„Das ist Kunst, das muss wohl weg“ vom 5. Oktober, „Jetzt wird’s heikel“ vom 2. Oktober, „Das Ende der Vielfalt“ vom 23. September:
Ein Gedanke
Spontan fällt mir im Hinblick auf die geplante Einstellung von 3sat ein Gedanke ein, den Jens Malte Fischer vor etwa 20 Jahren ans Finale seines lesenswerten Büchleins über den unvergessen-großartigen Dirigenten Carlos Kleiber in der „Kleinen Bibliothek der Bayerischen Akademie der Schönen Künste“ setzte, den man eins zu eins auf die heutigen Überlegungen der ÖRR-Verantwortlichen zum Sterbenlassen des Kultursenders übertragen kann: „Er passt(e) zunehmend nicht mehr in eine Kultur der Beliebigkeit und Banalität, der Vulgarität und des kurzfristigen Sensationalismus, die Konzentration und Versenkung erfolgreich verdrängt, wo alles möglich und erlaubt ist, wo die Menschen den Preis von allem kennen, aber von nichts den Wert.“ So weit sind wir also bis heute seitdem gekommen. Nichts besser, nur in anderer Form daherkommend!
Klaus Schröter, Mülheim an der Ruhr
Gewinnbringende Konkurrenz
Vielen Dank für den informativen Artikel. Die teils bereits erfolgte sowie die geplante Zusammenlegung, also Zentralisierung von Sendungen, ja Programmen konterkariert meines Erachtens die andererseits geforderte Regionalisierung. Eine derartige Maßnahme hat einen politisch höchst bedeutsamen Aspekt, steht sie doch im Widerspruch zum föderalen Aufbau der Bundesrepublik. Mich erinnern diese Pläne an die Welle von Kommunalreformen, als Gemeinden zusammengelegt wurden. Das bedeutete einen Verlust an Nähe, an Vertrautem, an Heimat, was – so befürchte ich – den Verdruss von BürgerInnen an der Politik genährt und die Klientel der AfD vermehrt hat.
Vielfalt ist gerade im kulturellen und publizistischen Bereich (fast) immer ein Gewinn, bedeutet sie doch ein Mehr an unterschiedlichen, gegebenenfalls konkurrierenden Aspekten. Von Biotopen wird gesagt, dass sie widerstandsfähiger seien, wenn sie Lebensraum für ein breites Spektrum an Tier- und Pflanzenwelt bieten. Gilt Ähnliches nicht auch für die Gesellschaft und ihre Institutionen?
Dr. Wolfgang Wendt, Berlin
Weniger „Traumschiff“!
Es wird mehr als heikel, es wird dramatisch und vor allem peinlich: Gespart werden soll an der Kultur, die zum Beispiel durch das „Aufgehen“ von 3sat in Arte de facto halbiert wird, nicht aber am „Bergdoktor“, an den „Rosenheim Cops“, am „Traumschiff“ und vor allem nicht an den horrenden Personalausgaben: Warum verdient ein WDR-Intendant mehr als 400 000 Euro, der Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios Politik und Zeitgeschehen fast 200 000 Euro? Warum werden riesige Beträge für aufgeblähte Rentenverpflichtungen aufgewendet, die die Sender noch jahrzehntelang belasten werden? Warum beschäftigt und bezahlt man für Übertragungen von Sportveranstaltungen, die früher ein Kommentator allein bewältigt hat, ganze Heerscharen von Kommentatoren, Co-Kommentatoren, Moderatoren, Analysten und „Experten“? Es ist zu befürchten, dass Wissenschaftssendungen und Berichterstattungen über die Künste künftig stark reduziert werden, mit Übertragungen von Skiläufen mit Gewehr auf Kunstschnee (vulgo Biathlon) aber weiterhin im Winter das halbe Sonntagsprogramm bestritten wird.
Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann, Berlin
Gott mit dir, du Text der Bayern!
Herzlichen Glückwunsch, liebe Intendanz und Chefredaktion des BR! So lassen sich in der Tat Millionen einsparen, und die Auflagen der bayerischen Tagespresse schnellen wieder nach oben. Nachdem in den letzten Jahren mit schamhaft hohen Beträgen an Steuergeldern das Landschaftsschutzgebiet in Freimann mit nichtssagenden Bauten versiegelt wurde, muss der BR – zur großen Überraschung aller – nun sparen. Bauten für welche Redaktionen eigentlich, fragt man sich nach der Sitzung des ARD-Rundfunkrats. „Verzichtet“ der BR doch ab 2025 nicht nur auf seinen eigenständigen Videotext; vor wenigen Jahren noch großartig zum „Bayerntext“ befördert.
Dabei dürfte den Bayerinnen und Bayern – auch den älteren und ärmeren, die auf diese Dienstleistung angewiesen sind – bewusst sein, dass sich damit keine gewaltigen Summen einsparen lassen. Doch zum Trotz, ein Bauernopfer soll nicht nur dies leisten, sondern auch dafür sorgen, dass die privaten Zeitungsverleger wieder Geld verdienen, so zumindest wünscht es sich die Politik: Eine in den letzten Jahren unwürdig zusammengesparte Redaktion, die mit herausragendem Engagement und großem Arbeitsethos agiert, soll das Loch stopfen. Ein Überbleibsel aus der Vergangenheit wird da hingerichtet, mit beachtlichen Nutzerzahlen im Übrigen: 420 000 pro Tag! Ein Überbleibsel von einmaliger Schnelligkeit und Aktualität, deutschlandweit wertgeschätzt. Ein Überbleibsel, das in unvergleichlich kompakter Weise das Neueste und Wichtigste aus Bayern präsentiert. Aber eben nur für jene Menschen, die „nur“ über einen Fernseher verfügen.
Nüchtern betrachtet sollen hier offenbar nicht nur sagenhafte Summen eingespart werden. Nein, nüchtern betrachtet werden dem Gebührenzahler auf diese Weise schnelle, zuverlässige und frei verfügbare regionale Informationen vorenthalten, die der ARD Text nicht darstellen wird. Gratulation noch mal, an die Intendanz und Chefredaktion, die offenbar nicht nur über einen hohen finanziellen Sachverstand verfügt, sondern ihren öffentlichen-rechtlichen Auftrag gegen die Politik so redlich verteidigt. Dem mag man nur hymnisch entgegnen: Gott mit dir, du Text der Bayern.
Dr. Birgit Seidenfuß, München.
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