Lausitz:Viel mehr als nur Braunkohle

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Einen Leser stört, dass die Lausitz immer nur mit der Kohle identifiziert wird. Die Wirtschaft der Lausitz sei klein - und mittelständisch geprägt. Doch habe die Region mehr Industrie als der Rest Brandenburgs.

" Die Lausitz ist anders" vom 29. Mai:

Mit der Darstellung der Braunkohle als "letzten verbliebenen Arbeitgeber" ist der Autor offenbar dem Bild auf den Leim gegangen, das die Kohlelobby absichtlich von der Lausitz zeichnet. Ganz so einfach lassen sich die Befragungsergebnisse nicht erklären.

Die Lausitzer Wirtschaft ist überwiegend klein- und mittelständisch geprägt. Trotzdem hat die Region mehr Industrie als der Rest Brandenburgs, was bei Weitem nicht nur an der Kohle liegt. Gerade investiert der Chemiefaserhersteller Trevira weiter in Guben und expandiert die Papierfabrik Schwarze Pumpe. Auch BASF und Vestas hängen wohl kaum an der Kohle, genauso wenig die in der Lausitz stark vertretene Ernährungswirtschaft. In Lausitzer Zeitungen werden seitenweise durch Stellenanzeigen Arbeitskräfte gesucht.

Im vergangenen Jahr kandidierte der Vorstandschef des Tagebaubetreibers Leag, Helmar Rendez, für das achtköpfige Präsidium der IHK Südbrandenburg. Er wurde nicht gewählt. Das zeigt, dass den Unternehmern im Kammerbezirk (inzwischen?) anderes wichtiger ist, als die Kohlewirtschaft zu verteidigen. Sorgen mit Infrastruktur, Fachkräftemangel, Unternehmensnachfolge gibt es überall in der Region, Auswirkungen des Kohleausstieges wären nur in bestimmten Teilen der Lausitz gravierend, mehr oder weniger direkt um die drei Kraftwerksstandorte.

Der Anteil der direkt in der Kohle Beschäftigten in der Lausitz liegt weit unter fünf Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Zahlen zu angeblich indirekt Beschäftigten stammen aus umstrittenen Rechenmodellen mit meist nicht sehr aktueller Zahlengrundlage.

Man muss wohl in Betracht ziehen, dass die Meinung vieler Lausitzer weniger von den Realitäten geprägt ist, als von dem, was ihnen Medien und Politiker der Region seit Jahren immer wieder eintrichtern. Rendez' oben erwähnte Wahlniederlage stand hier beispielsweise einfach in keiner Zeitung. Eine traditionelle Verbundenheit zur Kohle findet sich oft auch dort, wo Freunde oder Familienmitglieder bis 1990 in Tagebau oder Kraftwerk arbeiteten. Mit heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen muss das nicht zwingend zu tun haben.

René Schuster, Drachhausen Seit 1999 Mitglied des Braunkohlenausschusses des Landes Brandenburg

© SZ vom 11.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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