Alkoholkonsum:Gefährliches Spiel mit dem Feuerwasser

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Verbindet Menschen, wenn mäßig genossen – und macht süchtig und zerstört Bindungen. Foto: Zacharie Scheurer/dpa (Foto: Zacharie Scheurer/dpa)

Leser sehen den Hinweis auf die sozial förderliche Komponente mäßig genossenen Alkohols als riskante Verharmlosung.

„Auf die Freundschaft“ und „Ein Jahr ohne Alkohol“ vom 11./12. Januar, „Saufen ist doch keine Kunst“ vom 1. Januar:

Hopfen und Malz nicht verloren

Der Dry January ist noch nicht vorbei, und schon fürchten viele, dass Hopfen und Malz endgültig in Deutschland verloren sind. Da müssen geschwind Studien her, um den angekratzten Ruf unserer Lieblingsdroge wiederherzustellen. „Mäßiger Alkoholkonsum kann Gefühle intensivieren und die Qualität von Gesprächen steigern“, heißt es zur Verteidigung prominent auf der Titelseite. Ein, zwei oder drei Gläser: Was mäßiger Konsum konkret heißt, diese Antwort bleibt uns der Autor allerdings schuldig. Zu dehnbar ist der Begriff. Ein Gewohnheitstrinker wird gewiss etwas anderes darunter verstehen als der Suchtmediziner.

Laut Artikel zeige die Studie, dass „mäßiger Alkoholkonsum Nähe zwischen Menschen stiften und positive Gefühle verstärken kann“. Ich dachte eigentlich, dass gemeinsame Werte und Anschauungen dies täten. Ganz ehrlich: Selbst mit einem Montrachet-Cuvée könnte ich mir einen Björn Höcke nicht sympathisch trinken. Was ich sagen will: Jeder soll nach seiner Façon glücklich werden – ob mit oder ohne Alkohol. Aber bitte hört auf, die Gefahren, die von ihm ausgehen, zu relativieren.

Andrea Saggau, München

Überflüssiger Artikel

Man ist geneigt, auf den SZ-Autor das Glas zu heben – fühlt man doch durch seinen Artikel die Erlaubnis, Alkohol (immerhin spricht er von „mäßig“) wenigstens zur Beziehungspflege zu konsumieren. So nachvollziehbar die angesprochene Studie sein mag, so falsch ist die Aussage, es lasse sich ohne Alkohol Verbundenheit mit anderen Menschen schwerer herstellen, geschweige denn – wie es anklingt –, ein launiger Abend verbringen. In einem Land, in dem durch Alkohol legal regelmäßig großer Schaden angerichtet wird, ist ein derartiger Artikel zumindest absolut überflüssig.

Angelika Baer, Schömberg

Undifferenzierte Darstellung

Als treuer jahrelanger Leser der SZ möchte ich hiermit mein Entsetzen hinsichtlich des Abdrucks des oben genannten Artikels auf der Titelseite der SZ ausdrücken. Wie kann es sein, dass trotz der inzwischen gut wissenschaftlich begründeten Fakten hinsichtlich der durch Alkohol verursachten Schäden Alkohol immer noch als Schmiermittel für Geselligkeit propagiert wird? Auch wenn es Studien gibt, welche die positiven Aspekte von Alkohol betonen, überwiegen meiner Meinung nach die negativen Aspekte deutlich und verursachen persönliches Leid und erhebliche volkswirtschaftliche Schäden. Es kommt meiner Meinung darauf an, das positive Narrativ von Alkohol zu bekämpfen, und eine Zeitung wie die SZ sollte hier nicht dagegen arbeiten, zumal es inzwischen perfekte alkoholfreie Alternativen gibt, mit welchen sich auch ein geselliger Abend gestalten lässt. Ich würde mir daher von der SZ wünschen, solche Aspekte in Zukunft differenzierter darzustellen.

Dipl.-Ing. Univ. Wolfgang Rothmayer

Verharmlosend

Das nennt man wohl eine Steilvorlage für den Alkohol, mit der der SZ-Autor auf der ersten Seite fürs Trinken wirbt, weil damit so schön Verbundenheit herzustellen ist. Ja, natürlich, mit „mäßigem Trinken“ lässt sich diese bei den verschiedensten Anlässen herbeiführen, meist bleibt es nicht dabei, und je mehr Alkohol, umso besser gelingt es, Nähe sowie Verbindungskraft mit seinen Mitmenschen herbeizutrinken. Der Autor hat profunde Gründen aus verschiedenen Studien gesammelt, die er kritiklos wiedergibt. Merke, nur mit Mineralwasser kommen Zufriedenheit, Freude und Amüsiertheit nicht, dafür bleiben Zweifel, Sorgen und Ängstlichkeit; so was auf Seite eins der Wochenendausgabe, geht es noch? Empfehle dem SZ-Verfasser einen Besuch auf einer Entzugsstation und Gespräche mit Menschen, die mit „mäßigem Trinken“ ihre Alkoholiker-Karriere begonnen haben. Alkohol verbindet nicht nur, er zerstört auch Bindungen, Familien und die Gesundheit.

In der Kolumne „Schön doof“ zieht eine andere SZ-Autorin diejenigen ins Lächerliche, die über Erfahrungen berichten, wie man mit Abstinenz zumindest ein Jahr ohne Alkohol auskommen kann, und stellt einen völlig unpassenden Vergleich mit Büchern von Frauen her, die doch auch Bücher über ihre Schwangerschaft und Stillzeit verfassen könnten. Wäre das Thema Alkohol gerade in unserer Gesellschaft nicht so brisant, man könnte schmunzeln über die Kolumne. Zwei Beiträge in der SZ, welche das Thema zu Unrecht verharmlosen. Traurig.

Norbert Sandermann, Hannover

Für und gegen den Konsum

Ich habe das Buch von Kast gelesen. Aus meiner Sicht hat er sehr gut und präzise dargestellt, warum er Alkohol aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr trinken will. Ich kann seine Gründe sehr gut nachvollziehen. Der SZ-Autor zweifelt diese Gründe in seinem Artikel auch nicht an. Er argumentiert aber, dass es auch soziale Gründe gibt, Alkohol in Maßen zu trinken. Das hätte Herr Kast erwähnen sollen. Daher scheint er eine Abstinenz in der Abwägung zwischen den gesundheitlichen und sozialen Folgen für sich persönlich abzulehnen und spricht sich für einen maßvollen Umgang mit Alkohol aus.

Die Wirkung von Drogen wie Alkohol haben immer auch Wirkungen auf die Psyche. Es gibt das „Recht auf einen Rausch“, fordern viele. Wenn man aber weiß, welche negativen Wirkungen der Alkoholkonsum insgesamt für die Gesundheit der Bevölkerung hat, frage ich mich, ob so eine Argumentation pro Alkohol wirklich auf die Titelseite der SZ gehört. Vielen Menschen gelingt wegen der Wirkung als Droge ein maßvoller Umgang mit Alkohol leider nicht. Es erscheint mir, dass sich der Verfasser noch nicht ausreichend über die auch sehr negativen Auswirkungen von Alkoholkonsum informiert hat.

Dr. med. Lothar Volbracht, Essen

Alkohol-Abo

… und drei Seiten weiter in der digitalen Ausgabe das Wein-Abo der SZ abschließen. Na ja, geht doch. Auf ein gutes Neues!

Mathias Prange, Bargteheide

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