Süddeutsche Zeitung

Nürnberg:Denkmalschutz für Radrennbahn

Dass die altehrwürdige Reichelsdorfer Sportstätte einem Investorenprojekt weichen soll, stößt auf erhebliche Kritik.

"Dem Untergang geweiht" vom 11. Januar:

Klima- statt Investorenschutz

Die Bürger, Unterstützer und Baumfreunde finden es skandalös, dass die Stadtplanung nicht den Empfehlungen des Denkmal-Landesamts folgen will. Warum derartige Zugeständnisse an den Bauträger? Für eine lebenswerte Stadt braucht es eine behutsame Fortentwicklung der grünen Lunge Radrennbahn zu einer lebendigen Ortsmitte. Die Quartiersinitiative Reichelsdorfer Keller hat dazu mehrfach Konzepte vorgestellt. Darin sind der Erhalt der Bäume plus Einbezug der denkmalgeschützten Rennbahn in die Bauvorhaben enthalten.

Der Investor soll endlich weg von maximaler Ausmostung der Baufläche! Er hatte sich das Areal damals als Grünfläche zu einem Spottpreis (aktuell: circa Wertverdreifachung!) gekauft. Ignoranz war gestern: Bürgerbeteiligung for future! Denkmal, Bäume und städtisches Klimaziel wären gerettet!

Roland Häusler, Nürnberg

Hubensteiner als Vorbild

Noch bevor ein Denkmalschutzgesetz existierte, setzte sich Benno Hubensteiner als Bürger ein, um Abrisse von zwei bedeutenden Gebäuden in der Gemeinde Neumarkt-Sankt Veit zu verhindern. Das Schloss Adlstein (erbaut 1478), momentan als Rathaus und Archiv genutzt, sollte in den 60-er Jahren abgerissen werden. Wie auch unsere Bücherei, erbaut 1495 als herzoglicher Getreidespeicher. Die Abrissgenehmigungen waren bereits von dem damaligen Gemeinderat, von der Verwaltung und dem Landratsamt Mühldorf erteilt worden. Hätte es diesen engagierten Menschen Benno Hubensteiner nicht gegeben, wären diese historischen Bauwerke, die unsere Geschichte beschreiben, nicht mehr vorhanden.

Seit 1902 hat Hessen als erstes Bundesland in Deutschland ein Denkmalschutzgesetz etabliert. Bayern zog mit über 70 Jahren Verspätung nach. Am 1. Oktober 1973 trat es in Kraft. Jedoch wie wird es umgesetzt? Hilft es, Denkmäler vor dem "Verfallenlassen" zu bewahren? Hilft es dem Erhalt unserer Denkmäler und unserer Ensembles, unserer Geschichte? Nicht wirklich. Behörden sind träge, oft untätig, vielleicht auch uninteressiert. Der Einsatz dieser Behörden, ist abhängig vom jeweiligen Engagement und der Person, welche vor Ort im Amt ist. Oder wie in Orten die Meinung der Politik zu diversen Denkmälern ist. Das Denkmalschutzgesetz ist dehnbar, anpassungsfähig, da die Behörden im eigenen Ermessen entscheiden können, und variabel einsetzbar wie ein gut durchgekauter Kaugummi.

Das muss sich ändern, es muss ein Umdenken stattfinden. Eigentlich verhält es sich immer noch wie vor 1973: Es müssen sich Bürgerinnen und Bürger einsetzen, um unsere Denkmäler zu erhalten und zu retten. Wie anhand der Radrennbahn in Nürnberg unschwer zu erkennen ist, waren es Bürger, die sich eingesetzt haben, und nicht die Denkmalschutzbehörde. Mittlerweile hat Benno Hubensteiner ein Denkmal vor unserer Bücherei erhalten, den Benno-Hubensteiner-Brunnen. Auch der Platz wurde nach ihm benannt. Dies ist ein Aufruf an alle, den Erhalt unserer Geschichte nicht nur den Behörden zu überlassen, sondern uns selbst darum zu kümmern.

Eva Guse, Neumarkt-Sankt Veit

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