Berlin-Kritik der CSU:Ziemlich abgedroschenes Ablenkungsmanöver

Es ist Wahlkampf in Bayern, und da deutet die Mehrheitspartei lieber auf das, was in der Hauptstadt nicht klappt, als auf das, was daheim schiefläuft.

"Kann man Berlin reparieren?" vom 25. Januar und Kommentar "Berlin-Bashing geht immer" vom 9. Januar:

Bayern hat eigene Probleme

Es ist schön, in der Süddeutschen Zeitung einmal einen Kommentar zu lesen, der sich kritisch mit dem Berlin-Bashing bayerischer Politiker auseinandersetzt - aber leistet nicht auch Ihre Zeitung dieser unsachlichen und überzogenen Kritik sehr oft Vorschub? Und übersehen Sie dabei nicht immer wieder, dass auch in und um München nicht immer alles nach Wunsch und Plan geht? Sind nicht beim Flughafen München vom Antrag auf Genehmigung bis zur Inbetriebnahme 23 Jahre vergangen? Hat man nicht mehr als 20 Jahre lang über die Errichtung eines Konzerthauses diskutiert? Und was ist mit der zweiten S-Bahn-Stammstrecke? Finanzierungsvereinbarung von 2016 über 3,2 Milliarden Euro, geplante Fertigstellung 2028 - aktueller Stand: Kosten 7,0 Milliarden Euro, Fertigstellung 2035.

Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann, Berlin

Söder-Bashing geht immer

Es ist ja fast rührend, wie Boris Herrmann versucht, dem "gebashten" Berlin zur Seite zu springen. Die Tatsachen sind aber, wie sie sind. Berlin wird ganz einfach schlecht und unfähig regiert. Sogar die eigenen Korrespondenten der SZ beschweren sich über die unzumutbaren Wartezeiten bei Anmeldungen oder Ummeldungen oder über die "schäumende Ideologie" der Grünen-Verkehrssenatorin in dem Artikel jüngst zur sogenannten Beruhigung der Friedrichstraße. Vom bananenrepublikanisch anmutenden Versagen bei der jüngsten Bundes- und Landtagswahl ganz zu schweigen. Warum sollten CSU-Politiker dies zu Beginn eines Wahlkampfjahres nicht aufgreifen und vor ähnlichen Szenarien warnen, die Bayern bevorstehen könnten, wenn ähnlich kompetente Politiker wie die in Berlin in diesem Bundesland an die Macht kommen sollten? Diese Berechtigung erscheint mir umso mehr gegeben, als Bayern über den Länderfinanzausgleich Berlin jährlich mit mehreren Hundert Euro pro Einwohner unterstützt. Wenn es überhaupt ein Bashing gibt, dann ist es das allmählich auf die Nerven gehende ständige Bashing des das Land sehr erfolgreich regierenden Ministerpräsidenten Söder. Söder-Bashing geht immer, oder?

Werner Geissler, München

Berlins negative Einstellung

Als ehemaliger und langjähriger (West-)Berlin-Bewohner bin ich der Stadt immer noch verbunden, aber froh, dort nicht mehr zu leben und zu wohnen. Belustigend ist der Wunsch von Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey - einer durchaus sympathischen und empathischen Frau -, Berlin gleich nach Barcelona als "zweitlebenswerteste Stadt" einstufen zu wollen; die meisten Berlinerinnen und Berliner würden sich darüber sehr freuen, wenn dem nur so wäre.

Berlin krankt leider an der eigenen Einstellung und dem dauerhaften Politikversagen. Was soll denn bitte in Berlin gehen? Konkrete Pläne, Vorstellungen und Umsetzungen, ideologiefreie Diskussionen in der Migrantenfrage sowie zu den Parallelwelten in einzelnen Berliner Bezirken? Bandenkriminalität, ein pausenlos verschuldeter Haushalt und ein hilfloser Senat mit Pleiten-, Pech-und Pannen-Erfahrungen?

Um Berlin zu reparieren, müssen erst einmal die "Handwerker" ausgewechselt und wirtschaftspolitische Grundkompetenz wieder in die Köpfe der Verantwortlichen implementiert werden. Insofern können die Berlinerinnen und Berliner noch lange darauf warten, bis sich Markus Söder darüber ärgert, dass die "Stadt alles hinbekäme". Ich vermute eher Freude bei Markus Söder, wenn Berlin alles hinbekäme, weil dann weniger Geld von Bayern nach Berlin über den Länderfinanzausgleich überwiesen werden müsste.

Jan-Patrick Jarosch, München

Auch die CSU hat Unerledigtes

Nicht enden wollende Pleiten und Skandale, eine vermurkste Energiepolitik: Der verzweifelte populistische Aktionismus der CSU-dominierten Staatsregierung ist angesichts der bevorstehenden Landtagswahl verständlich, lassen sich doch damit offenbar immer noch zahlreiche Wählerinnen und Wähler von unerledigten Hausaufgaben ablenken. So zum Beispiel bei uns Anrainern der Schwabach in Erlangens Norden: Obwohl das Land bereits 2009 für einen verbesserten Hochwasserschutz an der Schwabach höchste Priorität sah, wurde seither nicht mit den erforderlichen Baumaßnahmen begonnen.

Klaus Werner, Erlangen

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