Süddeutsche Zeitung

Infektionsschutz-Gesetz:Meinungsfreiheit

In der Gesetzesvorlage steht ,,Ermächtigung", das habe den Vergleich mit dem Nazi-Gesetz provoziert. Die Mail-Flut an Abgeordnete sei ein gutes Zeichen gelebter Demokratie.

Zu " Zigtausende Mails", 18. November:

Die Vorlage zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes bietet leider eine Steilvorlage dafür, dass sich die Proteste gegen ein neues "Ermächtigungsgesetz" richten: In der Erläuterung zur Vorlage sowie im Wortlaut der Gesetzesänderungen selbst kommen zirka 25 Male die Begriffe "ermächtigen/Ermächtigung" vor. Wen wundert es also, dass diese Formulierung von allen interessierten Seiten natürlich begierig aufgenommen wurde? Auch Alexander Dobrindts Empörung darüber, eine "Parallele zum Ermächtigungsgesetz von 1933" sei "ungeheuerlich", teile ich inhaltlich, er hat aber wörtlich genommen einen sehr schweren Stand. Wer immer für die Formulierung der Gesetzesvorlage verantwortlich ist, hat diese sprachliche Gleichsetzung in Kauf genommen, sogar - hoffentlich ohne es zu wollen - provoziert.

Friedrich-Karl Bruhns, München

Eigentlich ist es doch als Zeichen gelebter Demokratie zu begrüßen, wenn sich viele Menschen die Mühe machen, ihre Ansichten und Meinungen den von ihnen gewählten Volksvertretern zu übermitteln, und nicht beschränkt sind, nur alle vier Jahre ein Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen. Aber Sie schreiben von einem "elektronischem Flashmob" und hauen gleich drauf mit "kruder Mischung von Gegnern der Corona-Maßnahmen, Verschwörungstheoretikern und gar "Verfassungsfeinden". Sie und die für unseren Staat Handelnden sollten und müssen anerkennen, dass wir Bürger nicht gleichgerichtet sind, sondern über verfassungsrechtliche Grundlagen, die Grundrechte verfügen, darunter die Meinungsfreiheit. Und die Meinungsfreiheit gilt für alle Menschen, natürlich mit dem Risiko, dass Irrmeinungen und Blödsinn in Wort und Schrift oder bei Demonstrationen verbreitet werden.

Ferdinand von Stumm, München

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Quelle:
SZ vom 21.11.2020
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