Internationale Automobilausstellung:Mobilität - mehr als Autos

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Das neue Konzept der IAA ist bei Leserinnen und Lesern auf gemischte Resonanz gestoßen. Für die einen war die Messe ein wichtiges Debattenforum, für andere zu sehr auf E-Autos ausgerichtet, die zudem meistens noch sehr teuer seien.

SZ-Zeichnung: Michael Holtschulte (Foto: N/A)

Zu " Automobilität wird teurer werden" vom 17. August sowie zu " Gerädert", Seite Drei vom 13. September:

Elektro-Autos sind zu teuer

Den von fast allen Teilnehmenden der IAA vorgetragenen Optimismus bezüglich des Fortschritts bei der Elektromobilität teile ich nicht. Hier findet die soziale Komponente zu wenig Raum. Anstatt auf hochgerüstete, ökologisch nicht überzeugende und teure E-Autos zu setzen, hätte die Industrie zunächst mit preiswerten, für breite Bevölkerungsschichten erschwinglichen Modellen den Einstieg in die E-Mobilität beginnen sollen.

Lieferbare E-Autos kosten heute mindestens 35 000 Euro, derweil die Produktion preisgünstiger Modelle weitestgehend eingestellt wurde - siehe VW up, Škoda Citigo, Seat Mii, Smart Forfour. Mit Ausnahme des Renault Twingo, der erst 2022 lieferbar ist, gibt es meines Wissens keinen preiswerten batteriebetriebenen Kleinwagen. Sicherlich hätte man bei der Fokussierung auf dieses Fahrzeugsegment weitaus mehr als die bislang beklatschten eine Million E-Autos verkaufen können.

Karl Hohberg, Dortmund

Wichtiges Debattenforum

Man kann sich über den Sinn einer IAA vielleicht streiten. Jedoch ging es bei dieser Ausstellung ja nicht nur um protzige 500-PS-Boliden, sondern auch darum, Wege zukünftiger E-Mobilität beziehungsweise alternativer Fortbewegung aufzuzeigen und zu diskutieren. Alleine was sich bei der mobilen Telefonie in den vergangenen zehn Jahren getan hat, lässt erahnen, wie sich unsere Mobilität auf den Straßen und in den Städten verändern wird. So wie sich der Energiemarkt verändert, etwa mit verpflichtender Photovoltaik auf allen Dächern, Windkraft etc. wird sich auch die Mobilität ändern.

Und ja, es ist das gute Recht eines jeden Bürgers, dafür zu demonstrieren und auf die Straße zu gehen. Und ja, es ist gut, dass es wieder eine Bewegung von jungen Menschen gibt, die für ihre und unsere Sache kämpft. Und ja, es ist wichtig, im Dialog zu bleiben, mehr denn je, denn es geht um unsere Zukunft und die Zukunft der nächsten Generationen. Und ja, es braucht auch bei solchen polarisierenden Veranstaltungen eine umsichtige, stringente Polizei, die deeskalierend wirkt, und eine Politik, die im Vorfeld gewaltbereiten Störern den Zutritt zum Veranstaltungsort verwehrt. Keiner will chaotische Bilder sehen wie beim G-20-Gipfel in Hamburg 2017. Die Aufmerksamkeit der Presse wären der Stadt München und ihrem OB Reiter sicher gewesen.

Alexandra Weichselgartner, Ebersberg

Wohin mit den Verbrennern?

Der "Gerädert"-Artikel von Max Hägler auf Seite Drei war sehr authentisch. Es sind aber zwei entscheidende Probleme nicht erwähnt worden: Erstens die Beschaffung der Stoffe und Rohstoffe für Batterien wie die "seltenen Erden". Wo auf der Welt sollen diese herkommen? Zweitens: Was geschieht mit all den "Verbrennern", wenn sie durch E-Autos ersetzt werden? Meines Erachtens gibt es in Deutschland davon mehr als 40 Millionen Fahrzeuge. Wenn diese ins Ausland verschoben werden, wird doch das Problem auch nur dorthin verlagert. Was passiert mit all den Verbrenner-Fahrzeugen der übrigen Länder auf der Welt ?

Arno Filbig, Bamberg

Woher soll der Strom kommen?

Die Parteien überbieten sich mit Vorschlägen zur raschen Dekarbonisierung, bei der Kernkraft gibt es ja schon Ausstiegsbeschlüsse. Die Alternative heißt erneuerbare Energien. Wir haben in Zukunft trotz Sparbemühungen einen höheren Energie- und hier vor allem Strombedarf. Die Gründe sind E-Mobilität (Auto, Bike, Roller), forcierte Digitalisierung etc. Kürzlich stellte eine ausländische Zeitung die Frage, ob Streamen und Gamen unter den Gesichtspunkten des Energiebedarfes das neue Fliegen seien. Ich finde in den Programmen aber wenig, wie und wo der Strom in ausreichender Menge 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr zu wettbewerbsfähigen Preisen herkommen soll. Gleiches gilt natürlich für die Leitungs- und Speicherkapazität. Die Antwort hierauf ist doch mindestens genauso interessant und wichtig wie die Diskussion um früher oder später.

Veit Welsch, München

Gelungene, innovative Messe

Zu einseitig fand ich einige SZ-Berichte zur IAA. Ich bin eine der vielen Besucherinnen, die an zwei Tagen auf dem Summit und im Open space der IAA Mobility waren und die in der Berichterstattung der letzten Woche dazu kaum vorkamen. Ich finde es ausgesprochen mutig von der Messe München, dass in Pandemiezeiten und nach einem verregneten Sommer so ein Messe-Experiment mit erheblichem finanziellen Risiko überhaupt gewagt wurde! Für mich waren Aufbruch und Neubeginn auf der IAA durchaus spürbar: Es gab mehr als 80 Start-ups, die am "Founders Day" mit Investoren in Kontakt kamen, ein funktionierendes Hygienekonzept, ein gutes Sicherheitsgefühl und jede Menge Spaß bei herrlichem Wetter, Autos und Zweiräder mit blitzendem Lack und Entwickler mit sprühenden, innovativen Ideen, vor herrlicher Kulisse in München, und faszinierende Light and Sound Shows in den Messehallen.

Ich fand, dass sich das alte Sprichwort bewahrheitet hatte: Wer wagt, gewinnt! Und das gilt für alle Beteiligten.

Ingrid Bayer-Mücke, Chieming

Zukunft der Mobilität ist vielfältig

Neulich gab es ein SZ Spezial zum Thema "Mobilität der Zukunft". Darin ging es praktisch nur um Autos! "Autos der Zukunft" wäre als Titel in Ordnung gewesen. Mich interessiert aber tatsächlich die Mobilität der Zukunft. Da muss uns mehr einfallen als Elektroautos. Wir brauchen für die Zukunft einen tief greifenden Wandel der Mobilität, damit die Zukunft auch lebenswert wird. In weiteren Spezialen mit diesem Titel sollte daher ebenso Raum sein für das Zu-Fuß-Gehen, Fahrradfahren, den öffentlichen Nahverkehr und ähnliche Dinge.

Stefan Scheipers, Gau-Algesheim

Auch Schienenverkehr stärken

Die Verkehrsforscher Meike Jipp und Barbara Lenz in "Automobilität wird teurer werden" wollen mit höheren Kosten den Nachfragern nach Mobilität das Auto verleiden und damit das Klima retten. Wie soll das gelingen ohne Ideen und konkrete Vorschläge für eine Verlagerung der wachsenden Mobilitätsbedürfnisse auf alternative Systeme, ohne konstruktive Vorschläge für eine Attraktivitätssteigerung konkurrierender Systeme, ohne Ideen und konkrete Vorschläge für ein fachlich schlüssiges, politisch durchsetzbares, gesamtheitliches Mobilitätskonzept?

Professionelle Verkehrsplaner würden in diesem Mobilitätskonzept der Bahn eine prioritäre Rolle einräumen, denn sie kann vieles besser als das Auto: Die Bahn belastet weniger die Umwelt, die Bahn ist schneller und zugleich sicherer, bei der Bahn ist die Elektrifizierung des Antriebs schon heute Standard, eine Spur Schiene ist um ein Vielfaches leistungsfähiger als eine Spur Straße. Zielführend wäre daher meines Erachtens, die Leistungsfähigkeit der Bahn zu stärken. Dann würde sich ganz von selbst Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern, wie Verkehrspolitiker es in Sonntagsreden seit Jahrzehnten fordern.

Hans Lafrenz, Hamburg

© SZ vom 22.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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