Amsterdam:Problematische Gewaltexzesse

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Nach Auseinandersetzungen im Umfeld eines Fußballspiels werden in Amsterdam mehrere Personen festgenommen. (Foto: MICHEL VAN BERGEN/Michel Van Bergen via REUTERS)

In Amsterdam kommt es im Umfeld eines Fußballspiels zu Ausschreitungen. Die wiederum lösen eine Kontroverse über antisemitische Motive aus.

„Eine pechschwarze Nacht“ und „Hassdenken“, beide vom 9. November:

Hass und Gewalt

Ich kann mich nur auf den Fernsehbericht berufen, den ich über das Aufeinandertreffen der jüdischen Fußballfans mit arabischstämmigen Männern mitbekam. Ich sah zwei Szenen, die mich beide schockierten. Das eine war das entsetzliche Bild, wie jüdische junge Männer von Schlägertypen verfolgt wurden und offensichtlich um ihr Leben rannten. Das andere war ein Bild, das ich genauso widerlich fand. Grölende Männer sangen, ich hoffe, dass ich das in der Übersetzung richtig verstanden habe, vom Sieg ihrer Soldaten und von der Vernichtung der Menschen in Gaza. Beide Szenen zeigen tödliche Gewalt und beide Szenen drängen sich auf. Ich kann die eine nicht ohne die andere sehen.

Und genauso kann ich die vergangenen Ereignisse in ihrem unversöhnlichen Hass und ihrer hemmungslosen Brutalität nur zusammen sehen: Fröhlich feiernde Menschen wurden von Hamas-Kämpfern überfallen und als Geiseln verschleppt, ob sie in ihren unterirdischen Verliesen noch leben, weiß man nicht. Ich möchte, wenn ich daran denke, weinen. Ich möchte auch weinen, wenn ich an die Ereignisse denke, die aus dieser Tat folgten: Gaza, ein Gebiet, in dem Millionen Menschen leben, wurde bombardiert, in eine Mondlandschaft verwandelt, Menschen flohen von einem Teil ihres Landes in den anderen und wieder zurück, Tausende starben, Lastkraftwagen, die der leidenden Bevölkerung Lebensmittel, Wasser und Medikamente bringen sollten, wurden an der Einfahrt gehindert.

Hass und Gewalt, tödlicher Hass und tödliche Gewalt. Ich stehe außen. Ich ringe die Hände und möchte jede Seite bitten, sich nicht vom Hass überwältigen zu lassen und auch die Not der anderen Seite zu sehen. Aber genau dieser versöhnende Blick ist Israelis und Palästinensern in ihrem ohnmächtigen Hass nicht möglich. Damit, Hoffnung, dieser Blick einmal möglich wird, sollte, wenn wir einen Ausbruch von Hass und Gewalt erleben, das Leid beider Völker in unserer Klage Sprache finden.

Ursel Heinz, Herten

Kritikwürdiges Verhalten

Unisono werden die Vorfälle in Amsterdam als Pogrom gegen israelische Menschen beziehungsweise Juden im Allgemeinen hingestellt, obwohl von Anfang an Belege vorlagen, dass es im Vorfeld massive Provokationen von nationalistischen israelischen Maccabi-Tel-Aviv-Fans gab, die antiarabische und antipalästinensische Sprechchöre grölten und Palästina-Fahnen von Häusern herunterrissen und meinten, sie könnten sich in Amsterdam benehmen wie in Tel Aviv.

Gewiss: Gewalt gegen Menschen ist abzulehnen. Aber genauso sind Provokationen zu verurteilen, wenn Menschen lautstark „Tod den Arabern“ oder „Wir werden den Krieg gewinnen“ schreien. Das Ganze unisono als Zeichen von Antisemitismus darzustellen und die israelischen Provokateure von Schuld freizusprechen, ist unerhört. Selbst in israelischen Zeitungen wurde das Verhalten der Maccabi-Fans stark kritisiert!

Björn Luley, Frankfurt am Main

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