Ruf nach Denkmalschutz:Abriss der BR-Studios wäre grober bayerischer Unfug

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Rundfunk-Zeitgeschichte, und dazu noch immer von bestem Nutzen: Der Studiobau des Bayerischen Rundfunks in München. (Foto: Regina Payenberg-Zeitler/BR)

Kulturschaffende empören sich über die Pläne des Senders, rügen geschichtslose Gleichgültigkeit und schwören noch heute auf die akustischen Qualitäten der Räume.

"Das Herz des BR" vom 28. Februar:

BR verliert Klassik-Kompetenz

Es ist traurig mit anzusehen, wie der Rundfunk in Deutschland im Jahr seines 100. Geburtstags dasteht (Bayern feiert 2024 dieses Jubiläum). Insofern erscheint auch die Zukunft des historischen BR-Funkhauses als Menetekel: Anstatt stolz auf diese Geschichte zu sein und sich Konzepte auszudenken, wie diese über das Heute in die Zukunft führen, soll der geschichtsträchtige Studiobau einfach abgerissen werden: Die Brandschutzverordnung...! "Wenn diese Wände singen könnten..." - so der Titel eines gerade erschienenen Dokumentarfilms über die Abbey-Road-Studios, nach dessen Vorbild übrigens die drei großen Studios im BR entstanden. Doch diese Wände sollen zum Schweigen gebracht werden.

Freilich: Das Medium, das mal "Rundfunk" war, muss sich den medialen Herausforderungen stellen und verändern. Die organisatorischen und technischen Veränderungen sind daher konsequent und richtig und waren überfällig. Abgesehen vom drohenden Verlust historischer Identität zeichnen sich aber inzwischen weiterreichende Probleme ab. Der Umbau (oder eher: Abbruch?) mit den gleichzeitigen Baustellen Funkhaus, Freimann und Unterföhring (letzteres ein weiteres Trauerspiel) bedroht vor allem die Möglichkeiten der Eigenproduktionen von Musik. Denn diese hängen seit den ersten Tagen der Planungen unter dem vorigen Intendanten entscheidend von der Existenz (oder Nicht-Existenz) des Konzerthauses im Werksviertel und des Gasteigs ab: Über eines wurde jetzt eine "Denkpause" verhängt - die Renovierung des anderen wirft täglich mehr Fragen auf. Im fertig gebauten und bis 2025 in Betrieb gehende Wellenhaus in Freimann hingegen sind keinerlei Studios für Musikaufnahmen oder Postproduktion vorhanden. Wie geht das zusammen mit der "Klassik-Kompetenz" des BR?

Angesichts der finanziellen Lage des BR (wie aller öffentlich-rechtlichen Anstalten) mag man den himmelblauen, aber völlig unkonkreten Plänen eines "Eventzentrums" am Rundfunkplatz nur wenig Glauben schenken. Gleich um die Ecke liegt die Seidlstraße. Und ein Areal, für das der Freistaat gerade einen Rekordpreis erzielt hat...

Werner Bleisteiner, Baldham

Schauplatz für Weltkarrieren

Die Studios des BR am Rundfunkplatz bildeten für eine ungeheuer große Anzahl von Künstlern die Basis ihrer Arbeit: Plácido Domingo, José Carreras, Dietrich Fischer-Dieskau, Lucia Popp haben hier gerne gearbeitet, diese wenigen Namen mögen für alle stehen, die auf dem Höhepunkt ihrer Weltkarrieren hier aufgenommen wurden. Für viele andere begann die Karriere hier. Ich bin sehr dankbar, hier über fast vier Jahrzehnte als Tonmeister gearbeitet zu haben.

Man könnte nun vermuten, es ginge bei den Einwänden gegen den Abriss der Studios um nostalgische Gefühle Ehemaliger. Aber ganz im Gegenteil: Die Nennung der Namen von Weltstars soll lediglich auf den Wert dieser Studios für das kulturelle Leben in Bayern und international hinweisen. Dieser Bau erfüllt noch immer alle Anforderungen für professionelle Musikstudios höchster Qualität. Ein Ersatz in annähernder Qualität ließe sich heute wohl kaum mehr finanzieren.

Nun wird über "Mehrzweckstudios", die nach einem Abriss entstehen sollen, gesprochen. Aus meiner langen beruflichen Praxis kann ich sagen, dass es aus vielerlei fachlichen, akustischen und technischen Gründen ausgeschlossen ist, gleichzeitig die Anforderungen für Musikproduktionen und für Fernsehproduktionen in einem Raum erfüllen zu wollen. Mit den bestehenden Studios für Musik und den Studios für Hörspiel und Radiokunst, für aktuelle Sendungen mit mehreren Personen, die auch live Musik machen können, für Konzerte, Bälle und weitere Veranstaltungen ginge ein großes Stück Münchner und internationaler Kultur verloren. Nicht zuletzt stehen Probenräume zur Verfügung, hier ist die Heimat des Münchner Rundfunkorchesters. Die Studios sind funktionsfähig, sie sind international geschätzt und suchen aufgrund ihrer genialen Bauart weltweit ihresgleichen. Dieser einmalige Ort der Kultur wäre unwiederbringlich verloren.

Ich jedenfalls würde mir wünschen, dass das vorhandene Potenzial eher ausgebaut als abgerissen werden sollte.

Wolfram Graul, Rieseby, ehemals Cheftonmeister des BR Hörfunks

Starkes Stück bayerischer Kulturgeschichte

Auch mir blutet das Herz, seit ich höre, dass das Funkhaus abgerissen werden soll. Mit 17 Jahren hatte ich meinen ersten Rundfunkauftritt in einem der großen Studios, als ich mit einer Schülerband bei Olf Fischer zu Gast war, beim Amateurwettbewerb "Musikalische Leichtgewichte". Mit über zwanzig Jahren, als bairischer Mundartdichter und Liedermacher, lernte ich die kleinen Sendestudios kennen, bei Jugendsendungen und in Michael Skasas "Sonntagsbeilage". Und mit über dreißig, im Duo mit meiner Frau Claudia Schlenger, entstanden in den Hörspielstudios unsere Herbert-und-Schnipsi-Sketche.

Es sind wunderschöne Räume. Das Holz der Studiowände atmet. Es war immer eine Freude, dort kreativ zu sein. Nie wären wir auf die Idee gekommen, dass man diesen Ort abreißen müsste. Er steht für eine starkes Stück bayerischer Kulturgeschichte!

Nun scheint eine der "Kompromisslösungen" zu sein, die Bürogebäude zu erhalten, und "nur" die Studios abzureißen. Was für ein Irrsinn! Bürogebäude gibt es überall. Aber wo gibt es solche Studios? Hier sollte der BR ein wenig mehr Respekt vor seiner eigenen Geschichte und seiner kostbaren Bausubstanz zeigen, und wenn er schon selber nicht mehr dort produzieren will (warum eigentlich nicht?), sollte er wenigstens diese unersetzlichen Räumlichkeiten Anderen zur Verfügung stellen, die genau dort hingehören: Musiker, Kreative, Ton-Künstler!

Also, unsere Bitte: Wege finden, um die Studios zu erhalten!

Hanns Meilhamer, Simbach am Inn

Geburtsort für Radio München

Wenn man nach wirklich guten Gründen sucht, das "Funkhaus" oder wenigstens den "Studiobau" in Anbetracht seiner kulturellen Bedeutung zu erhalten und vielleicht sogar unter Denkmalschutz zu stellen, dann lassen sich reihenweise historische Begebenheiten anführen. Beispiele gefällig? Im Altbau mit dem damaligen Studio 1 und Studio 2 ist nach Freigabe durch die Amerikaner "Radio München" geboren worden. Mit der Erkennungsmelodie "So lang der Alte Peter"! Das "Studio 1" war Bühne für Unterhaltungsveranstaltungen wie "Brumml-Gschichten", "Rieglers Nudelbrett", "Der Komödienstadel", für "Bunte Abende" und für die damals bedeutsamen Faschingsbälle.

Namen der Stars von damals gefällig? Liesl Karlstadt, Michl Lang, Rudolf Vogel, Maria Stadler, Wastl Witt, Elfie Pertramer, Barbara Gallauner, Erni Singerl, Thea Aichbichler, Alfred Pongratz, Gustl Bayrhammer, Hans Pössenbacher, Michl Ehbauer, Weiß-Ferdl, Fritz Straßner, Fred Rauch oder Adolf Gondrell, Theo Riegler, Olf Fischer..., und so weiter und so fort. Dem bayerischen Brauchtum wurden Serien gewidmet. Hörspiel-Produktionen entstanden: Vom Kino-Film "Vater braucht eine Frau" mit Dieter Borsche bis zum mehrteiligen Krimi "Das Halstuch", der seinerzeit ein Straßenfeger war. Jimmy (Hans) Jungermann präsentierte Jazz. Im Kinderfunk liefen Dauerbrenner wie "Bei Wagners Trudl und Schorschi", im Schulfunk wirkten Hans Clarin, Maxl Graf und Walter Koch oder Annette von Aretin unter der Regie von Kurt Wilhelm mit.

Zu guter Letzt: Am 2. Januar 1952 lief unter der Regie von Willy Purucker die erste Sendung "Meisterhausfrau" mit Liesl Karlstadt, die alsbald zur "Familie Brandl" (mit Ernestine Koch als Autorin) wurde und zusammengenommen bis 1973 über 21 Jahre hinweg im Programm geblieben ist. Die meisten dieser frühen Aufnahmen entstanden im alten "Studio 2" Das beste Erziehungsmittel sind Lob und Tadel, wusste meine Serienmama den Hörern und Hörerinnen mitzuteilen. Dieser Funk-Epoche sollte an Ort und Stelle ein Denkmal gesetzt werden, mit oder ohne Funkhaus - aber nicht etwa eines Tages erst in Freimann!

Manfred A. J. Eder, Kelkheim/Taunus, Sohn "Ferdl" der "Familie-Brandl"-Mama Liesl Karlstadt

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