"Föderal, digital, fatal" vom 17. September, "Das Bürokratie-Monster" vom 10. September:
Boykott wäre gut
Ein "Bürokratie-Monster" ist die Grundsteuererklärung nicht. Ausgefüllt hatte ich alles (nachdem ich das dämliche Elster verlassen hatte, das die elfte Stelle meiner Steuer-ID partout nicht annehmen wollte, aber penetrant auf den Eintrag von "mindestens elf Stellen" bestand), binnen 20 Minuten (und zwar über die Seite des Bundesfinanzministeriums). Abgefragt jedoch wurden, wie ich bald begriff, im Wesentlichen genau die Daten, die dem Finanzamt ohnehin schon vorlagen, wie aus der mir von ebendiesem Finanzamt zugesandten "Ausfüllhilfe" hervorging: Kaum mehr als die just dort bereits abgedruckten und richtigen Angaben waren nun von mir brav wieder einzutragen und dann dem Finanzamt (!) zu melden, plus wenige weitere.
Die Beglückung von Millionen Immobilienbesitzern mit dieser absurden Beschäftigungstherapie ist eine behördliche Unverschämtheit. Eigentlich müsste die jetzige Grundsteuererklärung von den Bürgern millionenfach ganz einfach erklärtermaßen komplett boykottiert werden, damit dieses völlig verkorkste Ansinnen zunächst krachend scheitert und die Ämter dann gar nicht mehr anders können als aufzuwachen und umzusteuern.
Michael Lohr, Ettringen
Selbst die Hotline ist überfragt
Grundsteuererklärung: eine Zumutung. Ein technisches Problem mit Elster hatte ich nicht, da ich erst eine Weile abgewartet habe. Aber obwohl seit Jahren mit Elster-Zertifikat ausgestattet und damit die Einkommenssteuererklärung abgegeben, hatte ich Mühe, das Online-Formular für die Grundsteuererklärung zu finden.
Durch die Formulare wird man geführt, kann sich aber in Fehlermeldungen verheddern, wenn man nicht gleich die beiden ersten Formulare auswählt. Dann geht es ans Eingemachte: Zuerst habe ich (in einer Wohnungseigentümergemeinschaft) Name und Adresse anzugeben. Was bedeutet dann "Anteil an der wirtschaftlichen Einheit (Grundstück / Betrieb der Land- und Forstwirtschaft)"? Dass es um meine Wohnung geht und ich als Alleineigentümer der Wohnung 1/1 anzugeben habe, geht erst aus dem Beispiel hervor. Mein Anteil in der Angabe 1000stel der Anlage kommt ja auch erst später.
Dann habe ich die Fläche des Flurstücks anzugeben, wofür mehrere Quellen genannt werden. Ich hatte die Wahl zwischen dem Wert, den der Verwalter uns zur Verfügung gestellt hat und der mit der Zahl in meinem Kaufvertrag übereinstimmt, und der abweichenden Zahl im Bayern-Atlas, die ich nur als jetzt gültig vermuten konnte. Aber was soll dann bei "Summe der gesamten Fläche(n) aller angegebenen Flurstücke" der Zusatz, dass der "Zur wirtschaftlichen Einheit gehörende Anteil" hierbei nicht berücksichtigt sei? Soll ich etwa anhand meiner 1000stel meine Quadratmeter berechnen und von der Flurstücksfläche wieder abziehen? Das kam mir so abstrus vor, dass ich die Gesamtfläche so stehen ließ.
Dann der Hammer: Wenn die Flurstücksfläche 10 000 Quadratmeter übersteigt (trifft bei uns knapp zu), soll angegeben werden, welcher Anteil davon bebaut oder versiegelt ist. Wenn man dann die längliche Erläuterung liest, wie welche Fläche (zum Beipiel ein Lichtschacht) zu werten ist, kippt man endgültig aus den Pantinen. Nachdem mir ein Freund erzählt hatte, dass er die Hotline angerufen hat, man ihm aber bei einer inhaltlichen Frage nicht helfen konnte, habe ich auf einen Anruf verzichtet, auch den letzten Punkt ignoriert und es so abgeschickt.
Hendrik Hein, München
Vorhandene Daten nutzen
Eigentlich stellt sich nur eine Frage: Warum nutzen die zuständigen Behörden nicht die vorhandenen Daten? Immerhin wurde mit diesen jahrelang die Grundsteuer berechnet. Man könnte die Besitzer fragen, ob sich ihr Grundbesitz verändert hat - wenn nicht, sind die vorhandenen Daten ja aktuell. Nachdem sich Grundstücke ja eher selten verändern, würde das wohl für die meisten Eigentümer zutreffen.
Rainer Killi, München
Vorsicht: Anbauten
Mindestens zum dritten Mal lese ich nun in der SZ zum Thema Grundsteuer die Behauptung: "Dabei verfügt der Staat längst über alle Daten...." Sie ist falsch - ich hoffe nur aus Gedankenlosigkeit. In älteren Ein- oder Zweifamilienhäusern, sowie Reihenhaussiedlungen und in dörflichen Bereichen wurde in den Jahren nach Fertigstellung oft neuer Wohnraum geschaffen durch Ausbau gut belichteter Kellerräume und von Dachgeschossen, Anbauten und so weiter, ohne dass dies den Bauämtern, Finanzämtern oder anderen Behörden bekannt wurde. Wer jetzt die Wohnfläche in der "Erklärung" angibt, muss dafür gerade stehen - zumindest in Bayern, wo die Wohnfläche anzugeben ist. Die Meinung von Stephan Radomsky, im Grundbuch stünde die Wohnfläche, ist abenteuerlich. Auch für mein Haus, das in den 1950er-Jahren erbaut wurde, lagen beim Kauf vor 30 Jahren nur ungenaue Pläne vor oder es war anders gebaut worden.
Hartwig Hagenguth, Grafrath
In Bayern so einfach wie nirgends
Wer, wie ich, nur eine Immobilie in Bayern besitzt, ist in einer Stunde fertig mit seiner Grundsteuererklärung. Er muss dazu nur die Grundstücksfläche und die Wohnfläche kennen. In anderen, insbesondere SPD-geführten Ländern sind sehr viel umfangreichere Daten zum Beispiel zu Verkehrswerten und Erträgen anzugeben. Warum? Weil die SPD in maßgeblicher Gestalt ihres Bundesfinanzministers Scholz sich in den Kopf gesetzt hatte, die Grundsteuer sei ein Instrument, mit dem man Eigentümer sehr teurer Immobilien besonders stark zur Kasse bitten könne.
Theoretisch würde das vielleicht sogar stimmen. Da es aber die Gemeinden sind, die über den Hebesatz bestimmen, wie hoch die Grundsteuerbelastung am Ende tatsächlich ausfällt, tritt genau dieser Effekt nicht ein. Zum Beispiel die Stadt München, in der praktisch jeder Reihenhäusler ein Millionär ist, wird sich hüten, zehntausende Eigentümer, die ja auch Wähler sind, plötzlich deutlich höher zu belasten.
Die Bayerische Staatsregierung hat die Widersprüchlichkeit der Pläne des Bundesfinanzministers früh erkannt und darauf bestanden, die Grundsteuererklärungen so einfach wie möglich zu gestalten. Die SZ hat sie seinerzeit für diese vermeintliche Extratour gescholten. Jetzt wäre Gelegenheit, sich daran zu erinnern und Abbitte zu leisten.
Axel Lehmann, München
Überprüfung ist nötig
Nicht nur, dass der Staat bereits über alle Daten verfügt, so wird er nicht umhinkommen, die abgegebenen Daten zu überprüfen, denn wie soll sichergestellt werden, dass die korrekten Daten abgegeben wurden? Und dann beißt sich die Katze in den Schwanz: Der Staat greift auf ihm bekannte Daten zurück. Ansonsten droht ein umgekehrter Eklat à la Jürgen Schneider, dass mittels falscher Daten Vorteile erworben ("erschlichen") werden, ganz davon abgesehen, dass versehentlich eine falsche Angabe gemacht wurde.
Erich Würth, München
Bayernatlas hilft
Der wichtigste Tipp fehlt: Für Bayern stehen die meisten Daten im Bayernatlas zur Verfügung. Flurnummern und Flächen einfach dort ablesen und in die Grundsteuererklärung eintragen. Wenn unsere Staatsregierung mal ausnahmsweise digitalisiert ist und das noch dazu sehr nützlich ist, dann sollte das auch erwähnt werden.
Hans Benker, Nürnberg
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