Erneuerbare Energien:„Energiepolitische ‚Dunkelflaute‘“

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(Foto: SZ-Zeichnung: Michael Holtschulte)

Der Ausstieg aus der Atomkraft wurde in Deutschland 2011 beschlossen. Aufgrund von Engpässen suchen einige Parteien den Weg zurück. Laut SZ-Lesern müssten erneuerbare Energien nur konsequenter vorangetrieben werden.

„Ausstieg vom Ausstieg?“ und „Solarboom belastet Netz“, beide vom 27. Dezember, „Da werden Mythen verbreitet“ vom 17. Dezember und „Dunkle Flauten sind das Problem“ vom 14. Dezember:

Dunkelflaute

In Deutschland ist bei der Stromversorgung das Szenario eingetreten, vor dem alle Kritiker der Energiewende zu Recht gewarnt haben: Der Wind bläst nicht, die Sonne scheint nicht, die Tage sind besonders kurz. Leider hat es sich nicht bis zur Bundesregierung in Berlin herumgesprochen, dass Deutschland, trotz Klimawandels, nicht im sonnigen Süden liegt. Mehr als 30 000 Windräder und knapp vier Millionen Solarpanels liefern nur einen Bruchteil des benötigten Stroms. Energieversorger nennen eine solche Phase Dunkelflaute. Energiepolitische „Dunkelflaute“ herrschte auch unter 16 Jahren Merkel-Regierungen, die die praktische Umsetzung der Energiewende regelrecht verschlafen haben. Um das Netz vor dem Kollaps zu bewahren, laufen jetzt alle fossilen Kraftwerke auf Hochtouren. Da das alles noch immer viel zu wenig ist, pumpt Deutschland die Nachbarländer um Strom an. Insbesondere Frankreich liefert Riesenmengen aus konventionellen Kraftwerken und Atommeilern. Hauptsache, Atomstrom wird nicht in Deutschland produziert. Die hanebüchene grüne Ideologie könnte einem die Tränen in die Augen treiben. Das alles treibt aber insbesondere zwei Werte auf ein absolutes Rekordniveau: die CO₂-Emissionen und allen voran den Strompreis. Diese Woche stieg er auf den höchsten jemals gemessenen Wert. Die Misere führt jetzt dazu, dass die ersten Großabnehmer die Grätsche machen, weil sie sich die Stromrechnung nicht mehr leisten können. Der Grund für die höchst alarmierende Situation ist, dass im Zuge der Energiewende die Bundesregierung sämtliche Atommeiler und zahlreiche Kohlekraftwerke vom Netz genommen hat. Doch Atom, Gas, Öl und Kohle besorgen die sogenannte Grundlast, die nötig ist, wenn die Erneuerbaren nicht liefern können. Zwar hat Deutschland in diesem Jahr so viel Strom wie nie aus Wind und Sonne produzieren können, aber an den dunklen, windstillen Tagen kommt es wie jetzt zu dramatischen Engpässen. Das Ganze ist vor allem das Werk des grünen Klimaministers Robert Habeck.   Auch als Wirtschaftsminister hat Robert Habeck gründlich versagt. Deutschland steht im Vergleich mit allen Industrieländern beim „Wachstum“ an letzter Stelle. Das energiepolitische Desaster verschlimmert die ökonomische Situation gravierend. Die Rezession hält sich hartnäckig. Ebenso wie Habecks Arroganz und Überheblichkeit. „Ich bewerbe mich für die Menschen in Deutschland“, hatte Habeck vor einem Monat erklärt, als er seine Kanzlerkandidatur bekannt gab. Es muss der Teil der Menschen in Deutschland sein, der blind, taub und stumm ist, den Habeck da anspricht.

Alfred Kastner, Weiden

Wissenslücken schließen

Wer „Dunkelflauten … wie zuletzt zweimal in Deutschland“ zum Anlass nimmt, wieder in die Kernenergie einzusteigen, übersieht, dass das europäische Atomstromland Frankreich 2022 wegen dringender Reparaturarbeiten an mehreren Kernkraftwerken wochenlang Strom aus dem Ausland kaufen musste. Das war problemlos möglich, weil es seit Jahren ein europäisches Stromnetz gibt, aus dem jeder Teilnehmer entnehmen oder in das er einspeisen kann, wie an einer Börse. Wäre die nationale Selbstversorgung oberstes Ziel, hätte dieses Netz keinen Sinn. Wenn Kanzlerkandidat Merz „eine Art Kernenergie-Allianz“ vorschwebt, sollten ihm seine Fachleute erklären, dass es die schon gibt.

Und wer, statt „Notruf Hafenkante“ zu glotzen, mal bei ZDF info, Phoenix, 3sat oder ARD alpha reinschaut, lernt leicht verständlich von Professor Lesch, dass Kernkraftwerke viel Zeit zum Hoch- und Runterfahren brauchen und denkbar ungeeignet sind, kurzfristig seltene Lücken bei der Versorgung mit regenerativer Energie zu stopfen.

Klaus Werner, Erlangen

Ideologiegetrieben

Man hätte sich das schenken können, jetzt noch zu streiten, ob es bei der Abschaltung der letzten Atomreaktoren mit rechten Dingen zuging. Angela Merkels kategorischer Atomausstieg von 2011 war von Anfang an ideologiegetrieben und baute auf von den Grünen und Antiatomaktivisten geschürte Ängste und Vorurteile. Die Folgen für die deutsche Volkswirtschaft jedenfalls sind weiter verheerend.

Dr. Hans Christian Hummel, Hannover

Kern- und Kentergefahr

Die Befürworter der Kernkraft machen gerade klar zur dritten Wende. Es könnte eine Halse werden mit Kentergefahr. Sie ignorieren nicht nur den aktuellen Zustand der Reaktoren, die zuletzt abgeschaltet wurden, sondern auch die von Experten vorausgesagten Kosten, den Fortschritt in der Energiewende und auch die Endlagerfrage. Ihre Gegner nennen sie Ideologen. Selber stellen sie bei jeder kleinsten Gelegenheit den Fuß in die Tür, um der Atomlobby zu dienen. Planungssicherheit für die Wirtschaft ist das nicht. Die zu erwartende Diskussion wird zu einem Wiedererstarken der Grünen beitragen.

Karl Boscher, Unterschleißheim

Rückwärtsgewandt

Es ist fürwahr ein erschreckendes Bild, das die Altherrenriegen von CDU, CSU und FDP insbesondere beim Thema Energiewende abgeben. Man informiert sich offenbar nicht oder nur mit der passenden Brille oder womöglich gar nicht. Bis das erste neue große Atomkraftwerk auch nur geplant ist, steht vermutlich so viel Speicherkapazität zur Verfügung, dass man die tageweise Kostenspitzen an Dunkeltagen dann nur noch aus der Erinnerung kennt. Parteien, die uns rückwärtsgewandt in die Zukunft führen wollen – deutscher geht’s nicht! Aber auch bei der SZ hat man das Thema Speicher offenbar nicht auf dem Schirm.

Michael Behrendt, Bonn

Batteriespeicherprojekte

Der Artikel stellt die Fakten deutlich dar. Unklar ist aber, ob und wie weit die großen Energieversorger die Situation gezielt verschärft haben. Leider verschleppt sich auch die geplante Absicherung durch Reservekraftwerke. Was aber in dem Artikel fehlt, ist der Hinweis, dass dieses Problem auch in der Erneuerbaren-Branche erkannt wurde und Verbesserungen bei der Speicherung geplant sind. Aktuell gibt es eine große Zahl von Batteriespeicherprojekten, die bereits im Bau oder in der Planung sind. Hiermit lassen sich kurzfristig solche Engpässe optimal ausgleichen, und es rechnet sich auch. Wichtig ist nur, dass derartige Projekte nicht von den großen Netzbetreibern verzögert werden.

Dieter Fries, Hamburg

Denkt an die Vögel

Merz forderte, das Landschaftsbild störende Windräder abzubauen. Das konnte die AfD nicht so auf sich beruhen lassen und fordert umgehend den Abriss aller Windräder. Damit kommt die AfD so manchem Vogelschützer entgegen, der gegen Windräder ist, weil sie angeblich massenweise Vögel schredderten. Nach einer Zusammenstellung des Vogelschutzbundes Nabu aus dem Jahr 2017 sterben jährlich bis zu 100 Millionen Vögel durch Hauskatzen, gut 100 Millionen durch Glasscheiben, 70 Millionen durch Straßen- und Bahnverkehr, aber nur 0,1 Million durch Windkraftanlagen. Der Schaden für Vögel durch Windräder wird von manchen maßlos überhöht.

Wolfgang Mauksch, Herrieden

Trübes Fahrwasser

Im trüben Fahrwasser von Trump scheint jetzt auch hier das Windenergie-Bashing salonfähig zu werden. Darum hier ein kurzer erhellender Blick auf ein Teil seiner bisherigen und zukünftigen Energiepolitik-Bilanz. Die Zahl der US-Kohlekraftwerke ist unter Trump von 381 (2016) auf 284 (2020) gesunken, trotz seiner Unterschrift auf „Letting Coal Country Work Again“ (Kongress-Gesetzesvorlage, H.J.Res. 38, 16.02.2017).

Im letzten Wahlkampf war Kohle kein Thema mehr für Trump. Oder hat er vor, die Kohlesubventionen wieder hochzufahren? Was würde sein D.O.G.E-Kumpel Elon Musk dazu sagen? Der wird wohl eher nicht ein unmögliches Revival der Kohleindustrie mit Steuergeldern unterstützen, im Gegenteil. Vermutlich wird es bis Ende 2028 keine 100 Kohlekraftwerke mehr in den USA geben. In seiner ersten Amtszeit konnte der „King of Coal“ das langsame Ende der Kohle nicht verhindern, in seiner zweiten Amtszeit wird er endgültig zum „Gravedigger of Coal“. So viel zu trumpschen Wahlversprechen.

Der „green scam“ (Trump), also Wind- und Solaranlagen, die als „Other Renewables“ (eia.gov) zusammengefasst werden, erhöhte sich von 3624 (2016) auf 5918 (2020). Ein hoher kontinuierlicher Anstieg, so wie in den Jahren davor und danach. Das Ende der Kohle und die steigende Nutzung von Wind und Sonne in den USA werden auch unter Trump II nicht aufzuhalten sein. It’s the economy, stupid! Das gilt auch für Deutschland.

Eiko Schügner, Kassel

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