Süddeutsche Zeitung

Islamgesetz:Verdeckter Rassismus

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Hinter der Forderung der CDU-Politiker Spahn und Klöckner nach einem Islamgesetz verbirgt sich Diskriminierung, meint ein Leser.

"Naiv, falsch, gefährlich" vom 5. April:

Islamgesetz! Ein Diskriminierungsgesetz, das dem Islam Merkmale zuschreiben würde, die ausgrenzen sollen. Erinnern wir uns in diesem Zusammenhang nicht an die Nürnberger Rassengesetze? An die vielen Rassengesetze der Vereinigten Staaten? An die Apartheidsgesetze in Südafrika? Was haben sie außer Diskriminierung, Hass, Gewalt und Tod bewirkt? Mir wird angst und bange, wenn ich daran denke, dass Julia Klöckner und Jens Spahn zu den Spitzenpolitikern der CDU gehören, sogar als zukünftige Bundeskanzlerin oder Bundeskanzler gehandelt werden.

Eigentlich müsste Spahn als bekennender Homosexueller wissen, dass Diskriminierung und diskriminierende Gesetze schwere Vergehen der Gesellschaft sind. Kennen die beiden Politiker nicht den Artikel 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, der besagt: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren". Ach ja, nur Diktaturen, Diktatoren und Autokraten ist er unbekannt. Alleine schon der Gedanke, ein sogenanntes Islamgesetz zu formulieren, ist an Zynismus nicht zu überbieten.

Die beiden "Auf-dem-Weg-nach-oben-Politiker" kommen offenbar zu wenig zum Denken und spielen damit eindeutig den Populisten und Rechtsradikalen in die Hände: Höcke, Trump, Orbán, Erdoğan, Le Pen, Wilders lassen grüßen. Ich denke, dass die Aktivität von Klöckner und Spahn letztendlich als Ausdruck von verdecktem Rassismus bewertet werden kann. Anstatt Ideen zu entwickeln, wie bei allen Problemen eine zwar mühsame, aber erfolgsversprechende Integrations- und nicht Assimilationspolitik gestaltet werden muss, versuchen sie, vor den Bundestagswahlen die Angst vieler Deutscher zu schüren. Erbärmlich. Der ehemalige Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch hat einmal gesagt: "Ein Staat, in dem alle verdächtig sind, ist selbst verdächtig." Wie wahr. Herbert Hartmann, Oberhaching

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Quelle:
SZ vom 13.04.2017
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