Zweite S-Bahn-Stammstrecke:München kann nicht mehr warten

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Steht in der Kritik, viel zu teuer zu werden und eine viel zu lange Bauzeit aufzuweisen: Münchens zweite S-Bahn-Stammstrecke. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Der Kosten-Nutzen-Faktor wird immer miserabler, die Wartezeit länger - dabei gäbe es dringende Sofortmaßnahmen. Ein Leser fordert rasches Umdenken.

"14 Milliarden Euro für die Stammstrecke?" vom 27. März, "Warum selbst acht Milliarden Euro nicht reichen dürften" vom 29. März und "Verwehrte Verkehrswende" vom 30. März:

Jetzt reicht es aber nun wirklich. Wie lange, wie oft wollen wir uns noch von der DB verklapsen lassen? Da hieß es in der SZ vom 20./21. Juli 2019 (!) vom DB-Gesamtprojektleiter für die zweite S-Bahn-Stammstrecke: "Das war's jetzt, definitiv", mit Kosten von nicht mehr als 3,8 Milliarden Euro und einer Fertigstellung bis 2028 - "versprochen"! Damals schon nur knapp oberhalb der Wirtschaftlichkeitsgrenze; denn der Quotient aus Nutzen und Kosten eines förderfähigen Projektes muss größer als Eins sein, damit vom Bund die benötigte Co-Finanzierung aus Bundesmitteln fließen kann. Schon damals war dieser wichtige Finanzierungs-Parameter nur knapp oberhalb von Eins bei 3,8 Milliarden Euro im Nenner des Bruches. Wenn jetzt die Kosten weiter steigen - von 3,8 auf erst mehr als 7, dann 8 und zuletzt 14 Milliarden Euro, wie vom CSU-Vizechef des S-Bahn-Untersuchungs-Ausschusses prognostiziert -, so müsste dann der Freistaat für diese zusätzlichen Kostensteigerungen aufkommen.

Es geht hier aber auch gar nicht nur um München allein. War das finanziell-desaströse S-Bahn-Thema bislang kein "Gewinnerthema im Wahlkampf" der letzten Bundestagswahl, so sollte es jetzt bei der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober 2023 "ein Gewinnerthema" werden. Es muss, es wird einen Aufschrei von bayerischen Landespolitikern, Landräten und Oberbürgermeistern aus Franken, der Oberpfalz, Schwaben und Niederbayern geben; denn die potenziellen Milliarden des Freistaats für die Mehrkosten der zweiten Münchner Stammstrecke gehen selbstverständlich als klassisches Nullsummenspiel zu Lasten der übrigen geplanten ÖPNV-Projekte in Bayern. Es bleiben dafür nur finanzielle Brosamen und Peanuts.

Wie kann, wie sollte es weitergehen? Ein Abwarten von noch 14 Jahren bis 2037, um eine signifikante Verbesserung im Münchner S-Bahn-System zu erreichen, ist definitiv für Münchner und die Pendler aus dem Umland nicht mehr zumutbar! Wir brauchen alle eine realistische Verbesserungsperspektive bis spätestens 2030, also eine konkrete Lösung des misslichen S-Bahn-Problems in der Hälfte der Zeit. Die bis 2030 zu realisierenden, weitaus preiswerteren Lösungen sind längst bekannt, um nur zwei von mehreren zu nennen:

Erstens: U5 nur noch vom Laimer Platz nach Pasing verlängern, so dass dann schon eine zweite Ost-West-Tunnelverbindung (Stammstrecke) vom Ostbahnhof über den Karlsplatz und den Hauptbahnhof nach Pasing entsteht - alles schon in der Realisierungsphase.

Zweitens: Südring mit drei Umsteige-Hubs zur U-Bahn: Heimeranplatz, Poccistraße (ex Südbahnhof) und Kolumbusplatz. Der Durchgangsgüterverkehr Richtung Brenner und zum Riemer Containerbahnhof sollte dann über den Nordring abgewickelt werden, so dass die benötigten S-Bahn-Trassen frei werden. Der vierspurige Ausbau der Strecke von Johanneskirchen bis Daglfing, zeitgünstig im Trog statt im Tunnel gebaut, muss sowieso erstellt werden und wir hätten dann auch eine schnelle Express-S-Bahn in knapp 30 Minuten vom Hauptbahnhof zum Flughafen.

Heinbert Janze, München

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