Skandal ohne Entschuldigung
"Es hat wehgetan" vom 11. März:
Herzlichen Dank für Ihre Linkshänder-(Leidens-)Geschichte, die sich sehr ähnlich liest wie die Geschichte meiner Einschulung im Jahr 1966. Ihr Artikel hat dazu geführt, dass ich das Buch von Dr. Sattler, das seit Jahren ein Schattendasein in meinem Bücherregal fristete, an diesem Wochenende verschlungen habe. Hätte ich schon viel früher machen müssen. Es gibt vieles darin, in dem ich mich wiedererkannt habe. Das zu lesen ist wirklich befreiend, wie auch die Erkenntnis aus Sabina Seiferts Bericht, dass es wohl mehrere, oder besser gesagt viele von uns gibt, die mit den Folgen der Umerziehung immer noch ein Schattendasein führen.
Carsten Schroeter und ich hatten wahrscheinlich noch Glück, weil wir ein verständnisvolles Elternhaus im Rücken hatten, das die Ansichten der teilweise noch "völkisch" geprägten Lehrer und Lehrerinnen der Nachkriegsjahre liebevoll kompensieren konnte. Und was für ein Glück, dass es Möglichkeiten zu einer Therapie gibt. Trotzdem bleibt es in meinen Augen ein Skandal, welche Demütigungen und Entmutigungen uns seinerzeit in der Schule mehr oder weniger systematisch zuteilwurden. Meines Wissens hat sich noch kein Kultusministerium jemals dafür entschuldigt. Das wäre eine große Geste.
Umso dankbarer bin ich für das Interesse der SZ an dem Thema und kann sie nur ermuntern, weiter zu berichten. Ich verspreche, es nicht in meinem Regal liegen zu lassen, sondern sofort zu verschlingen.
Bernhard Lusznat, Hamburg
Alle krank?
"Rätselhafter Befund" vom 18. März:
Ich unterschreibe alle aufgeführten Punkte. Besonders, dass die Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung immer mehr abnimmt. Wir brauchen dringend ein Schulfach "Gesundheit" oder Ähnliches. Was im Artikel komplett fehlt: Der Umfang unserer Arbeit hat sich in den letzten zehn bis 15 Jahren extrem erweitert. Wir Kinderärzte und -ärztinnen sind immer mehr Erziehungsberater geworden. Immer mehr Kinder werden von Kindergärten und Schulen "medizinalisiert", sprich zu uns geschickt, um ADHS, Sozialverhaltensstörung oder Ähnliches abzuklären. Dies soll kein Vorwurf an diese Institutionen sein, denen ja selbst das Wasser bis zum Hals steht. Als Gesellschaft sollten wir uns aber fragen, ob wir wirklich all diese Kinder als krank betrachten wollen?
Ralf Brügel, Kinder- und Jugendarzt, Schorndorf
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