Klimakonferenz:Was jetzt passieren müsste

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SZ-Zeichnung: Michael Holtschulte (Foto: Michael Holtschulte (Illustration))

Auf der Klimakonferenz COP29 in Baku wird nur über minimale Ziele verhandelt, die Staaten einhalten müssten. So lässt sich der Klimawandel nicht abbremsen, meinen SZ-Leserinnen und -Leser.

„Wut, Baby, Wut“ vom 23. November, „Zu vererben: eine kaputte Welt“ vom 22. November, „Wir müssen den Hahn zudrehen“ vom 16. November, „300 Milliarden Dollar für den Klimaschutz“ vom 25. November, „Mehr Gerechtigkeit“ vom 18. November, „Sind wir beim Klimaschutz seit Paris vorangekommen?“ vom 16. November, „Preisfrage“ vom 31. Oktober:

Umweltschutz hat seinen Preis

Dass 300 Milliarden Dollar für den Klimaschutz nicht ausreichen werden, ist wohl unumstritten. Dass aber ausgerechnet Indien und Nigeria diese Zusage als völlig unzureichend kritisieren, ist empörend. Indien als der einwohnerstärkste Staat der Erde „verschuldet“ einen erheblichen Teil des gegenwärtigen Schadstoffausstoßes; erst kürzlich mussten in Delhi die Schulen geschlossen werden, weil der Smog dort gesundheitliche Schäden hervorrufen würde. Dass dann auch noch die indischen Bauern einem Jahrhunderte üblichen Vorgang folgen und ihre Ernteabfälle verbrennen, ist alles andere als klimaschonend.

Auch Nigeria mit seinen derzeit circa 231 Millionen Einwohnern ist sicherlich kein Kleinstaat und trägt damit maßgeblich zur Umweltverschmutzung bei. Wer einmal Berichte über die anarchische Erdölförderung in Nigeria gelesen hat, kann ermessen, welcher Umweltschaden allein dadurch erzeugt wird. Es ist unübersehbar, dass wir unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden; ob dies noch zu stoppen ist, kann man bezweifeln. Es ist aber unzweifelhaft, dass deutsche Anstrengungen dagegen weltweit keinerlei Einfluss haben werden.

Rolf Steinberger, München

Menschen schützen

Wenn die wirklich maßgeblichen Global Player China, Russland, Indien und demnächst die USA voll auf fossile Energie setzen, sich damit unglaublich viel Geld gewinnen lässt und dann auch noch das Völkerrecht einen nahezu vollständigen Bedeutungsverlust erleidet, dann dienen die Klimaschutzverhandlungen vermutlich mehr als Messe für Anbieter und Abnehmer fossiler Energieträger. Bei nüchterner Betrachtung ist ausgeschlossen, dass sich in der zur Verfügung stehenden Zeit die unverzichtbare verlässliche Grundlage schaffen lässt, auf die die notwendige globale Reaktion der Menschheit auf diese globale Entwicklung angewiesen ist.

Dann aber ist das ein totes Pferd, und es wäre höchste Zeit, sich dem anderen Teil des Klimaschutzes zuzuwenden: dem Schutz vor den Folgen des Klimawandels. Das verlangt eine andere Sichtweise. Womöglich haben das die amerikanischen Wähler instinktiv erkannt und sich einen Rambo ausgesucht. Wir dagegen haben bisher nicht einmal das Problem als solches akzeptiert: Was ist zum Schutz unserer Menschen zu tun? Das ist die inzwischen vorrangige Frage.

Georg Schmid-Drechsler, München

Schuld der Industrieländer

Die Diskussion um die Schuld der Industrieländer, insbesondere Deutschlands, an der CO₂-Produktion und Klimaerwärmung hat schon etwas von einer Milchmädchenrechnung. Wir sind ja eine Exportnation, und jedes Auto, jedes Flugzeug und jede Maschine, die in Drittländern genutzt wird, hat bei uns zur CO₂-Produktion geführt, das aber den Importländern erspart. Es wäre interessant, welchen Anteil die exportierten Waren an der CO₂-Produktion haben. Das könnte Deutschlands CO₂-Anteil nochmals unter 1,9 Prozent senken.

Dr. Hans Jungk, München

Dummes Forschungsmisstrauen

Alles, aber auch alles, was unseren Lebensstandard ausmacht und nicht von der Natur frei Haus geliefert wird, ist dadurch entstanden, dass gescheite, neugierige Menschen Naturgesetze entdeckt und genutzt haben. Und jetzt haben wir offenbar bis zu einem Drittel Wähler im Land, die den Forschern in genau dieser einen Sache nicht glauben, nämlich, dass der Mensch für die Erderwärmung verantwortlich ist. Warum diese komplett irrationale Dummheit? Es ist ein Verhalten wie bei kleinen Kindern, die sich die Augen zuhalten und meinen, man könne sie deshalb nicht sehen. Und der Rest? Sagt mit Unbehagen Ja – menschengemachten Klimawandel gibt es, aber die Wirtschaft ist wichtiger. Bis auf die Grünen.

Wenn das so weitergeht, werden Energie und Lebensraum für die Normalsterblichen immer teurer, man wird sich untereinander an den Kragen gehen, und die Oberschicht freut sich, dass die Reduzierung der Treibhausgase ganz natürlich durch Reduzierung des nicht wirtschaftlich nützlichen Humankapitals zurückgeht.

Wir sind hier in der glücklichen Lage, freie und geheime Wahlen zu haben. Jeder kann sich ausrechnen, zu welchem Lager er gehört, und entsprechend das Kreuzchen bei der Bundestagswahl machen.

Anna Nirschl, München

Anreize oder Verbote?

In seinem Kommentar schreibt Helmut Martin-Jung, dass man Menschen nur genug Anreize geben müsse, aber keine Verbote vorsetzen dürfe, dann klappe es auch mit dem Klimaschutz. Die Natur hat den Menschen allerdings als Egoisten erschaffen, der auf sich selbst schaut und ständig versucht, Energie zu sparen – leider nur für den Betrieb des eigenen Körpers. Bei Verboten würden die Menschen stets trotzig dagegen handeln, selbst wenn es ihnen schadete? Das würde heißen, dass sie auf einer frühkindlichen Entwicklungsstufe stehen geblieben wären. Aber man könnte durchaus versuchen, ein paar Verbote abzuschaffen: weg mit den Lkw-Fahrverboten, dann sind die Autobahnen leer. Weg mit dem Verbot der Steuerhinterziehung, und schon sprudeln die Staatseinnahmen. Her mit dem Verbotsverbot, und alle halten sich an die Regeln. Welche Verbote im Gebäudeenergiegesetz (GEG) gemeint sind, ist unklar. Vielleicht die Austauschpflicht besonders ineffizienter Heizkessel? Die gibt es seit zehn Jahren.

Im Strommarkt gibt es eigentlich einen funktionierenden Wettbewerb. Trotzdem zahlen zehn Millionen Haushalte freiwillig 5,5 Milliarden Euro pro Jahr zu viel für ihren Strom. Immer noch werden Gasheizungen in großer Stückzahl eingebaut, obwohl bereits heute Heizen mit Wärmepumpen deutlich günstiger ist. Dazu kommt eine hohe Förderung für den Einbau. Welche Anreize soll man denn noch geben? Menschen handeln irrational, besonders wenn Emotionen ins Spiel kommen, die durch Fake News angeheizt werden. Über das GEG sowie über Wärmepumpen wurden und werden viele Falschinformationen verbreitet. Das war bei den LED-Lampen ähnlich. Ach ja, ein Verbot wurde tatsächlich vor fünf Jahren ins GEG geschrieben: das Verbot neuer Ölheizungen ab 2026. Beschlossen von denen, die anderen gerne das Schild „Verbotspartei“ umhängen.

Dirk Langer, Rosenheim

Privatflüge verbieten

Innerhalb von vier Jahren stieg der CO₂-Ausstoß aus Privatfliegern fast um 50 Prozent. Privatflieger verursachen pro Personenkilometer 50-mal so viel CO₂-Ausstoß wie Bahnfahrten. Es gilt daher, Privatflüge einzustellen, auch wenn sie überwiegend durch sehr Reiche genutzt werden. Dieses Einstellen kann nur durch Verbote erreicht werden, denn Preiserhöhungen schrecken die Reichen nicht ab.

Allgemein gilt, dass mit Verboten Umweltschutz wirkungsvoller erreicht werden kann als mit Preiserhöhungen, denn sehr Reiche stören Preiserhöhungen nicht. Parteien, die den sehr Reichen verbunden sind, wettern daher gegen „Verbotsparteien“, denn diese Parteien wollen Privilegien für Reiche sichern.

Wolfgang Maucksch, Herrieden

Plastik verbieten

Um den Plastikmüll zu reduzieren, sollten die Herstellung und der Export in andere Länder verboten werden. Überall bekommt man bei täglichen Aktivitäten Plastik dazu geliefert, vor allem beim Einkaufen von Lebensmitteln. Jede Wurst oder jedes Fleisch ist in Plastikfolien eingewickelt. Brot wird in Plastikfolie eingepackt, es halte sich so länger frisch. Wir brauchen ein Plastikverbot bei Verpackungen. Aber die Politik hat keine Macht gegen die Industrie. Denn es sind nicht die Verbraucher, die die plastifizierten Verpackungen wollen, es sind die Lebensmittelkonzerne und -geschäfte. Verbietet Plastik!

Axel Bock, München

Aktien nachhaltig besteuern

Der Essay „Wut, Baby, Wut“ fasst die Situation gut zusammen, aber mit einer Initiative „Klimapolitik für Konservative“ und einem „Jetzt erst recht“ wird sich nichts Wesentliches verbessern. Appelle an Überzeugungen erreichen nur eine kleine Minderheit – einen wesentlichen Effekt für die Abmilderung der globalen Klimakrise erreichen sie nicht.

Es gibt einen emotionalen Anreiz, der viel stärker ist als Überzeugung, und das sind Geld und Profit – im Kleinen wie im Großen. Solange massive Geldströme in fossile Aktien an der Börse für sprudelnde Dividenden sorgen, fehlt das Geld für die Klimawende. Genau hier müsste die Politik – am besten natürlich global – ansetzen, und hier mal ein Vorschlag: Gewinne aus nicht nachhaltigen Aktien sollten dreimal so hoch versteuert werden. Diese Einnahmen sollten die Staaten für den Klimaschutz einsetzen. Das wäre ein Gamechanger!

Anette Nierhoff, Bochum

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