49-Euro-Ticket:Ein Angebot mit vielen Problemen

49-Euro-Ticket: Verkehrsminister Wissing und BVG-Chef Erfurt präsentieren das neue Deutschlandticket - und haben jede Menge Platz.

Verkehrsminister Wissing und BVG-Chef Erfurt präsentieren das neue Deutschlandticket - und haben jede Menge Platz.

(Foto: Emmanuele Contini/imago)

Das vergünstigte Ticket der Bahn wirft viele Fragen auf: Wie behindertengerecht ist es? Und funktioniert es auch analog?

"So funktioniert das Ticket" und "49 Ziele für 49 Euro" beide vom 8./9./10. April:

Endstation Überfüllung

Ich habe mich sowohl über Anregungen der 49 Reiseziele für 49 Euro wie auch über eigene Reminiszenzen gefreut. Was ich allerdings vermisst habe, ist ein Postskriptum zu der Tatsache, dass diese Segnungen unserer Politik bei uns alten Menschen mit Einschränkungen wie zum Beispiel Gehbehinderung inklusive Nutzung einer Gehhilfe nur bedingt ankommen.

Nun sind wir nach Jahrzehnten Arbeit endlich in der Lage, auch unter der Woche mal für zwei Tage preisgünstig zu verreisen, und erleben in den restlos überfüllten Zügen den totalen Horror. Ich habe diese Hölle letztes Jahr - zur Zeit des Neun-Euro-Tickets - zweimal erleben dürfen. Dass ich als Behinderte Anspruch auf einen Sitzplatz habe, ist mir bewusst, allerdings kann ich mich nicht setzen, weil ich langsam bin und befürchten muss, dass ich bei meiner Endstation wegen Überfüllung ohne Hilfe den Zug nicht verlassen kann. Personal der Deutschen Bahn oder sonstiger Beförderungsunternehmen ist grundsätzlich nicht vorhanden. Die WCs sind unerreichbar wegen Überfüllung und letztendlich unbenutzbar wegen totaler Verkotung oder abgeschlossen.

Die Bahn und auch der ÖPNV sind mit diesen "Wohltaten" - dieses Jahr heißen sie "Deutschlandticket" - überfordert und handeln nach dem Prinzip "Wer mit uns fährt, ist selber schuld". Dass wir Alten und Rentner immerhin 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen, interessiert niemanden. Ich muss dieses Jahr und wahrscheinlich auch in Zukunft wieder auf einen Ausflug mit der Bahn in die Provinz verzichten, es sei denn, ich nutze ICE, EC und IC.

Sanderein Tendies, Frankfurt

In Luxemburg kostenlos

Die Zielvorschläge kommen rechtzeitig zum Ticket. Sicher kommen noch viele Ziele dazu. Unter anderem ein internationales Ziel über Trier oder Saarbrücken - Luxemburg. Denn in Luxemburg kostet der öffentliche Nahverkehr nichts. Und Luxemburg hat einiges zu bieten: die Festung, Museen, Europäische Institutionen und manches mehr.

Peter Walny, München

RE oder nicht RE?

Mit großem Interesse habe ich den Artikel gelesen, in dem deutschlandweite Reiseziele mit dem 49-Euro-Ticket vorgestellt werden. Darunter auch viele Ziele, die mit Regionalexpress erreicht werden können. Gestern habe ich allerdings in der DB-App Navigator die Bedingungen für das Ticket gelesen, welche explizit die meisten REs ausschließen.

Das pervertiert natürlich ein Ziel des Tickets, nämlich Komplikationen abzubauen. Jetzt muss man bei jeder geplanten RE-Fahrt vorher prüfen, ob es sich um einen von RE-, Regio oder RE-Fernverkehr betriebenen RE handelt. Das vereinfacht das Fahren nicht. Zudem kann man in der DB-Navigator-App nicht erkennen, um welche Art RE es sich handelt. In Ihrem Infokasten "So funktioniert's" machen Sie zwar auf den Ausschluss von ICEs, ICs und so weiter aufmerksam, erwähnen den Skandal des Ausschlusses vieler REs aber nicht.

Katrin Hufschmidt, Willich

Wider die Digitalisierung

Den Vorschlag, aus dem erfolgreichen Neun-Euro-Ticket eine gelungene Fortsetzung zu machen, kann ich nicht so sehen. Abgesehen von der Verfünffachung des Preises, der nur widerspiegelt, dass die Kaufleute der Verkehrsunternehmen von wenig überzeugenden Vorstellungen der Nachfrage-Elastizität ausgehen, sind es schon grundsätzliche Gegenargumente. Wieder geht man davon aus, es sei eine gute Sache, weil alles über das Handy gehe - nach dem Motto: papierlos und digital über alles.

Das ist es durchaus nicht; nicht weil die meisten, die handyaffin sind, sowieso mit dem Auto fahren, sondern weil Hunderttausende, die kein Handy benutzen und nicht benutzen können, alt und schwerhörig sind.

Ein zweiter Grund, auf die Superform Papier nicht verzichten zu können, so meine Meinung, sind die generellen Tücken des Handys: Kaum auf dem Belegleser aufgelegt, ohne Rückgriff auf die PIN, ist das Geld weg. Vom täglichen Ärger mit dem Aufladen und dem Zwang, sich Papierbelege, die man nun wirklich braucht, selbst irgendwo zu drucken, ganz zu schweigen.

Es ist generell der Wunderglaube, Digitalisierung sei das Heil, zumal sie so wunderbar in das tägliche Geschäft für den Verkäufer passt. Dafür spricht auch die vorgesehene automatische Verlängerung, eine wahre Pest in vielen Geschäften. Kurz, ich erwarte keinen großartigen Erfolg für das Ticket.

Götz Uebe, Eschwege

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