„Nur Strohfeuer“ vom 23. September, „Ja was denn nun, Autohersteller“ vom 20. September, „Die große Auspuff-Angst“ vom 19. September:
Die Krise selbst lösen
Die deutsche Autoindustrie steckt in der Krise. Das ist vor allem das Verdienst der deutschen Autohersteller. Vor circa zehn Jahren haben sie zwei entscheidende Chancen zum Thema Elektromobilität ausgeschlagen: Tesla fragte an, ob man Batterien gemeinsam entwickeln und nutzen wollte. Das hätte viel früher zu einheitlichen Ladestation und zu einem viel größeren Netz geführt und damit mehr Nachfrage. Die Deutsche Post fragte auch alle an, ob sie mit ihnen ein preisgünstiges und robustes E-Transportfahrzeug entwickeln wollten. Sie musste es selbst mit einem kleinen Uni-Startup entwickeln, Streetscooter, und fährt inzwischen 24 000 Fahrzeuge davon, will bis 2030 auf 80 000 aufstocken. Ein Erfolgsmodell - nur ohne die deutschen Autohersteller.
Das ist eine selbstgefällige, behäbige Branche, die nur an hohen Gewinnen für ihre Eigentümer interessiert ist. Mehrere Firmen waren an einem üblen Betrug der Verbraucher in Bezug auf Diesel-Schadstoffausstoß beteiligt. Jetzt müssen wir eine klare Botschaft an die Politik geben: Bitte retten Sie diese Branche nicht mehr mit unserem Steuergeld! Zuallererst müssen einmal die Familien, die sich Milliarden an Gewinnen ausgeschüttet haben, diese wieder in ihre Firmen investieren. Dann müssen sie kleine, preiswerte E-Autos für die Normalverdienerinnen bauen - und für Handwerk, Taxi, Kleinbusse und so weiter. Damit erhöht man signifikant den Absatz von E-Autos in Deutschland.
Es hilft nicht, auf den Absatz von Verbrennern in anderen Ländern zu setzen - China hat dieses Jahr 40 Prozent E-Auto-Quote bei Neuwagenzulassung, und nächstes Jahr 50 Prozent. Auch andere Länder haben ein Verfallsdatum für Verbrennungsmotoren, und das ist bald.
Andrea Heck, Nürnberg
Planlos
Deutschland hatte bis vor wenigen Jahren ein Produkt, das dem Land eine einzigartige Stellung in der Welt samt Millionen Arbeitsplätzen sicherte: hochentwickelte und technisch perfekte Kraftfahrzeuge, mit denen man pro Tankfüllung tausend Kilometer fahren konnte, das Auftanken war in fünf Minuten erledigt. Aus Marketingsicht unschlagbar. Die ganze Welt - von Südamerika bis China - riss sich um diese Produkte. Wer es sich leisten konnte, kaufte sich ein deutsches Auto.
Doch dann kam die Politik. Schwafelte davon, dass ein Umstieg nötig wäre, denn E-Autos würden „kein CO₂ ausstoßen“. Aus fachlicher Sicht absoluter Humbug, denn die Energie muss ja wohl von wo herkommen. Rasch kam aus Brüssel der Vorstoß, ab 2035 in ganz Europa keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr zuzulassen, dies gekoppelt mit der absurden Behauptung, der nötige Strom könne durch Solarmodule und Windräder erzeugt werden. Atomkraftwerke - sicherlich auch problematisch - wurden abgestellt, ohne Alternativen zu besitzen.
Als die Russen in einige östliche Provinzen der Ukraine eindrangen, schnitt man sich kurzerhand vom billigen russischen Erdgas vor der Haustüre ab, ersetzen möchte man dieses durch teures und wesentlich umweltschädlicheres Frackinggas, das erst verflüssigt und mit Tankern angeliefert werden muss. Nun reist Robert Habeck im Lande herum und tut so, als wolle er die von ihm und seinen Komplizen zerstörte Autoindustrie retten.
Martin Gasser, Neumarkt
Macht endlich Schluss!
Viele Jahre hatten unsere Autoproduzenten Zeit, sich auf neue CO₂-Regelungen einzustellen. Da man sich zu sehr auf die FDP verließ, glaubte man, die Neuregelungen aus Brüssel aussitzen zu können. Nun erkennen wir, wie falsch diese Haltung war. Und die Verantwortlichen? Geben sie zu, dass sie bewusst falsch gehandelt haben? Nein! Hört man Vertreter von CDU/CSU/FDP, dann sind es die Grünen, die für unser Scheitern verantwortlich zeichnen. Diese Parteivertreter haben mit allem zu tun, nur nicht mit Klimaschutz! Jahrelang verwies man auf den florierenden Markt in China. Auch damit ist es jetzt vorbei.
Für all dies sind nicht die Grünen verantwortlich. Und deshalb ist das Geschrei von Söder, Merz und Lindner gegen die Grünen absolut hirnrissig. Übrigens: Im kommenden Jahr werden viele Tausend Wohneigentümer eine Wärmepumpe eingebaut haben und hohe Prozente vom Staat für den Einbau kassieren. Das Geschrei gegen die Grünen dient allein dazu, von der eigenen Unfähigkeit abzulenken.
Marcus Schlüter, Weil im Schönbuch
Nicht sehr smart
Bedauerlicherweise gehen ja die Verkaufszahlen von E-Autos gerade derzeit zurück. Die Gründe für diese Kaufzurückhaltung sind vielfältig. Allerdings muss es einen nicht wundern, wenn man sieht, wie zum Beispiel ein deutscher Autobauer mit seinen „E-Kunden“ umgeht. Ich habe mir im Oktober 2023 einen E-Smart gekauft, für den es natürlich auch eine passende App gibt („smart EQ control“) für Ladezustand, Reichweite, Vorklimatisierung und Ähnliches, wie halt bei allen anderen neueren E-Autos auch.
Am 1. Juli erhielt ich eine E-Mail von Mercedes-Benz, dass diese App zum 31.12.24 ohne Nachfolger eingestellt wird. Als Begründung wurde die Abschaltung der 2G/3G-Netze durch die Telekommunikationsanbieter angegeben. Auf meine Nachfrage hin wurde mir von Mercedes-Benz bestätigt, dass in meinem neuen E-Smart tatsächlich ein Chip nur für die alten Netze eingebaut wurde. Eine Umrüstung auf die neueren 4G/5G-Netze sei nicht geplant. Die längst angekündigte Abschaltung der 2G/3G-Netze musste bestimmt auch Mercedes-Benz bekannt gewesen sein. Somit dürfte der Fall einzigartig sein, dass es für ein E-Auto des Baujahrs 2023 keine passende App mehr gibt. Eine derartige Rückständigkeit einer deutschen Weltfirma zuungunsten ihrer Käufer von E-Autos kann man nur noch als peinlich bezeichnen. Oder noch besser: als typisch.
Rainer Pippig, Neuried
Sinnvolle Anreize bitte
Eine Prämie von 6000 Euro wäre sicher hilfreich, aber wirksam wäre sie, wenn es E-Autos für die Stadt gäbe, für 25 000 Euro, die dann nur noch 19 000 Euro kosten würden. Dickschiffe mit 600 PS, wo die Batterie schon eine Tonne wiegt, bedürfen sicher keiner Förderung durch Steuergelder. Um E-Autos für eine breite Allgemeinheit interessant zu machen, müsste es für deren Nutzung Vorteile geben, die Verbrenner nicht bekommen, etwa die Nutzung von Busspuren in Städten oder kostenloses Parken auf öffentlichen Parkplätzen für zwei oder vier Stunden. Auch Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer für die ersten drei Jahre wäre hilfreich. Oder kostenloses Aufladen an öffentlichen Gebäuden: Pass verlängern lassen und in der Zwischenzeit E-Auto kostenlos aufladen. Um das E-Auto einer breiten Masse schmackhaft zu machen, muss es massive Vorteile gegenüber Verbrennern haben. Nur der Klimaschutzgedanke ist für die meisten Autokäufer nicht die oberste Priorität.
Peter Fendt, Marktoberdorf
Chance vertan
Wer hat schon Angst vor dem E-Auto? Deutschland als Automobilland - VW, BMW, Daimler, Audi - hat sich mit dem Verbrenner eine „goldene Nase verdient“. Nun hat China mit dem E-Auto und großem Absatzmarkt im eigenen Land den „Spieß“ einfach umgedreht. Wer zu spät kommt, der wird bestraft - nicht das VW-Management, sondern bis zu 30 000 Arbeitnehmer verlieren ihren Job. Die „Zeitenwende“ ist überall sichtbar und hinterlässt tiefe Spuren. Transformation erfordert Investitionen in die Zukunft - die vornehmste Aufgabe kostet erst einmal viel Geld, und erst danach kommt der Unternehmensgewinn.
Thomas Bartsch-Hauschild, Hamburg
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