FC Bayern München:Meister der Schmerzen

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Mia san nicht mehr dabei - ehemaliger Vereinsvorstand Oliver Kahn und ehemaliger Sportvorstand Hasan Salihamidžić. (Foto: Philippe Ruiz/Imago)

Im Fernduell mit dem BVB gewinnen die Bayern die Fußball-Bundesliga. Mit dem Abpfiff verkündet der Verein die Entlassung von Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić.

"Ein Picasso im Pulverdampf" vom 30. Mai und "Und nun das Revanchefoul?" vom 27./28./29. Mai:

So was gab's noch nie

Nach der Nacht-und-Nebel-Entlassung von Julian Nagelsmann bezeichnete der Sportchef von Bild, Alfred Draxler, den FC Bayern München als den wahrscheinlich brutalsten Fußballklub der Welt. Jetzt hat der Klub nachgelegt, frei nach dem Motto: "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's gänzlich ungeniert", und hat unmittelbar nach dem Gewinn der deutschen Meisterschaft - also fünf Minuten nach dem Schlusspfiff - die Entlassung des Vereinsvorstands Oliver Kahn und des Sportvorstands Hasan Salihamidžić verkündet. So was gab's in der sechzigjährigen Geschichte der Bundesliga noch nie.

Tags drauf sind der bisherige und offensichtlich auch künftige Vereinspräsident Hainer und der zukünftige Vereinsvorstand Dreesen, strotzend vor Selbstbewusstsein, vor die Presse getreten und haben so getan, als wäre das alles business as usual.

In meinen Augen ist dies ein derart geschäftsschädigendes Verhalten, mindestens für die ganze Bundesliga, das Schadenersatzansprüche der anderen Bundesligaklubs in Milliardenhöhe nach sich ziehen müsste. Ob sich FC-Bayern-Mitglieder das gefallen lassen werden? Möglich wär's schon.

Erich Fischer, München

Revanche-Foul?

Leider hat Borussia Dortmund die Option, Meister zu werden, nicht wahrgenommen. Leider! Aber welches Verständnis der Rolle des FC Bayern München steckt dahinter, wenn Ihr Autor Claudio Catuogno die durchaus mögliche, legitime Tatsache, dass der BVB deutscher Fußballmeister geworden wäre, als Revanche-Foul bezeichnet? Gibt es ein verbrieftes Recht der Bayern auf den Meistertitel? Dann können wir die Bundesliga gleich abschaffen.

Werner Reinkunz, Rheinstetten

Wie Anstand und Fairness aussehen

Es gibt das Sprichwort: Der Fisch stinkt vom Kopf her. Wer fragt bezüglich des Managementchaos von Bayern München eigentlich nach der Verantwortung des Aufsichtsrats, besetzt ganz überwiegend von Industriemanagern und Uli Hoeneß?

War es nicht der Aufsichtsrat gewesen, der die (vermeintlich unfähigen) Vorstandsmitglieder Kahn und Salihamidžić berufen hat? Man wirft unter anderem dem Vorstand eine fehlerhafte Kommunikation bei dem angeblich überstürzten Trainerwechsel vor. Der Wechsel war doch sicherlich mit Hoeneß abgestimmt, die verfehlten teuren Spielereinkäufe vermutlich auch.

Vorstandsvorsitzender Kahn durfte am letzten Spiel in Köln nicht teilnehmen, wohl aber Vorstand Salihamidžić. So etwas kann doch nur vom Aufsichtsrat angeordnet sein. Was soll das? Respekt und Fairness sehen anders aus.

Die Abwesenheit von Kahn mit einer angeblichen Grippe zu begründen, wer ist denn für diese unglaubliche Posse verantwortlich? Bayern München hat nach einer eigentlich verkorksten Saison mit viel Dusel die Meisterschaft gewonnen. Allein Tuchel hat verhalten froh das Ende gefeiert, das war das einzig beeindruckende Verhalten aller sonst Verantwortlichen von Bayern München. Der überbordende Jubel der Spieler war vor dem Hintergrund ihrer Leistungen während der gesamten Saison maßlos übertrieben. Es sind - im Gegensatz zum Aufsichtsrat von Bayern München - Tuchel und vor allem Dortmunds Trainer Terzic, die beweisen, wie Anstand und Fairness aussehen sollten.

Claus Witt, Ahlen

Management auf bayerisch

Der FC Bayern München schwimmt offensichtlich anhaltend in Geld. Nicht gut wieder einmal für die Außendarstellung des deutschen Fußballrekordmeisters. Wer während der jüngeren Vergangenheit derart viele jeweils zweistellige Millionenbeträge für Trainer- und Spielerverpflichtungen, dazu Vorstände zahlt, kann nicht ohne Weiteres auf den Applaus seiner treuen Fans und eines kopfschüttelnden Publikums außerhalb der Stadien hoffen. Zumindest sowohl bei den kostspieligen Engagements des vorzeitig mittels einer Nacht-und-Nebel-Aktion geschassten Julian Nagelsmann als auch bei Top-Manager Oliver Kahn hätten die Verantwortlichen rechtzeitig absehen können, auf was sie sich einlassen.

Kahn stand zwei Jahre in seiner Lernphase unter engster Beobachtung seines Vorgängers Karl-Heinz Rummenigge als Vorstandsvorsitzender wiewohl unter der des Adidas-erfahrenen Präsidenten Herbert Hainer und des Vereinspatriarchen Uli Hoeneß. Sportvorstand Hasan Salihamidžić hatte praktisch freie Hand bei kostspieligen Neuverpflichtungen, bei Spielern und Trainern. Hansi Flick als aktueller DFB-Bundestrainer wusste wohl, warum er beizeiten ging. Bayern München darf sich bei einer Glücksgöttin und einem zuletzt ratlos wirkenden neuen Trainer Thomas Tuchel über zuletzt unverhoffte Meisterehren und neuen Geldsegen freuen. Einige Blessuren inklusive.

Zur angekündigten Runderneuerung des Spielerkaders sind Höchstsummen für Weltklassespieler zu erwarten. Dabei geht es auch um die Reputation und Unternehmenskultur von Deutschlands erfolgreichstem und nicht zuletzt auch mitgliederstärkstem Sportverein.

Jochen Freihold, Berlin

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