WeißbüschelaffenSensible Tiere, unsensible Forschung

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Tierschützer demonstrieren am 20.12.2014 in Tübingen gegen den Einsatz von Affen in der Forschung.
Tierschützer demonstrieren am 20.12.2014 in Tübingen gegen den Einsatz von Affen in der Forschung. (Foto: Michael Latz/dpa)

Dass diese Affen einander Namen geben, regt die Forscherfantasie an – und das wiederum bringt Tierversuchsgegner dagegen auf.

„Du kannst mich Affe nennen“ vom 4. September (Wissen):

Nutzlose Tierquälerei

Ein Neurowissenschaftler des wegen seiner Tierversuche umstrittenen Ernst-Strüngmann-Instituts (ESI), Frankfurt, berichtet über die Kommunikation sozialer Weißbüscheläffchen und empfiehlt, Gehirnversuche an ihnen zu machen.

Bei typischen Versuchen zu solchen Fragestellungen werden Tieren operativ Apparate in die Schädelknochen, auf die Köpfe aufgeschraubt, ihnen werden Sonden ins Gehirn gespießt, sie werden stundenlang in und an Apparaturen festgeklemmt und fixiert, sie werden nicht artgerecht gehalten, man lässt sie vorsätzlich dursten, es kommt zu Entzündungen, die Apparate am Kopf werden ein Stück versetzt, und so weiter. Die Ergebnisse sind kaum auf den Menschen übertragbar. Dieser Neurowissenschaftler fordert also traurigerweise Tierquälerei ein, weil Weißbüschelaffen so kommunikativ sind. Das wird die Tierversuchszahlen erhöhen und Neurowissenschaftler, Tierzüchter und Futterhersteller alimentieren.

Wenn ich wirklich etwas zum Menschen erfahren will, dann muss ich – wenig invasiv - an dem Menschen forschen, der sein Einverständnis erteilt hat. Versuche an Tieren vor allem deshalb durchzuführen, weil sie sich ja nicht wehren können, ist zutiefst unethisch. Es wäre endlich an der Zeit, dass Tierlabore überall unabhängige Journalisten in ihre Labore lassen, die uns dann auch die Perspektive der Tiere darstellen. Im Übrigen bin ich dafür, dass die Makakenaffen Homer und seine Kollegen endlich vom ESI in Pflegestellen abgegeben werden. Die Affen und die Wissenschaft haben Besseres verdient. Macht endlich Schluss mit den Tierversuchen. Sie sind gesellschaftlich und oft auch wissenschaftlich nicht mehr akzeptiert.

Dr. med. Christina Gerlach-Schweitzer, Bonn

Es geht auch ohne Tierleid

Allgemein sind Tierversuche ein ethisches Verbrechen, das in der heutigen Zeit nichts mehr zu suchen hat. Auch vermeintliches Menschenwohl rechtfertigt meiner Meinung nach kein Tierleid. Die allermeisten Versuche sind außerdem nicht auf den Menschen übertragbar, sodass bis zu 95 Prozent (!) der an Tieren getesteten Medikamente gar nicht auf den Markt kommen. Dafür werden allein in Deutschland jedes Jahr über drei Millionen fühlende Lebewesen verstümmelt und getötet. Es gibt mittlerweile zahlreiche tierleidfreie Alternativen zu Tierversuchen, wie In-vitro-Modelle oder Multi-Organ-Chips, die auf jeden Patienten individuell zugeschnitten werden können. Diese Alternativen werden laufend ausgebaut und verbessert und von vielen Staaten, die bereits Ausstiegspläne aus Tierversuchen vorgelegt haben, wie beispielsweise den Niederlanden, Norwegen, dem Vereinigten Königreich oder den USA, angewandt. Hierzulande scheint es bis dahin noch ein weiter Weg zu sein. Tierleidfreie Alternativmethoden werden kaum gefördert. Der allergrößte Teil des Geldes fließt in die Tierversuchsindustrie, sodass Deutschland Gefahr läuft, den Anschluss an eine moderne Forschung zu verpassen.

Jörg Gaiser, Baiersbronn

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