„Migrationspolitik spaltet Bundestag“, Kommentare „Das Tor zur Hölle“ und „Falsches Thema“ sowie „Alles oder nichts“ (Buch Zwei) vom 1./2. Februar, „Altkanzlerin kritisiert Merz“ vom 31. Januar:
Hört auf, der AfD nachzulaufen
Seit Jahren werden im Bundestag Verschärfungen des Asyl- und Einwanderungsrechts beschlossen – von CDU, FDP, SPD und den Grünen. Die Strategie, der AfD so die Wähler wieder wegzunehmen, scheitert. Die AfD wächst einfach weiter, und jetzt ist sogar die Brandmauer gefallen. Wie kann das sein?
Vielleicht liegt das stetige Wachstum der AfD daran, dass das gefühlt ganze Land sich von einigen Anschlägen und Morden treiben lässt und alles andere vergisst. Wenn man nur über AfD-Themen redet, dann macht man die AfD stark. In diesem kurzen Wahlkampf gäbe es so viel Wichtiges zu diskutieren, nicht nur Migrationspolitik: Klima, Wirtschaft, soziale Ungleichheit, Infrastruktur, Digitalisierung, Sicherheitspolitik. Doch Politik und Medien stürzen sich immer wieder auf das Thema „Migration“, als gäbe es kein Morgen – leider mitunter auch die SZ.
Dabei gäbe es so viel zu tun. Die demokratischen Politiker und Medien in diesem Land sollten endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und viel stärker andere wichtige Themen ansprechen, statt wie Papageien und Hofdiener die Themen der AfD und seit Neuestem des Friedrich Merz wiederzukäuen. Denn selbst Marc-Uwe Klings Känguru wusste schon: Die Menschen wählen lieber das Original statt billiger Kopien.
Hinnerk Frech, Kopenhagen
Macht geht ihm vor Demokratie
Ihre umfangreiche Reportage in Buch Zwei gibt einen guten und vielseitigen Eindruck vom Kanzlerkandidaten Friedrich Merz. Er kann letztendlich nicht verbergen, dass er ein alternder Millionär ist, der das Kanzleramt als Selbstbestätigung und absolute Krönung seiner Berufslaufbahn betrachtet (Motto: „Ich will da rein!“). Die Ansichten der Arbeiterschaft, der Betriebsräte und der „einfachen“ Arbeitnehmer interessieren ihn nur peripher.
Die indirekten Zugeständnisse vergangene Woche an die AfD und deren Wählerschaft zeigen, wie Friedrich Merz mit seiner Macht umgehen wird. Für seinen Machterhalt und den der CDU wird er den demokratischen Konsens opfern.
Gabriele Lauterbach, Überlingen
Fassungs- und sprachlos
Ich habe als Sozialdemokrat immer respektiert, dass im politischen Spektrum Auffassungen vertreten wurden, die ich nicht geteilt habe – das ist mein Grundverständnis als Demokrat. Aber wenn ein CDU-Kanzlerkandidat kurz nach dem 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz die Stimmen einer Partei zumindest einkalkuliert, die in ihren Reihen beim Denkmal für die ermordeten Juden Europas von einem „Denkmal der Schande“ spricht, macht es mich fassungslos. Ich finde keine Worte, die mein Gefühl dazu wirklich ausdrücken können.
Frank Auferkorte, Hagen
Handeln statt Stillstand
Vorweg sei erwähnt, dass ich nicht der CDU-Wählerschaft angehöre und schon gar nicht mit dem Lager der AfD liebäugele. Nun macht ein Politiker endlich ernst, seine Sache politisch durchzusetzen, unabhängig von der Strategie der AfD – und schon ist der medial wirksame Aufschrei aufrechter Demokraten groß. Diese unbedingte und angstbesetzte „Mainstream-Philosophie“ blockiert den politischen Fortschritt. Deshalb hat ein Großteil der Wählerschaft recht, wenn er die Handlungsfähigkeit der Politik mit einem Auf-der-Stelle-Treten vergleicht. Bekämpft die AfD mit demokratischen Mitteln – und nicht mit furchtbesetztem Nichthandeln oder energiezehrenden Verbotsversuchen!
Manfred Haas, Ingelheim
Kanzlerunfähig
Friedrich Merz hat sich definitiv als kanzlerunfähig erwiesen. Deutschland braucht einen klugen, weitsichtigen Kanzler, der für hilfreiche Ratschläge offen ist. Deutschland braucht keinen emotionalen Hitzkopf, der in John-Wayne-Manier versucht, seinen bornierten Weg durch alle Wände zu gehen, und nicht merkt, dass er dabei lediglich eine lächerliche Karikatur abgibt, die sich ohne Not und aus purer Eitelkeit in eine ausweglose Sackgasse hineingeritten hat.
Gerd Kolb, Viernheim
Wer zuletzt lacht …
Wer zuletzt lacht, lacht bekanntlich am besten … Auch wenn Friedrich Merz mit seinem „Zustrombegrenzungsgesetz“ im ersten Versuch gescheitert ist – viel wichtiger ist es, dass er hiermit im Wahlkampfschlussspurt deutlich gemacht hat, dass er es mit einem „Politikwechsel“ ernst meint! Und er hat deutlich gemacht, dass mit der Ära der Sozialdemokratisierung der CDU mit Frau Merkel ein für alle Mal Schluss ist (auch wenn sie sich noch mal aus der Uckermark kritisch gemeldet hat …). Wenn nun diejenigen, die bislang verzweifelt AfD nur aus Protest gewählt haben, wieder eine bürgerlich-konservative CDU/CSU wählen, so kann es nur heißen: „And the winner is: Friedrich Merz!“
Heiko J. Fabian, München
Viel Ego, wenig Beratung
Wie Sie in „Alles oder nichts“ über Friedrich Merz schreiben: Nerven behalten, Disziplin wahren, Fehler vermeiden – alles keine Eigenschaften, die mit dem Kanzlerkandidaten der Union in Verbindung gebracht werden. Aber ausgerechnet in der Auschwitz-Gedenkwoche erstmals die „Vogelschiss in der Geschichte“-AfD als Mehrheitsbeschafferin für eine Gesetzesvorlage in Kauf zu nehmen: Darauf muss man erst einmal kommen.
In so einer heiklen Angelegenheit, die an politische Erpressung von SPD und Grünen grenzt, nicht die eigene Fraktion hinter sich zu wissen, zeugt von einem gerüttelten Maß an politischer Torheit. Auch die heftigen Reaktionen von einflussreicher Parteiprominenz scheint er nicht auf dem Schirm gehabt zu haben. Wenn Friedrich Merz als zukünftiger Bundeskanzler bei Verhandlungen auf internationaler Ebene ähnlich ungeschickt „all in“ agiert, schwant mir Böses. Klar, wir machen alle Fehler, und wenn man sich am Mittwoch in Höchsttempo verrannt hat, ist es überaus schwer, am Freitag umzukehren. Aber ich stelle mir schon die Frage: Hat der Mann eigentlich einen Beraterstab oder nur ein übergroßes Ego?
Andreas Wittorf, Hamburg
Wieder runterkommen
Der Grundsatz „keine Zusammenarbeit mit der AfD“ schließt selbstverständlich aus, dass demokratische Parteien Anträgen der AfD zustimmen. Aber zu verlangen, dass demokratische Parteien keine Anträge mehr einbringen dürfen, die sie für notwendig halten, wenn die Möglichkeit besteht, dass auch die AfD für diese Anträge stimmt, ist absurd. Würde man tatsächlich so handeln, gäbe man der AfD geradezu ein Privileg in die Hand, künftig allein über die Tagesordnung des Parlaments zu entscheiden. Ein unerträglicher Gedanke für jeden Demokraten. Also bitte wieder herunterkommen.
Und übrigens, die besorgniserregende Spaltung der Gesellschaft zu Fragen der Immigration ist die Folge einer Politik, die nicht fähig war, ausufernde illegale Zuwanderung in den Griff zu bekommen, Kriminelle abzuschieben und deutlich zu machen, dass wir integrationswillige Immigranten in unserer Gesellschaft nicht nur aufnehmen wollen, sondern auch brauchen. Wenn die Union nun Vorschläge einbringt, um daran zu arbeiten, sollten sich alle Gutwilligen daran beteiligen.
Helmut Pfundstein, München
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