„Söder will Klimaziel auf 2045 verschieben“ vom 16. Januar, „Hausbau ohne Bauplan“ vom 14. Januar, „Kontroverse über Klimaziel“ und Kommentar „Maximal unglaubwürdig“ vom 11. Januar:
Verschoben auf Sankt Nimmerlein
Man kann genau sagen, wann Söder und Aiwanger die Klimaziele erreichen wollen: am Sankt-Nimmerleins-Tag. Das ist in dem an Feiertagen reichen Land der höchste Feiertag. Diese räudige Katze wenige Wochen vor der Wahl aus dem Sack zu lassen, ist gewagt, fast schon anständig. Eine sachliche von Wissenschaft geprägte Debatte kann für die Union nur nach hinten losgehen.
Karl Boscher, Unterschleißheim
Verlogen und unverschämt
Der geheime „interne Beschluss“ der bayerischen Staatsregierung ist ein trauriges Beispiel für einen verlogenen Umgang der Regierung mit den Menschen in Bayern. Es ist fatal, dass wenige Monate nach den milliardenschweren Hochwasserschäden im Sommer 2024 jeglicher Schwung für einen engagierten Klimaschutz fehlt und klammheimlich die Klimaziele in Bayern „kassiert“ wurden.
Grundfalsch ist aber auch die Begründung, dass die Klimaziele ohne Atomkraft nicht zu erreichen wären. Tatsache ist, dass gerade im Kraftwerksbereich die größten Einsparungen der Klimagase erreicht wurden. Bundesweit ist die CO₂-Einsparung in diesem Bereich seit 1990 bei 58 Prozent. Die Kohleverstromung ist auf dem niedrigsten Stand seit mehr als 50 Jahren. Der Anteil der erneuerbaren Energien ist ebenfalls auf einem Höchststand. Tatsache ist: Die Klimaziele werden in Deutschland hauptsächlich in den Bereichen Verkehr und Gebäude nicht eingehalten, also Bereiche, in denen Atomkraft keine Rolle spielt. Während erneuerbare Energien boomen, polemisiert die CSU aber gegen das Verbrenner-Aus ab 2035 und gegen den Tausch fossiler Heizungen.
Unverschämt ist, dass die Regierung einen solchen Beschluss in aller Heimlichkeit fällt. Tagein, tagaus wird die Verlässlichkeit gepredigt, und wie wichtig sie für die bayerische Wirtschaft wäre. Sogar jetzt nach Bekanntwerden der Richtungsänderung geben sie den Text des geheimen Beschlusses nicht heraus. Das Verhalten von Söder und Aiwanger grenzt an die Politik autokratischer Staaten und ist einer Demokratie unwürdig.
Rudi Amannsberger, München
Landtag müsste intervenieren
Als Satire wäre es gelungen – als Beschreibung realer Abläufe löst es Befürchtungen und Fragen aus: zum Beispiel die, ob der Landtag in Bayern bereits abgeschafft ist, oder ob es noch Abgeordnete (Männer, Frauen …) gibt, die laut und deutlich „Stopp“ sagen. Vielleicht sogar der Staatskanzlei und den Ministerien den Auftrag erteilen, für die Klimaziele 2040 konkrete Maßnahmen und Handlungsschritte zu erarbeiten. Ich träume davon, solche könnte es sogar in der CSU-Fraktion geben. Wenn sie da dann dabei sind, können sie sich auch gleich überlegen, was es braucht, dass ihre Partei nicht den Weg der Republikaner geht, sondern Großfürst Markus zurück auf den Teppich holt. Zur inhaltlichen Argumentation eignet sich – falls das noch nötig ist – übrigens die Seite 8 der Wochenendausgabe der SZ vom 11./12. Januar: „2024 war das erste Jahr jenseits von 1,5 Grad“. Die sollte eigentlich verfügbar sein. Ach ja, vielleicht noch wöchentliche Auffrischungssitzungen zu „Grundlagen der Demokratie“ oder „Bayern – nach der Abschaffung der Monarchie“. Mit Teilnahmeverpflichtung aller Minister und auch der Herren Aiwanger und Söder.
Stefan Werner, Würzburg
Stammtischminister
Wie lange können wir in Bayern noch einen Wirtschafts- und Energieminister akzeptieren, der die Klimaziele leugnet? Man wundert sich gar nicht so, dass der FW-Vorsitzende im Wahlkampf der AfD hinten und vorn reinkriecht. Schlimm ist aus meiner Sicht, dass ein zuständiges Kabinettsmitglied immer noch nicht begriffen hat, wie wichtig die Transformation hin zum Klimaschutz für das Überleben unserer Wirtschaftsbetriebe ist. Mein Appell an Herrn Söder: Entlassen Sie Ihren Stellvertreter aus seinem bisherigen Amt, er ist an den niederbayerischen Stammtischen besser platziert.
Max Keil, Energiereferent im Kreistag Fürstenfeldbruck, Puchheim
Mut zur Wahrheit
„Die aktuellen Umweltzerstörungen sind heute bereits so groß, dass in einem überschaubaren Zeitraum – wohl in den nächsten 30 Jahren – die Existenz des Menschen infrage stehen und ein großer Teil der Erde für den Menschen unbewohnbar sein dürfte“, schrieb der renommierte Geograf Werner Bätzing in seinem Buch „Homo Destructor“ 2024. Leider wird jedoch aus der Sicht des Direktors des Potsdam-Instituts für Klimaforschung, Ottmar Edenhofer, etwa der Klimaschutz im laufenden Bundestagswahlkampf weitgehend ignoriert. Stattdessen besteht ein Wettbewerb aller Parteien um die besten Möglichkeiten, mehr Wirtschaftswachstum herbeizuführen. Laut eines Zeitungsberichtes hat die bayerische Staatsregierung schon im November die eigenen Klimaziele zurückgestellt und die anvisierte Klimaneutralität auf 2045 verschoben. Als möglichen Ausweg aus der Krise formulierte Bätzing den Wahlspruch: „Habe Mut, deine eigenen Grenzenlosigkeiten infrage zu stellen und dich auf das richtige Maß zwischen einem Zuviel und Zuwenig zu konzentrieren.“
Andreas Reuß, Bamberg
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