlich die inzwischen weltweit sogenannte „German Angst“ hinter euch und etwas beginnen, auch wenn das Ergebnis nicht absehbar ist. Aber ohne Mut kann auch nichts Neues und eventuell Besseres entstehen. Zum Thema Rentenbeiträge hat unter anderem auch schon die VdK-Präsidentin (Verena Bentele; Anm. d. Red.) gefordert, Beamte und Selbständige einzubeziehen. In diesem Sinne: Traut euch endlich!
Heinrich Schwab, Stockdorf
Nur über das Grundgesetz
Das Beamtentum in Deutschland ist im Grundgesetz durch Artikel 33 geregelt. Es gilt das Alimentationsprinzip. Beamte bekommen somit kein Gehalt und keinen Lohn, sondern sie werden alimentiert. Die Höhe der Bezüge richtet sich nach den Einstufungen in den Besoldungsgruppen und wird auf Lebenszeit gewährt. Wird ein Beamter in den Ruhestand versetzt, so erhält er Versorgungsbezüge. Die Höhe der Versorgungsbezüge beträgt 71,75 Prozent des letzten Bruttogehaltes. Die Versorgungsbezüge werden wie normale Bezüge versteuert. Eine Änderung dieses Systems würde eine Änderung des Grundgesetzes nach sich ziehen. Von einer Änderung wären folgende Berufsgruppen betroffen: Richter, Staatsanwälte, Universitätsprofessoren, Soldaten, Polizei, Berufsfeuerwehr, Ärzte in staatlichen Gesundheitseinrichtungen und viele andere mehr. Es ist mir völlig unverständlich, dass ein derartig unqualifizierter Vorschlag von Ministerin Bas in die Welt gesetzt wurde. Es wird somit auch keinen Koalitionsstreit über diesen absurden Vorschlag geben.
Walter Rößeler, München
Österreich macht es vor
Wenn das Einzahlen von Beamten in die Rentenkasse aus der Zeit gefallen ist, dann sind es die Österreicher schon lange. Blöd nur, dass es dort funktioniert und die Renten deutlich höher sind. Diese Regierung wird in den vier Jahren auch keine Lösung präsentieren, außer dass die Beiträge steigen. Deutschland sucht immer den eigenen Weg, wenn andere Länder das Problem schon lange gelöst haben. Das ist die „deutsche Krankheit“, wie ich sie nenne.
Siegfried Femmig, Saerbeck
Rosinenpickerei beenden
Abseits des viel kritisierten Vorschlags von Bärbel Bas, Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, besteht an anderer Stelle des Rentensystems eine Ungerechtigkeit: Wie kann es sein, dass zum Beispiel Reha-Kosten von der gesetzlichen Rentenversicherung, also von der Gemeinschaft der Beitragszahler, für berufstätige Personen bezahlt werden, die aber über ein berufsständisches Versorgungswerk ihre Rente erhalten werden? Es reicht aus, wenn zum Beispiel ein Steuerfachangestellter fünf Jahre in die gesetzliche Rentenkasse einzahlt, sich als Steuerberater weiterbildet und dann statt in die gesetzliche RV jahrzehntelang in ein Versorgungswerk einzahlt. Nach einem Unfall oder bei körperlichen Beschwerden zahlt die gesetzliche RV die Reha-Kosten. Und das, obwohl Steuerberater, Anwälte, Ärzte, Apotheker, Architekten, Notare, Wirtschaftsprüfer und so weiter über ihre Versorgungswerke üppige Renten erhalten. Was wiederum kein Wunder ist, wenn die Versorgungswerke einige Kosten der Allgemeinheit aufs Auge drücken können. Ist das noch gerecht?
Sicher: Wer in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, hat Anspruch auf gewisse Leistungen (darunter die Erstattung von Reha-Kosten), und die Versorgungswerke sind kein Eins-zu-eins-Ersatz der gesetzlichen RV. Meiner Meinung nach wäre es aber gerechter, wenn diese Ansprüche verfallen, etwa, wenn der Versicherte nicht mehr in die gesetzliche Rentenversicherung, dafür aber schon mehrere Jahre in ein Versorgungswerk einzahlt. Oder sitzen zu viele Anwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer im Bundestag?
Marc Hankmann, Sendenhorst
Zweiklassensystem
Das Rentenniveau liegt unter 50 Prozent, das Pensionsniveau bei über 70 Prozent. Rentner bekommen zwölf Rentenzahlungen im Jahr, Pensionsberechtigte 13 Zahlungen; hinzu kommt die Beihilferegelung im Krankheitsfall.
Die neue Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Mitte zu stärken und die politischen Ränder zu schwächen. Wer sich dieser Diskussion nicht stellt und das Zweiklassensystem in der Altersversorgung nicht realisiert, wird bei den nächsten Wahlen weitere Überraschungen erleben.
Xaver Deniffel, Augsburg
Mächtige Beamtenlobby
Man kann es drehen und wenden wie man will – eine Umstellung der Altersversorgung für Beamte auf das Umlagesystem der gesetzlichen Rentenversicherung ist aus diversen Gründen (rechtlich, politisch, praktisch, kalkulatorisch, finanziell …) unmöglich, äußerst schwierig oder wenig sinnvoll.
Selbst das Argument der Gerechtigkeit (Beamte leisten keine eigenen Beiträge, Pensionen sind höher und werden tendenziell länger gezahlt als gesetzliche Renten) wird nicht verfangen – wer könnte eine Veränderung zulasten der Beamten gegen deren mächtige Lobbygruppen und Wählerschichten durchsetzen?
Es wäre schon ein riesiger Schritt, das System der gesetzlichen Renten sachgerecht zu reformieren, und selbst das stößt auf enorme Probleme, Widerstände oder schlichte Ignoranz.
Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann, Berlin
Problem wieder nur vertagt
Die Einbeziehung von Beamten und Selbständigen in die gesetzliche Rentenversicherung löst die Rentenproblematik in keiner Weise – ganz im Gegenteil. Zwar hätte man zunächst weitere Einnahmen durch die neuen Beitragszahler, später hätten diese aber selbstverständlich auch Rentenansprüche. Und da die Lebenserwartung von Beamten und Selbständigen höher ist als die durchschnittliche Lebenserwartung, würden sie länger Rentenleistungen beziehen als der Durchschnitt. Die übrigen Leistungsberechtigten müssten dies entsprechend durch höhere Rentenbeiträge auffangen. Wieder einmal würde mit diesem Vorschlag das eigentliche Problem lediglich in die Zukunft verschoben.
Manfred Peter, Hannover
Ohne Verzicht wird das nichts
Ich will noch zwei Gedanken beitragen zu einem Thema, das seit Jahren regelmäßig hochkocht: Wenn irgendwann die Rentner den größten Anteil an den Wählern stellen, wird es schwierig bis unmöglich, etwas gegen deren Interessen durchzusetzen. Da wir mittlerweile in einem Land/einer Welt leben, in der nicht der-/diejenige gewinnt, der/die mit Fakten argumentiert, sondern der-/diejenige, der/die das Paradies verspricht, wird es vermutlich unmöglich sein, irgendetwas durchzusetzen, was nur nach einem Hauch von Verzicht klingt ... bis die Realität zuschlägt und die Renten nicht mehr finanzierbar sind. Bis dahin könnte man es mit einer Gruppe der Willigen versuchen, die beispielsweise auf einen Teil der jährlichen Rentenerhöhungen oder sogar komplett darauf verzichten. Ansonsten gilt wohl: Wer bremst, verliert. Oder: Lieber alle gemeinsam mit vollem Schwung gegen die Mauer, als individuell vorher auf etwas zu verzichten.
Erich Würth, München
Lasten gerechter verteilen
Jetzt hat die Frau Ministerin und Kandidatin für den SPD-Bundesvorsitz ihren Paukenschlag! Aus meiner Sicht ist der Vorschlag mit Rentenzahlung von Beamten genauso unausgegoren und fragwürdig wie vor Jahren der Vorschlag, die Legislaturperiode des Bundestages zu verlängern.
Beispiel aus der Realität: Mein Arbeitskollege W. S. im öffentlichen Dienst verstarb mit etwa 64 Jahren am ersten Tag seines Ruhestandes. Bei zu vermutenden 15 Jahren durchschnittlichem Ruhestand hat er damit seiner Dienstherrin etwa 4000 Euro mal 12,5 mal 15, also rund 750 000 Euro „erspart“ – gerechnet ohne das dazu auch noch mögliche Witwen- und Waisengeld für eventuelle Hinterbliebene. Das blieb bar in der Kasse. Bei Tarifbeschäftigten hätte es jedenfalls nicht mehr die bisherige Dienstherrin gehabt. Rentenbeiträge müssten auf das bisherige Gehalt aufgeschlagen werden – eine mehr als eigenartige Forderung vor dem Hintergrund der gähnenden Leere in allen öffentlichen Kassen! Mehr Einzahlende würde natürlich auch mehr Anspruchsberechtigte bedeuten. Letztlich vermutlich ein Nullsummenspiel. Ein ehrlicher Gegenvorschlag: Rentenanteile abführen, auch aus Zinsgewinnen, Aktiendividenden, Wertsteigerung von Aktien beim Verkauf, Unternehmensgewinnen bei Privateigentümern, Abführungen zur Rentenversicherung auch aus leistungslosen Gewinnen bei Veräußerung eines Ackers oder einer Wiese nach Bebauungsplan-Erlass mit beeindruckender Wertsteigerung des Grundstücks – in vielen Fällen sind die so Einzubeziehenden bereits rentenversichert, dann ohne die Zahl der Anspruchsberechtigten zu steigern.
Manfred Bauer, München
Selbständige in die Rente!
Gerade für Selbständige bietet die DRV große Vorteile: Man partizipiert an über 100 Milliarden SPD-gesicherter Steuersubvention, die Rendite ist im Vergleich zu Versicherungsrenten sensationell, Witwenversorgung und Erwerbsminderungsschutz sind kostenlose Dreingaben, und politisch ist die DRV unkaputtbar. Wer mehr will, legt die weitere Altersvorsorge in Aktien an und kann dann sowohl gut essen als auch gut schlafen. Der besondere Clou: Meine Berufsgruppe lebt statistisch knapp drei Jahre länger als die DRV-Pflichtversicherten und kann somit richtig abräumen. Wer als Selbständiger die DRV noch nicht für sich als Selbstbedienungsladen entdeckt hat, sollte noch einmal genau nachrechnen. Genossin Bas, übernehmen Sie!
Steffen Wahler, Hamburg
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