Kammerspiele München:Die Debatte geht weiter

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Bieten viel Gesprächsstoff: Die Münchner Kammerspiele. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Ein Leser verteidigt die moderne Ausrichtung, einer warnt davor, dass das Haus damit sein Publikum verspielen könnte.

",Da geh ich nicht mehr hin'" vom 8. April und Leserbriefe "Zu viel Zeigefinger, zu wenig Kunst" vom 17. April:

Reaktionäre Ressentiments?

Als freischaffender Dramaturg durfte ich im Vorjahr an den Münchner Kammerspielen "Wer immer hofft, stirbt singend", Jan-Christoph Gockels "Reparatur einer Revue" nach Motiven und Texten von Alexander Kluge begleiten. Vielleicht liegt es nur an den schönen und produktiven Erfahrungen, die ich in dieser Zeit mit dem Haus und dem Team rund um Barbara Mundel machen durfte, dass ich zuletzt in Ihrem Blatt Christine Dössels Befund einer "Krise" über weite Strecken nicht nachvollziehen konnte.

Aber gut, über die Situation nach den Lockdowns kann man diskutieren. Wirklich problematisch empfand ich aber am 17. April eine Leserbrief-Sammlung, in denen "mehr Klassikerpflege" (warum gerade in den Kammerspielen?) gefordert wird, eine Rückkehr in die guten alten Zeiten von Rolf Boysen, oder Klage über eine "allzu moralische Anstalt" geäußert wird.

Ich frage mich: Steht München jetzt eine ähnlich unappetitlich und selbstgefällig reaktionäre, mit Ressentiments aufgeladene Debatte wie die zuletzt in der Schweiz rund ums Zürcher Schauspielhaus hochgekochte bevor? Wäre hier nicht eine seriösere, mehrere Blickwinkel einschließende öffentliche Debatte angesagt?

Claus Philipp, Wien

Theater vorbei am Publikum?

Dass viele Zuschauer von diesem angesehenen Theater nicht mehr erreicht wurden, hat sich spätestens in der letzten Spielzeit der alten Intendanz gezeigt. Man hätte daraus lernen können, statt sich auf ein neues Abenteuer einzulassen.

Niemand hat sich zu derartigen Missverständnissen treffender geäußert als Harald Schmidt aus ähnlichem Anlass im SZ-Interview "Ich lach mich krank" vom 11. Februar zum renommierten Schauspielhaus Zürich: "Das Schauspielhaus Zürich ist nicht irgendeine Klitsche, sondern ein Haus mit großer Geschichte und Geld. Das Publikum will Schauspieler sehen. Stars, die sie über mehrere Produktionen verfolgen können. Nur mit Projekten, Überschreibungen und ,Wilhelm Tell nach Schiller' scheint das nicht funktioniert zu haben. (...) Es heißt nicht von ungefähr: ,Show Business': Ich muss die Plätze verkaufen, sonst ist die Bude dicht. Das habe ich oft auf dem Theater erlebt: 20 Prozent Platzausnutzung, und man sagte, wir sind zu radikal für diese Spießer. Dabei war es einfach nur stinklangweilig. Die viel beschimpften Abonnenten kommen ja meistens sogar noch. Aber die will man gar nicht mehr. Frage ich immer: habt ihr denn neue?" So weit Harald Schmidt.

Michael-Christian Rössner, München

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