AfD-Kritik am Bauhaus:Völkische Verunglimpfung

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Bedeutender Ort des Architektur-Klassikers Bauhaus: Dessau. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

SZ-Leser sehen die Attacke von Rechtsaußen auf deutsche Bauhaus-Architektur als Aufgalopp eines rückwärtsgewandten Kulturkampfes - und warnen davor.

"Unheimlich, dumm" vom 24. Oktober:

Plumpe Diskreditierung

Die AfD-Drucksache zum Bauhaus ist natürlich keine „Parodie“. Das in der Tat „dumme“ Papier vom Oktober 2024 ist nichts weiter als eine plumpe Nacherzählung von 1924, als die erste vaterländische Verunglimpfung des Bauhauses stattfand; die schlechte Kopie verrät sich durch die historische Vokabel „Bausünden“. Vor 100 Jahren wurde das Bauhaus von rechten Politikern aus Weimar vertrieben. Es waren diese Freunde der deutschen Klassik und des (älteren) Goethischen Gartenhauses, die sich wenig später als völkische Heimatschützer profilierten. 1928 taten sich in Saaleck bei Naumburg vor allem drei einflussreiche, konservative Architekten im so genannten „Block“ zusammen: Der Rassist Paul Schultze-Naumburg, der Grenzlanddeutsche Paul Schmittenner und der Lothringer Paul Bonatz. Mit dieser „Alternative“ gegen den Berliner „Zehnerring“ der Moderne verteidigten sie ihre glühende Heimatromantik gegen „internationale Verwässerung“ (Schmitthenner). Also auch gegen die italienische „Gruppo 7“, den niederländischen „De Stijl“ und den frühsowjetischen Konstruktivismus, gegen die modernen Strömungen in Österreich und der Schweiz und gegen Le Corbusier, nicht nur gegen das in die Industriestadt Dessau geflohene Bauhaus. Die fremden- und europafeindliche AfD wärmt konsequenterweise diese alte Heimatsentimentalität wieder auf.

Das Bauhaus ist natürlich wie jede andere Kunstschule oder TH mit kritischem Abstand zu betrachten. Das geschieht ja auch. Aber dass Zeichnungen von KZ-Baracken – eine der anspruchslosesten Aufgaben für einen Architekten – unter anderem von einem ehemaligen Bauhausschüler stammen, kann die Schule nicht diskreditieren, so als ob man den Barackenbau dort studiert oder gar kultiviert hätte. Trotz mancher zeittypischer Verwicklungen mit extremistischen Ideen der Politik ist das Bauhaus bis heute die berühmteste Kunstschule Deutschlands mit enormer internationaler Wirkungsgeschichte.

Dr. Dietrich W. Schmidt, Stuttgart

Kulturkampf nach Nazi-Art

Der Kulturkampf ist eröffnet! In Zeiten knapper Kassen werden die Mittel für Einrichtungen und Projekte, die der kulturellen und politischen Bildung dienen, massiv gekürzt. Zur gleichen Zeit eröffnet die AfD mit der Anfrage zum Bauhaus einen Kampf gegen diesen Teil der Moderne, bei dem es nicht bleiben wird. Literatur, Kunst, Musik werden folgen. Die heutige Argumentation ähnelt der der Nazis, aber auch der Ablehnung der Ideen des Bauhauses in den frühen Jahren der DDR. Die Bauten der Berliner Stalin-Allee (jetzt Frankfurter Allee) zeugen davon. Renommierte Institutionen finden heute und hier prominente und einflussreiche Verteidiger gegen diese Tendenzen. Was aber macht der Leiter eines städtischen Museums im Land Brandenburg, der zum 80. Jahrestag des Kriegsendes Projekte plante, mit denen er Geschichtsrevisionisten und Verschwörungsschwurblern begegnen wollte und dem jetzt 50 Prozent Etatkürzung ins Haus steht? Es kann nur heißen: Wehret den Anfängen.

Dr. Karl Klaus Walther, Volkach

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