Nockherberg-Fastenpredigt:Manchen ein Hochamt - manchen ein Graus

Nockherberg-Fastenpredigt: Salvatorprobe 2023 auf dem Nockherberg.

Salvatorprobe 2023 auf dem Nockherberg.

(Foto: Catherina Hess)

Maxi Schafroths Rede erfährt viel Lob, vor allem wegen des unerwartet ernsten Finales. Aber auch Kritik, weil er oft als erster über seine Pointen lacht.

"Zeitenwende auf dem Nockherberg" vom 6. März:

Hervorragende Bußpredigt

Beiden Berichten zur Großveranstaltung am Nockherberg kann ich nur zustimmen, sowohl beim Lob als auch bei der sehr wenigen Kritik - beides jeweils vollkommen berechtigt. Vielen Dank dafür. Und dass die Bußpredigt hervorragend war, das haben alle mehr als bestätigt, die sich dazu ernsthaft geäußert haben.

Wirklich einmalig, eben dem Ukraine-Krieg geschuldet, war die Art und Weise, wie Maxi Schafroth den Themenkomplex "Freiheit, Demokratie, Menschenrechte, Vielfalt" ganz bewusst und genau nicht "umschifft" hat, wie es in der TV-Analyse danach einmal leider hieß (aber ich glaube, dass das nur einfach falsch ausgedrückt war, dass auch hier das Richtige gemeint war), sondern wie er es gezielt und mit dem notwendigen Ernst, ohne jede Ironie, aufgegriffen und verarbeitet und dafür völlig zu Recht den größten und wichtigsten Beifall des Abends bekommen hat. Ganz herzliche Glückwünsche gerade zu diesem Teil der Rede! Am Rande: Bemerkenswert fand ich auch, dass der größte Teil der "ersten Reihe" erst aufgestanden ist, nachdem auch Söder, viel zu spät, sich von seinem Sitz erhoben hat, dann aber praktisch alle anderen sofort - CSU halt, was willst machen...

Mit einem Halbsatz haben aber Ihre Autoren auch einen Punkt der Predigt erwähnt, der mich leider zunehmend gestört hat, die gleiche Beobachtung habe ich von Freunden gehört: Es hat auch früher schon zu Maxi Schafroths Rhetorik gehört, gerade böse Spitzen mit Lachen scheinbar zu verbrämen. Dieses Mal gab es mir definitiv viel zu viel (auch vorweggenommenes) Lachen über eigene Pointen. Das hat Maxi Schafroth bei seiner scharfen gedanklichen und sprachlichen Präzision doch gar nicht nötig. Das Publikum lacht an den richtigen Stellen schon von ganz allein - gut, manchmal mit Verzögerung, ehe es intellektuell verarbeiten konnte, was es gerade gehört hat. Dazu kriegt er das Publikum immer. Wenn er selbst ständig "lachen spielt", mindert das leider genau diesen Effekt, finde ich. Mal kann es ja angebracht sein, sehr dosiert eingesetzt, aber bitte nicht annähernd so regelmäßig und oft wie bei dieser Predigt. Ich bin sicher, seine Pointen kommen dann noch wesentlich direkter an.

Natürlich ist viel eigener Stil dabei, der Bußprediger muss sich in seiner Rollenauffassung wohlfühlen und darf sich nicht verbiegen. Aber etwa im Vergleich zu den Auftritten Walter Sedlmayrs wird für mich deutlich: Seine eher auf Grant statt auf Lustigkeit gebürstete Sprechweise hat die Wirkung seiner Predigten klar verstärkt. Schafroth ist nicht Sedlmayr und soll (und kann) es auch bitte nie werden, aber Lachen oder nicht macht viel aus, da bin ich sicher. Bis zum nächsten Mal ist ja noch ein wenig Zeit, und vielleicht denkt das Bußprediger-Team auch darüber nach. Ich würde mich freuen.

Friedrich-Karl Bruhns, München

Störendes Kichern

Auch wenn ich durchaus Schafroths Humor mag, was er aber mit der Fastenpredigt abgeliefert hat, war nicht nur enttäuschend, sondern schlichtweg unterirdisch. Das ständige Kichern eines Spätpubertierenden passt überhaupt nicht in eine Abrechnung mit Politikern, und abgesehen von einigen gelungenen Gags hätte die vergangene Zeit viel mehr an Themen hergegeben, als er erwähnt oder nur gestreift hat. Standing Ovations? Naja, darüber mag jeder denken, was er will. Manche meinen wohl, es hätte die Fastenpredigt gerettet. Die ganzen Interviews mit den Betroffenen im Anschluss hinterlassen bei mir den Eindruck einer Hofberichterstattung. Allerdings hat das Singspiel dann doch noch für Vieles entschädigt.

Burkhard Colditz, Sindelsdorf

Zu Aiwanger-zentriert

Vom diesjährigen "Derblecken" war ich sehr enttäuscht. Die Fastenpredigt war ein einziges Gegacker des Vortragenden mit sehr dürftigen Pointen und viel zu langer Konzentration anfangs auf Hubert Aiwanger. Die stehend Applaudierenden (man sagt ja standing ovations) waren sicher das Ergebnis der genialen Inszenierung der Autoren der "Fastenpredigt", am Schluss der "Predigt" mit positiven Selbstverständlichkeiten richtig Punkte zu sammeln. Was wegen des vorangegangenen Derbleckens nicht gelungen wäre. Sogar Herrn Hoeneß sind - wie man sehen konnte - dazu die Tränen gekommen. Mir sind auch fast die Tränen gekommen - aber weil ich mir vom Nockherberg-Derblecken eine erheiternde Zeit erhofft hatte und nicht schon wieder ein Aufwärmen des nicht erheiternden Tagesgeschehens.

Dr. Michael Juhl, Seefeld

Bewährte Hausmannskost

Bei der fast überschäumenden Begeisterung für die Salvator-Predigt könnte eine kleine kritische Nachlese nicht schaden. Wer sich mit der Predigt inhaltlich näher beschäftigt, wird feststellen, dass es sich beim "Abwatschn" wieder um die bewährte Hausmannskost handelte. Es fehlte manchmal das Insiderwissen, das man sich mühsam aneignen muss (so, wie dies einst der Journalist Hannes Burger tat). So bleibt halt nur das bekannte und beliebte "Draufhaun". Den stärksten Applaus bekam Maxi Schafroth in den acht nachdenklichen Minuten am Schluss. Da verging selbst ihm sein ewiges Lachen.

Leider hat auch die Duzerei die Salvator-Predigt erreicht. Mama Bavaria lässt grüßen. Die Zeitenwende ist auch da sichtbar geworden.

Heinz Pollerer, München

Wirklicher Wagemut

Ich finde die Aufregung um den "emotionalen Moment" etwas sehr übertrieben; für mich geht er in Richtung "Selbstbeweihräucherung". Das Politiker-Derblecken ist ein sehr guter Marketing-Gag, so nach dem Motto: "Wer nicht derbleckt wird, der existiert nicht." Und dass man in einer Demokratie sagen darf und kann, was man will, das ist sicherlich eine wertvolle Errungenschaft, die sich aber weniger in der Existenz einer Fastenpredigt, sondern im täglichen demokratischen Ringen um die beste Entscheidung zeigt. Für mich sind die Aktivisten der Letzten Generation sehr viel wagemutiger als ein Fastenprediger.

Erich Würth, München

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