Klimaschutz:Ablasshandel statt Umdenken

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Bezahlen und weiter sündigen? Kritische Leserstimmen zum Klimapaket der Berliner Regierungskoalition und zu einer Abschluss-Kreuzfahrt von Frankfurter Abiturienten, die für qualmende Schlote Geld spenden.

" Die Welt steht auf", " Der Reiz der Milliarden", Kommentare " Klein-Klein", "Religion und Ratio", alles 21./22. September, und "In schwerer See" vom 18. September:

Wissenschaftlich betrachtet

Angela Merkel ist studierte und kompetente Wissenschaftlerin. Die Physik sagt ihr, was notwendig ist. Die Politikwissenschaft sagt ihr, was möglich ist. Die Mathematik schließt daraus, dass die Katastrophe unvermeidlich ist. Die Biologie sagt ihr, dass diese erst nach ihrem Ableben eintritt. Michael Schnell, Krefeld

Heuchler auf Kreuzfahrt

Was die Abiturienten der Frankfurter Carl-Schurz-Schule in Frankfurt-Sachsenhausen mit ihrer Entscheidung, ihre Abitur-Abschlussfahrt auf einem Aida-Kreuzfahrtschiff zu absolvieren, zeigen, passt bestens in die Umweltschutz-Heucheleien auf vielen Gebieten. Die Schüler sind aufgerufen, einen Beitrag an die Klimaschutzorganisation "atmosfair" zu leisten und reisen dann, wie ihr Lehrer behauptet, CO₂-neutral. Und das Kreuzfahrtschiff? Es darf weiter die Luft verpesten. Nein, liebe Leute, so geht das nicht. Sich freikaufen und dann alles so belassen, wie es ist. Ablasshandel nennt man so was. Wir kennen das von der katholischen Kirche - sich freikaufen und dann weiter sündigen. Dieser moderne Ablasshandel passt wunderbar zum Umweltkonzept unserer Politik. Etwas bezahlen, Gewissen beruhigen - aber sonst passiert nichts. Nur niemandem wehtun; es geht um jede Stimme. Deshalb auch die vielen Förder- und Subventions-Programme. Besonderes Ärgernis sind für mich viele Überlegungen des Bundesverkehrsministeriums. Minister Scheuer müsste Zeichen setzen mit klaren Gesetzen. Bis heute gelang ihm nicht, eine einheitliche Temporegelung, ein klares Tempolimit auf Autobahnen durchzusetzen. Ziel sollten europaeinheitliche Regeln sein. Davon sind wird weit entfernt. Henno Heintz, Ismaning

Bürger einlullen

Die "Grenzen des Wachstums" und eine kritische Hinterfragung unserer Lebensweise, die mit Ausbeutung und Umweltzerstörung einhergeht, werden verdrängt. Bürgerinnen und Bürger werden eingelullt, statt sie über den Klimawandel und die Folgen zu informieren und sie jetzt für eine überfällige Wende in Landwirtschaft, bei Energie und Verkehr zu gewinnen. Lobbyisten werden nicht traurig sein. Eine Preisminderung von zehn Prozent bei der Bahn wird keine "Flugscham" bewirken. Engagierte Jugendliche werden die Reformierbarkeit schmerzhaft vermissen und sich enttäuscht womöglich gegen das "System" wenden. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung bietet aber Spielraum genug für eine ökologische Wende. Rolf Sintram, Lübeck

© SZ vom 24.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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