Streichung eines FeiertagsUngerechte Verteilung der Schuldenlast

Lesezeit: 3 Min.

Für die neuen Staatsschulden einen Feiertag streichen? Dafür gibt's kaum Begeisterung.
Für die neuen Staatsschulden einen Feiertag streichen? Dafür gibt's kaum Begeisterung. (Foto: Foto: Sina Schuldt/dpa)

Wie soll Deutschland aus der wirtschaftlichen Krise kommen? SZ-Autorin Kerstin Bund schlägt vor, einen Feiertag zu streichen. Die SZ-Leserschaft empfindet das als unfair – und macht eigene Vorschläge.

„Ein Feiertag kann weg“ vom 22./23. März:

Reiche müssen mehr beitragen

Kerstin Bund meint, der Verzicht auf einen Feiertag als Beitrag der Beschäftigten zur Finanzierung der Schulden könne es erleichtern, auch den Rentnern klarzumachen, dass sie „mithelfen“ müssen. Warum fragt sie nicht, ob man damit nicht den Wohlhabenden und reichen Erben klarmachen könnte, dass auch sie mehr beitragen müssen?

Dr. Joseph Kuhn, Dachau

Wem würde das helfen?

Es ist sinnvoll und notwendig, sich Gedanken zu machen, wie öffentliche Einnahmen verbessert werden, anstatt mehr öffentliche Schulden zu machen. Sind Kürzungen der Feiertage der richtige Weg? Der Gedanke ist richtig, dass sich die Steuereinnahmen verbessern (sollten). Aber ein Arbeitstag mehr würde vielleicht ein oder zwei Milliarden mehr Steuern jährlich bedeuten – wenn überhaupt, weil die Monatsgehälter der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Regel gleich bleiben würden. Die „zusätzliche Wirtschaftsleistung von fünf bis 8,6 Milliarden Euro“ käme nur bei den Unternehmenseigentümern an.

Anstatt bei denjenigen zu kürzen, die ihr Geld meistens direkt wieder ausgeben müssen (Rentner und Niedrigverdiener), und damit den Konsum als Wirtschaftsfaktor auszubremsen, sollten die Bereiche angeschaut werden, in denen in den letzten Jahrzehnten riesige Steuergeschenke an diejenigen verteilt wurden, die schon genug haben: Vermögensabgaben sind ausgelaufen, Vermögensteuer wurde ausgesetzt, Einkommensteuer für Hochverdiener von 53 auf 42 Prozent gesenkt, „Verschonungsregeln“ für besonders große Erbschaften, Schenkungen und „Stiftungen“ geschaffen. „Alle müssen einen Beitrag leisten“? Dann bitte bei denen anfangen, die das ohne Probleme leisten können. Dort könnten hohe Einnahmen geschaffen werden – Gelder, die jetzt noch oft in Finanzspekulationen gesteckt werden. Wichtige Informationen dazu finden sich regelmäßig in der SZ.

Hajo Kuckero, Bremen

Pension statt Rente kürzen

Die Streichung eines Feiertages würde ausschließlich Arbeitgebern zugutekommen. Die Anpassung der Rente an die Inflation wäre eine glatte Rentenkürzung und Abkopplung von der Lohnentwicklung. Warum wird eigentlich immer auf der Rente herumgehackt? Das Rentenniveau wurde in den letzten Jahren von circa 60 auf 48 Prozent gesenkt, und eine weitere Senkung führt in die Armut.

Warum wird eigentlich nicht bei den Beamten gekürzt, die ein Pensionsniveau von circa 70 Prozent haben und die den Staat inzwischen circa 50 Milliarden kosten? Wie wär’s zum Beispiel mit ein paar mehr Betriebsprüfungen? Oder einem kleinen Beitrag bei hohen Vermögen? Warum sind Einkommen aus Kapital immer noch mit einer Flatrate von 25 Prozent begünstigt?

Dietmar Angerer, München

Die „schwarze Null“ ist gescheitert

Vor der fragwürdigen Streichung eines Feiertags sollte zunächst eine Vereinheitlichung der Anzahl der Feiertage in den einzelnen Bundesländern erfolgen – denn hier gibt es erhebliche Abweichungen. Problematisch erscheint, dass die Politik in den vergangenen Jahrzehnten den Fokus fast ausschließlich auf Einsparmöglichkeiten gelegt hat. Dabei zeigt sich heute überall deutlich, dass die Politik der „schwarzen Null“ gescheitert ist: marode Infrastruktur, unzureichende Verteidigungsfähigkeit und fehlende Mittel, etwa für Klimaschutzmaßnahmen.

Alternativ könnte der Staatshaushalt auch durch höhere Einnahmen stabilisiert werden – beispielsweise durch Steuern auf hohe Vermögen und Einkommen. Bis vor rund 25 Jahren gab es noch die Vermögensteuer, und der Spitzensteuersatz der Einkommensteuer lag etwa 20 Prozent höher als heute. Auch die Erbschaftsteuer bietet sicherlich noch viel Spielraum für eine gerechtere Gestaltung. Zudem könnte eine Finanztransaktionssteuer eine weitere Einnahmequelle darstellen.

Gegenwärtig leben in unserem reichen Land fast 20 Prozent der Menschen in Armut – mit steigender Tendenz. Aufgrund ihres geringen Einkommens verursacht diese gesellschaftliche Gruppe kaum CO₂-Emissionen und lebt weitgehend klimaneutral. Hochvermögende hingegen emittieren ein Vielfaches des Durchschnitts – sie leben über unsere Verhältnisse. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das wirtschaftliche Gedeihen des Landes bedarf es eines neuen Narrativs. Und das kann gewiss nicht bedeuten, bei den Armen oder Durchschnittsbürgern zu sparen.

Reiner Gorning, Hamburg

Wie hast du’s mit der Religion?

Die meisten kirchlichen Feiertage funktionieren nach dem Gießkannenprinzip, selbst un- oder andersgläubige Arbeitnehmer bekommen den Feiertag vom Arbeitgeber bezahlt. Wofür eigentlich? Ein pragmatischer Denkansatz wäre, diese Feiertage nicht mehr zu bezahlen und stattdessen eine bestimmte Anzahl zusätzlicher Urlaubstage festzuschreiben. Ein Arbeitnehmer, welchem ein Feiertag zur Religionsausübung wichtig ist, kann dafür ja dann einen dieser Feier-Urlaubstage nehmen. Dies hätte den Vorteil für die Firmen, dass sie an einem Feiertag nicht mehr zusperren müssten.

Selbiges ist ein Unding, besonders an Christi Himmelfahrt (Vatertag) und Fronleichnam, beide immer an einem Donnerstag. Bei Letzterem ist es durchaus verlockend, den nachfolgenden Freitag krank zu sein. An beiden Feiertagen muss für einen Tag die Produktion gestoppt und am Freitag für einen meist nicht ganzen Tag wieder hochgefahren werden. Für die Produktivität ist dies überhaupt nicht zuträglich, und genau deswegen wird diskutiert, einen Feiertag abzuschaffen.

Auch den Kirchen sollte an einer gesunden Produktivität gelegen sein, stützt diese doch auch das Kirchensteueraufkommen, zumindest von denen, welche trotz bekannter Turbulenzen nicht ausgetreten sind.

Hartmut Huber, München

Hinweis

Leserbriefe sind in keinem Fall Meinungsäußerungen der Redaktion, sie dürfen gekürzt und in allen Ausgaben und Kanälen der Süddeutschen Zeitung, gedruckt wie digital, veröffentlicht werden, stets unter Angabe von Vor- und Nachname und des Wohnorts. Schreiben Sie Ihre Beiträge unter Bezugnahme auf die jeweiligen SZ-Artikel an forum@sz.de. Bitte geben Sie für Rückfragen Ihre Adresse und Telefonnummer an. Postalisch erreichen Sie uns unter Süddeutsche Zeitung, Forum & Leserdialog, Hultschiner Str. 8, 81677 München, per Fax unter 089/2183-8530.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

  • Medizin, Gesundheit & Soziales
  • Tech. Entwicklung & Konstruktion
  • Consulting & Beratung
  • Marketing, PR & Werbung
  • Fahrzeugbau & Zulieferer
  • IT/TK Softwareentwicklung
  • Tech. Management & Projektplanung
  • Vertrieb, Verkauf & Handel
  • Forschung & Entwicklung
Jetzt entdecken

Gutscheine: