Weitere Briefe:Kostentreiberei und zu viel Licht

Der Mindestlohn als Vorwand, und ein Bündel von Ideen zum Energiesparen. Wenn nur die Bahn beispielsweise auch mal zugänglich wäre für Anstupser.

Preiserhöhung als Ausrede

"Mindestlohn treibt Inflation" vom 10. September:

Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München (Ifo-Institut) behauptet frech - und meiner Meinung nach falsch -, dass die Erhöhung des Mindestlohns die Inflation antreiben würde. Das ist vermutlich genauso richtig wie die Behauptung, dass dauernde Benzinpreiserhöhungen unvermeidbar seien, weil die Rohölpreise steigen. Beides hat kaum einen zwingenden Zusammenhang, wird aber von den Firmen als Begründung vorgeschoben, um ihren eigenen Gewinn zu maximieren.

Machen wir doch die Rechnung, die das Ifo-Institut sich gespart hat, (oder die sie womöglich selbst gerechnet hat, aber nicht veröffentlicht, weil es nicht zu ihrer Behauptung passt): Sechs Prozent der Arbeitnehmer erhalten etwa 15 Prozent mehr Mindestlohn, damit erhöhen sich die Lohnkosten eines durchschnittlichen Unternehmens um 0,9 Prozent.

Rechnen wir nun noch mit ein, dass die Lohnkosten ja nur einen Teil der Gesamtkosten ausmachen, dürften sich die Preise "wegen der Erhöhung des Mindestlohns" um etwa ein halbes Prozent erhöhen. Bei den derzeitigen Inflationsraten sind wir damit von "antreiben" sehr weit entfernt.

Fazit: Die Unternehmen, die mit dieser Begründung Preise merklich erhöhen, nehmen den Mindestlohn als Ausrede, um mehr Gewinn auf Kosten der Kunden (und der Arbeitnehmer, denen sie einen gerechten Lohn vorenthalten wollen) zu machen.

Holger Nachtigall, Sachsenried

Sorge um die Sauberkeit

"Mut zur Parklücke" vom 19. September

Was mich von Carsharing abhält, wäre der innere Zustand der Wagen. Wenn man in öffentlichen Verkehrsmitteln schon aufpasst, ob der Sitz einigermaßen sauber ausschaut, können Fahrzeuge im Carsharing noch ungenierter, ohne fremde Blicke, verunreinigt werden. Marcel Laskus schrieb, dass sein Testwagen sehr sauber war, ich habe aber meine Zweifel, ob die Fahrzeuge täglich gründlich gereinigt oder desinfiziert werden.

Uwe Banaszak, Düsseldorf

"Licht aus!" vom 3. August:

Kein gutes Vorbild

In Bahnhöfen sei aus Sicherheitsgründen eine Mindesthelligkeit vorgeschrieben, heißt es, woran der Konzern nichts ändern wolle. Wie zu beobachten ist, wird diese Helligkeit auch an oberirdischen S-Bahnhöfen angestrebt, indem 24 Stunden täglich (also auch tagsüber) die gesamte Bahnsteigbeleuchtung angeschaltet bleibt, wie beispielsweise an der S-Bahn-Station München-Fasangarten. Eine derartige Energievergeudung ist für einzelne Bürger, die zum Energiesparen angehalten sind, ein wenig gutes Vorbild. Telefonisch vorgebrachte Reklamationen werden von Mitarbeitern der Bahn lapidar unter anderem mit den Worten "Ich leite es weiter" beantwortet. Solches Verhalten der Bahn leistet keinen guten Beitrag zur allgemeinen Energieersparnis.

Peter Sollfrank, München

Warum erst jetzt?

Die Bahn ist der größte Stromverbraucher im Land und will nun als Vorreiter zum Energiesparen auftreten. Der im Moment leer stehende Bahn-Tower in Berlin wurde bisher hell erleuchtet. Jetzt heißt es aber: Licht aus! Warum erst jetzt?

Alle 200 000 Mitarbeiter der Bahn bekommen mit der Dezemberlohnzahlung einen Energiebonus von 100 Euro; 150 Euro werden in Aussicht gestellt, falls die Idee des Stromsparens gut angenommen wird. Der Mensch muss also belohnt werden, wenn er beim Energiesparen mithelfen soll. Mitarbeiter in staatlichen Gebäuden sollen künftig mit kaltem Wasser ihre Hände waschen, und die Heizobergrenze soll bei 19 Grad liegen. Warum erst jetzt?

Der FC Bayern will die Arena bei Abendspielen nur drei Stunden lang erleuchten, bisher waren es sechs. Warum erst jetzt? Der Branchenführer muss mit gutem Beispiel vorangehen. Das ist gut fürs Image. Vielleicht folgen ihm die unterprivilegierten Vereine.

Fazit: Der Mensch tut selten etwas um der Sache willen, er muss einen Vorteil wittern. Dann klappt es sogar mit dem längst überfälligen Energiesparen.

Monika Rumpfinger, München

Handy als Stromfresser

Es gibt einen Bereich, in dem riesiges Potenzial zum Energiesparen besteht, ohne dass der Gesellschaft irgendwelche Lebensqualität abhandenkommt. Smartphones verbrauchen einen sehr signifikanten Anteil unseres gesamten Stroms, ohne jeden Zweck. 99,9 Prozent der Energie gehen dafür drauf, Tiktok-Videos anzusehen oder täglich Hunderte von Nachrichten und Bildern darüber auszutauschen, dass man gerade Nudeln zu Mittag hatte. Sinnvolle Anwendungen wie Banküberweisungen oder den Weg zur nächsten Apotheke herauszufinden, kosten so gut wie keinen Strom. Eine starke Beschneidung, die zudem all unseren Handy-Süchtigen helfen würde, sollte dringend diskutiert werden. Ein weiterer Punkt sind übrigens Elektroroller. Komplett überflüssig, sie machen keinen Weg, den man nicht auch zu Fuß oder mit dem Bus erledigen könnte. Aber sie fressen Strom.

Martin Hiller, Berlin

Fußball-Optimierung

"Persönlichkeit und Ausstrahlung? Wie weggeblasen!" vom 1./2./3. Oktober:

Vielleicht könnte man sich aus anderen Sportarten ein paar Dinge abschauen: die Anzahl der Schiedsrichter auf dem Feld erhöhen, den Trainern ermöglichen, zwei Videobeweise zu fordern, das Diskutieren mit dem Schiedsrichter unterlassen und Verstöße auch nach dem Spiel noch ahnden, wenn abseits der Aufmerksamkeit Fouls begangen wurden. Den Videoschiedsrichter (VAR) würde ich nicht abschaffen, aber er sollte öfter eingreifen können und müssen. Fußball ist nämlich oft auch Schauspielerei, die belohnt oder gelobt wird, weil ein Elfer oder Freistoß herausgeholt wurde. Oder wir lassen das alles, schaffen den VAR ab und leben mit den Unzulänglichkeiten menschlicher Entscheidungen - und freuen uns, dass wir uns darüber aufregen können.

Michael Beck, Wolfenbüttel

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