Süddeutsche Zeitung

Künstliche Intelligenz:Chat GPT - neue Freiheit oder besorgniserregend?

Der sprach- und textbasierte Chatbot stößt bei SZ-Lesern und -Leserinnen zwar auf Bewunderung, aber nicht alle stehen ihm aufgeschlossen gegenüber.

"Bald intelligenter als ein Mensch?" vom 17. März, "Die Maschine als Schöpfer" vom 16. März, "Wer schreibt hier?" vom 23. Februar:

Computer, kein HAL 9000

Ich finde es sehr interessant, dass für eine Maschine so viele menschliche Zuschreibungen verwendet werden. Auch ich bewundere die Rechenleistung und die tollen Algorithmen dieser Computer, verwehre mich aber dagegen, hier von Intelligenz und Weltverständnis zu sprechen oder zu schreiben. Warum meinen wir, dass Maschinen solche Fähigkeiten haben oder entwickeln können? Kommen wir doch bitte wieder auf den Boden der Tatsachen zurück und bezeichnen die Computer wieder als solche und hoffen wir, dass, bis zu einer wirklich intelligenten Maschine, nicht vorher ein HAL 9000 (fiktiver Computer des Raumschiffs Discovery in den Filmen "2001: Odyssee im Weltraum") herauskommt.

Michael Beck, Wolfenbüttel

Junkies durch Technik

Das Dilemma mit der Intelligenz und letztlich auch des menschlichen Weltbezugs zeigt sich an der Diskussion über künstliche Systeme wie Chat-GPT. Nutzenaspekte der Digitalisierung lassen sich leicht finden. Zu allgemein und nebelig dürfte dabei die Formel "Erleichterung menschlichen Lebens" sein. Denn zur Würde des Menschen gehört seine Arbeit, die bestand zu Beginn der Industrialisierung aus körperlichem, heute vorwiegend aus geistigem Einsatz. Nicht die rasend schnelle Variation von bereits vorhandenem Wissen, also der schöne Schein brillanter Kombinatorik ist intelligent, sondern die Innovation und das intuitiv Wahrgenommene lebendig Zusammenhängende, als Ausdruck menschlicher Vernunft und Verständnis ist weiterführend. Ein Take-over durch Technik schafft nicht Freiheit, sondern macht uns zu Junkies.

Kai Hansen, Nürtingen

Herkunft ist egal

Es ist bezeichnend, dass die Überschrift die Frage stellt: "Wer schreibt hier?" Ich frage zurück: Für wen ist das relevant? Offensichtlich für Menschen, die das Wahrheitskriterium an die sogenannte Sprecherposition knüpfen. Das ist von liberalen, auch vielen linken politischen Debatten bis in die Wissenschaft hinein modern - aber zugleich absurd, denn eine solche Wahrheitsvorstellung ist antiaufklärerisch oder scholastisch.

Wie wäre es zur Abwechslung, diese technische Entwicklung als Chance zu betrachten, Texte wieder auf ihre Konsistenz, Logik, Begründung und kritische Methodik hin zu überprüfen? Wenn sie dieser Prüfung standhalten und gute begründete Argumente liefern, wen - außer den Privateigentümern von Texten der akademischen Welt - juckt es, ob sie von einem Menschen kommen oder von einer Maschine (die sich ja auch nur menschlicher Argumente bedient, die sie im Netz findet ...)?

Sara Katsani, Maintal

Misstrauen ist nötig

Christian J. Meier ist eine differenzierte Darstellung gelungen über die verführerischen Möglichkeiten, sich des Textroboters zu bedienen. Ebenso die Gefahren für den Einzelnen, die Gesellschaft, wenn nicht gar für die Menschheit aufzuzeigen. Die Nutzung dieser Art von digitalen Medien wird unser Lernen und Gedächtnis verändern, aber auch unser Denken, wenn, so Nietzsche, unser Schreibzeug an unseren Gedanken mitarbeitet.

Will man sich der Mensch-Maschine entziehen, so wird man wohl odysseusgleich den verlockenden, aber auch verderblichen Stimmen der Sirenen nur durch Verzicht entkommen können. Das sollte uns der Erhalt unseres schöpferischen Potenzials, unserer Vernunft wert sein. Wenn wir diese outsourcen, könnten wir schon bald die Vorstellung verlieren, dass wir etwas verloren haben.

Von Putin stammt die Aussage: "Wer die KI beherrscht, beherrscht die Welt." In dem Film "Brexit: Chronik eines Abschieds" konnte man sehr eindrucksvoll verfolgen, wie das Referendum ausschließlich über Daten und Algorithmen entschieden wurde. Die Botschaft basierte auf Fake News und war keinen Argumenten mehr zugänglich. Der Hauptinvestor dieser Kampagne war Robert Mercer von Cambridge Analytica. Er hat auf ähnliche Weise, rechtspopulistisch, die Trump-Kampagne gesponsert. Ein gesundes Misstrauen gegenüber der KI ist notwendig. Behalten wir die Kontrolle über unser Leben, bevor sich die Autokraten und Diktatoren mithilfe der KI unserer bemächtigen.

Jürgen Dirk, Hannover

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