Klimasteuer:Ringen um ein stimmiges Konzept

Die Dynamik in der Debatte um eine CO₂-Steuer hat zuletzt deutlich zugenommen. Viele SZ-Leser verfolgen die Vorschläge genau und fordern von der Politik eine gut durchdachte Lösung ein.

Klimasteuer: SZ-Zeichnung: Denis Metz

SZ-Zeichnung: Denis Metz

Zu "Altmaier-Berater fordern generellen CO₂-Preis" vom 16. Juli, "Das Vorbild" vom 13. Juli, "Rechnungshof verlangt Öko-Maut" vom 15. Juli, "Gebotene Verbote" vom 12. Juli und "Umweltministerin mahnt zur Eile" vom 9. Juli:

Klimaschutz kostet alle etwas

Der Präsident des Bundesrechnungshofs hat völlig recht. Die Maut sollte endlich wie in vielen anderen europäischen Staaten auch bei uns eingeführt werden. Bei dieser Gelegenheit sollte dann auch gleich die Kfz-Steuer abgeschafft und durch einen Zuschlag bei der Mineralölsteuer ersetzt werden. Dann bezahlt jeder in dem Umfang, in dem er die Umwelt belastet, und gleichzeitig entfällt der Verwaltungsaufwand für die Erhebung der Kfz-Steuer. Pendler könnten durch eine Anhebung der Kilometerpauschale, die aufgrund der Kostenentwicklung sowieso längst angebracht wäre, entlastet werden.

Alfons Metzger, Puchheim

Svenja Schulze bricht das Tabu

Endlich bewegt sich etwas beim Klimaschutz: Zielstrebig und ohne Spektakel zimmert die Umweltministerin an einer breiten Mehrheit für die Abstimmung im Bundestag. Jawohl, schon im September, und nicht erst, wenn alles ausdiskutiert ist. Der Wind ist günstig, Regierung und Bundestag müssen und wollen endlich ein Zeichen setzen. Das hat auch die CDU-Chefin endlich verstanden, doch dem CDU-Wirtschaftsminister blieb es vorbehalten, vor der CO₂-Steuer und zu hoher finanzieller Belastung zu warnen.

Dabei sollte jedem klar sein, dass Klimaschutz jeden etwas kosten wird: Staat, Kommunen, Industrie, Betriebe und jeden einzelnen Bürger. Seit Jahren hat kein einziger Politiker das öffentlich und ehrlich gesagt, aus falsch verstandener Angst vor Stimmenverlusten. Ministerin Svenja Schulze brach endlich dieses Tabu! Seien wir ehrlich zu uns selbst und akzeptieren wir die privaten Mehrkosten und auch den Kompromiss, Niedrigverdiener durch eine Steuerrückzahlung etwas zu entlasten.

Henning Hartmann, Gauting

Debatte online

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Teurer Schutz

So langsam lässt man in Berlin die Katze aus dem Sack. Es wird für alle teurer, erheblich teurer, und die Illusion, wir kämen mit einer aufkommensneutralen CO₂-Steuer davon, löst sich gerade in Luft auf. Wir dürfen uns also auf steigende Klimaabgaben, welcher Art auch immer, gefasst machen, und diese werden nicht rückverteilt werden. Denn natürlich ist es mit Investitionen zur Reduzierung des CO₂-Ausstoßes alleine nicht getan.

Da weit mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung beziehungsweise deren Regierungen beim Klimaschutz nicht ernsthaft mitmachen, werden wir unsere Neubauten nicht nur dämmen, sondern sie auch gegen Stürme und Überschwemmungen sichern müssen. Wir müssen landesweit die Deiche erhöhen und neue Überflutungsflächen schaffen sowie die Feuerwehren für die Bekämpfung von Waldbränden aufrüsten. Unsere Land- und Forstwirtschaft braucht Hilfe, um auf Pflanzen umzustellen, die Gewittern sowie Trockenperioden standhalten etc.

Da der Klimawandel eben nicht allein in deutscher Hand liegt, wäre es grob fahrlässig, sich darauf zu verlassen, dass drohende Katastrophen ausbleiben werden. In Wahrheit braucht unsere Politik also nicht nur eine Menge Geld für den Klimaschutz, sondern auch für unseren Schutz vor dem Klima.

Dr. Rainer Götz, Moers

Güterverkehr auf die Schiene

Mit der Idee einer CO₂-Bepreisung mag Frau Ministerin Schulze auf dem richtigen Weg sein, falls das damit in die Bundeskasse gespülte Geld richtig eingesetzt wird und endlich jahrzehntelange Versäumnisse in der Verkehrspolitik zurechtgerückt werden! Wird der öffentliche Personennahverkehr endlich dergestalt gestärkt, dass man auch in ländlichen Regionen den Pkw stehen lassen kann, wird der Güterfernverkehr endlich von der Straße auf die Schiene gebracht, dann wäre die CO₂-Bepreisung sinnvoll eingesetzt und würde ihren Namen verdienen.

Petra Brückner, Aying

Steuer mit Lenkungswirkung

Die Debatte um einen CO₂-Preis nimmt bizarre Züge an. Der Präsident des Bundesrechnungshofs will die für den Steuerzahler teure Maut-Fehlinvestition der Herren Dobrindt und Scheuer als Basis für eine Ökosteuer nutzen. Die Altmaier-Berater schlagen eine CO₂-Abgabe vor, ebenfalls ohne ein Konzept mit nachvollziehbarer Lenkungswirkung, zumal der bisherige Emissionshandel sowie die zusätzliche Stromsteuer zur Reduktion des Kohlendioxid-Ausstoßes nichts beigetragen hat.

Selbst wenn es der Automobilindustrie gelänge, innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes CO₂-neutrale Antriebssysteme zu entwickeln, würde sich der Großteil unseres Energiebedarfs für die nächsten Jahrzehnte dennoch aus fossilen Rohstoffen speisen. Wind- und Sonnenenergie kann man bisher leider nicht speichern, und entsprechende Leitungsnetze lassen auf sich warten. Aus diesen Gründen stagniert der Anteil der regenerierbaren Energie in Deutschland bei 15 Prozent.

Bei uns ist es billiger, von Hamburg nach München zu fliegen, als mit der Bahn zu fahren, der Großteil des Güterfernverkehrs (auch begünstigt durch die Mineralölsteuer bei Diesel) läuft trotz Maut über die Straße und nicht über die Schiene.

Wir haben es mit einer komplexen Thematik zu tun, und allein obige Sachverhalte machen klar, dass der Klimaschutz in erster Linie politisches Handeln erfordert, zumal das Klima nicht an den Grenzen des Landes haltmacht. Ausgerechnet die größten Emittenten, USA und China, halten sich aus dem Thema vornehm heraus.

Über eine zusätzliche Steuer würde sich nur der Finanzminister freuen, aber aller Voraussicht nach nicht das Klima - denn ohne vernünftige Rahmenbedingungen mit durchdachter Lenkungswirkung ist eine solche Abgabe eher kontraproduktiv.

Jürgen Rohlfshagen, Quickborn

Gleiche Last für alle Autofahrer?

Ich bin im Außendienst für eine zukunftsweisende Firma unterwegs, dabei fahre ich 40 000 bis 50 000 Kilometer im Jahr mit dem Auto. Klar ist eine Streckenmaut eigentlich sinnvoll, aber ich fahre, der Umwelt zuliebe, einen Panda mit 60 PS, circa 700 Kilogramm schwer, umgebaut auf Autogas, warum müsste ich für so ein leichtes Fahrzeug dieselbe Maut wie ein zwei Tonnen schwerer SUV bezahlen?

Martin Berner, Mauern

Klimaprämie nicht vergessen

Bei der Diskussion um die CO₂-Steuer wird gerne unterschlagen, dass im Gegenzug eine Klimaprämie gezahlt werden soll. Das hierfür von Wirtschaftswissenschaftlern vorgeschlagene Verfahren sieht weder eine höhere Prämie für gut gedämmte Häuser, Elektroautos etc. vor noch eine fixe Prämie von 80 oder 100 Euro. Denn Ökonomen mögen es nicht komplex, sondern möglichst einfach: Die gesamte angefallene CO₂-Steuer wird durch alle Steuerzahler geteilt, und jeder bekommt dieselbe Summe erstattet. Einfacher geht's nicht - und in dem Fall auch nicht sozialer, denn wer wenig verbraucht, bekommt bei dem Konzept dieselbe Summe zurück wie ein Vielverbraucher.

Christian Schneeweiß, Schlehdorf

Ohne China und USA geht wenig

Deutschland trägt zum klimaschädlichen CO₂-Ausstoß weltweit nur zwei Prozent bei. Wer glaubt denn wirklich, dass bei uns das Sperren von drei Straßen für Dieselfahrzeuge und ein paar E-Autos das Klima weltweit beeinflussen kann?! Aber die Politik und auch die Volksparteien fallen darauf herein. Manche sagen dann, wir in Deutschland müssen ein Beispiel geben. Wer glaubt denn, dass sich die Hauptklimasünder USA, China und Indien an uns ein Beispiel nehmen?! Wir sind ein reiches Land, das sich Ökospiele leisten kann. Die Grünen wollen, wenn sie in der Verantwortung sind, 100 Milliarden Euro gegen die Klimaverschlechterung einsetzen. Wer zahlt das, bitte? Wir Steuerzahler!

In China und Indien werden fast täglich neue Kohlekraftwerke eröffnet. Wir legen unsere mit viel Geld still. Unsere Nachbarländer setzen auf Atomkraft. Damit erweist sich, die Stilllegung der Atomkraft in Deutschland war kontraproduktiv. Ich glaube, viele in der Welt lachen über uns.

Johannes R. M. Christl, Seeshaupt

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