Süddeutsche Zeitung

Interview:"Das Gold im Depot"

Anders als die Mieten steigen in Hamburg die Immobilienpreise. Das liegt auch an den großen Investoren

Von Sabine Richter

Corona hat die Wohnungsmärkte in den Metropolen verändert. Wie geht es in einer Stadt wie Hamburg weiter? Ein Gespräch mit dem Geschäftsführer Wohnen Deutschland beim Immobilienberater Colliers International.

SZ: Herr von Saucken, werden in Hamburg die "richtigen" Wohnungen gebaut oder entsteht zu viel Luxus?

Felix von Saucken: Nein. Zu viel Luxus entsteht nicht. In Hamburg wird deutlich bedarfsgerechter mit "normaler" Qualität und Ausstattung gebaut als in anderen Städten. Im Vergleich zum Bestand sind Neubauten natürlich qualitativ besser ausgestattet, mit Dreifachverglasung, Fahrstuhl, schönen Fliesen oder Parkett, modernen Küchen und Bädern, das erscheint dann luxuriös. Private und institutionelle Investoren müssen auf langfristige Qualität und Vermietbarkeit achten. Auffällig ist, dass wieder extrem kompakte und flächeneffiziente Grundrisse gebaut werden. Eine Klasse an Wohnraum wird aber tatsächlich systematisch vernachlässigt: Wohnraum zwischen elf und 13 Euro, den sich Normalverdiener mit Kindern ohne Wohnberechtigungsschein leisten können. Hier bleiben die wesentlichen Leistungsträger der Gesellschaft außen vor.

Stimmt der Eindruck, dass in den großen Neubaugebieten Wohnungen lange leer stehen?

In Neubaugebieten mit hohen Entwicklungszahlen sind die Vermarktungszeiten länger, da können Objekte auch mal mehrere Monate leer stehen. Durch Corona ist die Mobilität stark eingeschränkt. Viele warten ab, zumal die Anfangsmieten ja auch häufig sportlich sind. Einen jahrelangen Leerstand gibt es nach unseren Erfahrungen nicht, da gehen die Anbieter eher mit dem Preis runter.

Wie entwickelt sich derzeit der Kaufmarkt in Hamburg?

Der Run auf Wohnimmobilien ist massiv gestiegen und hält weiter an. Die Menschen nehmen die geringer werdende, aber dafür sichere Rendite in Kauf. Die Preise werden also weiter steigen, wir prognostizieren für dieses Jahr im Schnitt etwa drei bis fünf Prozent für Eigentumswohnungen und bei Häusern.

Gibt es inzwischen Schwierigkeiten mit der Finanzierung?

Anders als im gewerblichen Bereich sind Finanzierungen im Wohnbereich bisher unkompliziert, allerdings nur, wenn Bonität und Rahmendaten stimmen. Bei geringem Eigenkapital sind die Banken trotz des niedrigen Zinsniveaus aber deutlich vorsichtiger geworden. Es wird abgewartet, wie sich die gesamtwirtschaftliche Situation und das Thema Unternehmensinsolvenzen und Kreditausfälle entwickelt.

Wie hat sich Corona auf institutionelle Investoren ausgewirkt?

Die großen Pensionskassen, Immobilienfonds, Versicherungen und weitere investieren stark im Bereich Wohnimmobilie. Selbst in einer Krise ist der Mietausfall fast nicht spürbar und Leerstände sind ebenfalls kaum vorhanden. Viele Immobilieninvestoren, die in der Vergangenheit ausschließlich in gewerbliche Objekte investierten, haben seit der Corona-Pandemie die Wohnimmobilie als Beimischung zum Portfolio entdeckt. Die Wohnimmobilie ist bei den großen Investoren wie das Gold im Depot, sie sorgt für eine hohe Sicherheit.

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